Relegation zur Bundesliga:Sieben Gründe, warum der Club kein Depp ist

"Der Glubb is' a Depp", sagt der Fußball-Volksmund. Dabei gibt es vor den Entscheidungsspielen gegen Frankfurt gute Gegenargumente.

Von Jonas Beckenkamp

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Der FCN ist Relegationsweltmeister

FC Augsburg v 1. FC Nuernberg - Bundesliga Play Off - Leg Two

Quelle: Bongarts/Getty Images

Vier Spiele, alle gewonnen, null Gegentore, Allmächd! So eine gute Bilanz hat kein anderer Relegations-Teilnehmer in Deutschland. Die Eintracht setzte sich zwar auch zweimal durch (1984 und 1989), trotzdem ist der "Club" inoffizieller K.-o.-Spiele-Weltmeister des Profifußballs. Als die Relegation zur Saison 2008/2009 nach 18 Jahren Pause wieder eingeführt wurde, zeigte der damalige Zweitligist gegen Energie Cottbus in zwei Spielen, wer den Aufstieg wirklich verdient hat.

Erst siegten die Franken 3:0 im Osten, dann hieß es in Nürnberg 2:0. Spieler wie Christian Eigler oder Isaac Boakye waren die Helden - und der Club war ausnahmsweise mal kein Depp. In der Bundesliga angekommen, landeten die Nürnberger aber prompt auf Platz 16 und mussten erneut in die Relegation. Gegen Zweitligist Augsburg traf im Hinspiel wieder der unglaubliche Eigler (1:0), in der zweiten Partie gelang dank der Tore von Choupo-Moting und Gündogan (sic!) ein 2:0. Da freuten sich auch Verteidiger Andi Wolf und Keeper Raphael Schäfer (Bild).

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Der FCN hat den entspanntesten Trainer

1. FC Nuernberg v FC St. Pauli -  2. Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Von René Weiler bekommen die Journalisten selten knallige Zitate für ihre Überschriften geliefert. Der 42-jährige Schweizer sagt gerne Dinge aus dem Standard-Repertoire für Fußballtrainer, aber genau so einer tut dem 1. FC Nürnberg derzeit gut - einem Verein, der oft mehr mit sich selbst beschäftigt ist als mit dem Fußballspielen.

Weiler ist ein besonnener Beobachter des Geschäfts. Er ist so ruhig, dass man sich manchmal fragt, ob er sich am Spieltag freigenommen hat. Er schreit nur, wenn es wirklich sein muss - und seine Entspanntheit hat sich auf die Mannschaft übertragen. Nürnberg ist DIE Umbieger-Mannschaft der 2. Liga. Rückstände nimmt sie mit einem Achselzucken hin - und schießt (wie gegen Union Berlin) dann einfach sechs Tore nach der Pause.

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Beim FCN gibt es Drei im Weckla

Nürnberger Bratwurst

Quelle: dpa

In Nürnberg servieren die Stadionbuden nicht einfach irgendeine Wurst. Es gibt Drei im Weckla, eine Art fränkisches Heiligtum vom Grill. Wer sich mit Nürnberger Rostbratwürsten stärkt, kann lauter plärren als anders ernährte Fans - man bekommt schließlich gleich drei Premiumprodukte in seine Semmel gestopft.

Die viel zu wenig beachtete Infoseite Stadionwurst.net ("Die Extra-Wurst für Fans") vergibt folgerichtig bei der Bewertung der Nürnberger Stadion-Kulinarik fast nur die Note 1. Einzig bei Preis und Temperatur gibt es leichte Abzüge, aber das ist zu verkraften, wenn am Ende das Urteil "super Wurst" steht. Und noch ein Vorteil: Die Essensbeschaffung ist nirgends mit so kurzen Wegen verbunden wie im Frankenstadion.

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Der FCN hat Raphael Schäfer

Raphael Schäfer

Quelle: dpa

Irgendwie können sie in Nürnberg nicht ohne diesen alten Mann im Tor. Und Raphael Schäfer kann nicht ohne den Club. 37 Jahre hat der gebürtige Pole mittlerweile im Kreuz - mehrfach war das Kapitel Nürnberg für ihn eigentlich schon beendet. Doch selbst ein Unglücksjahr in Stuttgart und mehrere Bank-Episoden haben seine Verbindung zum FCN nicht erschüttert. Dabei kann Schäfer den Kollegen ganz schön auf die Nerven gehen.

Im Abstiegsjahr 2014 war er als Schreihals und Stinkstiefel gebrandmarkt, er verlor seinen Stammplatz und alles lief aufs Karriereende hinaus. Doch er kam zurück, hielt die unmöglichsten Bälle und wurde unter Trainer Weiler wieder zur Nummer eins. Dass er zuletzt mehrere Wochen verletzt pausierte, tut seinem Status keinen Abbruch - in der Relegation braucht der Club Schäfers Erfahrung. Und Schäfer braucht noch einen Aufstieg, um seine Karriere irgendwann in Frieden zu beenden.

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Der FCN spielt bald wieder in Meistertrikots

03 12 2015 Fussball Saison 2015 2016 2 Fussball Bundesliga Vorstellung Neuer Ausrüster 1; 1. FC Nürnberg

Quelle: imago/Zink

Tradition ist beim Club mindestens so wichtig wie die Stadionwurst oder Siege gegen Fürth. Es ist ja schon ein Weilchen her, dass der FCN zuletzt Deutscher Meister wurde. 1968 holte der Verein den letzten Liga-Titel, damals spielten Helden wie Georg Volkert oder Franz Brungs im roten Leibchen der Firma Umbro. Über die Jahre entfernte man sich aber von diesem Ausstatter, Meister wurden immer die anderen und der Club kleidet sich heute in Adidas-Klamotten.

Aber jetzt steht eine Rückkehr zur Meistermode an: Im vergangenen Winter schloss die neue Vereinsführung um Finanzchef Michael Meeske wieder einen Deal mit den Briten von Umbro - fünf Millionen Euro spült diese Partnerschaft bis 2021 auf die klammen Nürnberger Konten. Für einen Zweitligisten ist das in Sachen Ausrüster eine Menge und im Fall des Aufstiegs dürfte sogar noch etwas dazukommen. Viel wichtiger ist aber: In den neuen Trikots kann es nicht mehr weit zur zehnten Meisterschaft sein.

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Der FCN hat alle Abgründe hinter sich

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Quelle: Timm Schamberger/DPA-SZ

"Hallo, hier ist Nürnberg, wir melden uns vom Abgrund" - dieser Satz lässt im Frankenland bis heute viele Menschen zusammenzucken. Ausgesprochen hat ihn der Radioreporter Günther Koch im Jahr 1999 in der Schlusskonferenz zum Abstiegskampf. Die Geschichte ist bekannt: Der FCN stieg auf unmögliche Weise ab, weil er selbst gegen Freiburg 1:2 verlor und Eintracht Frankfurt mit Fjörtoft & Co. 5:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern gewann - und so fünf Tore Differenz aufholte.

Wer so einen Wahnsinn erlebt hat, den schockt gar nichts mehr. Nürnberg kann leiden wie kaum eine andere Bundesliga-Stadt. Wer dem Club zugetan ist, braucht ein Maß an Leidensfähigkeit, das alles übersteigt. Abstiege, drohende Pleiten, Trainerentlassungen nach Siegen gegen den FC Bayern (sic!) - beim 1. FC Nürnberg geht es oft verrückt zu. Hier ist das Licht am Ende des Tunnels im Zweifel immer ein Zug. Das macht stark. Das härtet ab.

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Der FCN hat ein achteckiges Stadion

1. FC Nuernberg v Hannover 96  - Bundesliga

Quelle: Bongarts/Getty Images

Dass der Club in Wahrheit kein Depp ist, zeigt sich letztlich auch im Design des Stadions. Die seit 1963 bestehende Arena ist Deutschlands einziger achteckiger Stadionbau (den achteckigen Grundriss am Dutzendteich gibt es schon seit 1928). Diese Form verleiht dem Frankenstadion etwas Spielerisches, Einzigartiges und garantiert zudem einfachen Zugang in jede Ecke. Mittlerweile zählt die Arena längst nicht mehr zu den modernsten Bauten des deutschen Profifußballs, aber sie hat Charakter und sie verleiht dem FCN Kraft. Kein Wunder, dass der Club im Verlauf der aktuellen Zweitliga-Spielzeit nur ein Heimspiel verloren hat.

© SZ.de/jbe/ska
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