FCN in der Zweitliga-Relegation:Guter Zeitpunkt für die ersten Profitore

1. FC Nürnberg - FC Ingolstadt 04

Erzielte seine ersten beiden Profitore: Fabian Nürnberger (Mitte) wird von den Kollegen umringt.

(Foto: dpa)

Dank zwei Treffern des 20-jährigen Fabian Nürnberger gewinnt der 1. FC Nürnberg das Relegations-Hinspiel gegen Ingolstadt - und steht kurz vor der Rettung.

Von Sebastian Fischer, Nürnberg

Wenn es nach Michael Wiesinger ginge, dann sollte man die Veränderungen schon vorher erkennen, vor dem ersten von zwei Spielen, die in der jüngeren Vereinsgeschichte des neunmaligen deutschen Meisters 1. FC Nürnberg wohl die wichtigsten sind. "Das fängt schon beim Warmmachen an, dass wir uns gegenseitig emotional anzünden", hatte der Interimstrainer vor dem Hinspiel der Relegation zur zweiten Bundesliga gegen den FC Ingolstadt gesagt. Nürnbergs Fußballer liefen dann mit lautem Brüllen ins Stadion ein. Und als sie den Platz am Dienstagabend rund zwei Stunden später wieder verließen, hatten sie den Trainer zufriedengestellt. Nürnberg gewann 2:0 (2:0).

Dieses Relegationsspiel zwischen dem Drittliga-Vierten Ingolstadt und dem Zweitliga-Sechzehnten Nürnberg hatte schon vor dem Anpfiff als emotionales Duell begonnen. "Wir kennen ja diejenigen, die beim FCN jetzt übernommen haben. Vieles von dem, was sie von sich gegeben haben, entspricht nicht ihrem Naturell", hatte Tomas Oral gesagt, Ingolstadts Trainer, der dafür bekannt ist, dass er die Mannschaft des FSV Frankfurt vor ein paar Jahren mal zu Motivationszwecken durch die Waschstraße laufen ließ. Wiesinger, den Oral gemeint haben musste, entgegnete: "Er kennt mich doch gar nicht."

Der 47-Jährige, eigentlich Nachwuchsleiter, hatte eine Woche zuvor seine Arbeit mit der Mannschaft aufgenommen, nachdem Nürnberg am Ende einer enttäuschenden, nach dem Bundesliga-Abstieg ursprünglich mit Rückkehrambitionen begonnen Zweitligasaison auf den Relegationsplatz zurückgefallen war und in Jens Keller bereits den zweiten Trainer der Saison entlassen hatte. Genau wie sein Interimsassistent Marek Mintal ist Wiesinger ein ehemaliger, bei den Fans beliebter Profi. Und so war es in den vergangenen Tagen viel um vermeintlich Kitschiges gegangen, um Herzblut, Willensstärke und Aufopferung für den Verein, der zwar in seiner Historie schon zehnmal abgestiegen ist, aber erst einmal, 1996, bis in die dritte Liga. "Manchmal muss man im Leben eben versuchen, emotional zu sein", sagte Wiesinger nach dem Spiel.

Ingolstadt bleiben jetzt drei Tage Erholung

So wie die Nürnberger begannen, war es kaum zu übersehen, dass der Trainerwechsel etwas bewirkt hat. Nach zehn Minuten hatten die Gastgeber schon dreimal aufs Tor geschossen und dabei einmal die Latte getroffen. Als Ingolstadts Torwart Marco Knaller den Ball unter Druck ins Seitenaus klären musste, ballte Nürnbergs Stürmer Mikael Ishak beide Fäuste und schrie, als hätte er schon gewonnen.

Und in der 22. Minute führte Nürnberg mit 1:0, nachdem Fabian Nürnberger aus rund 20 Metern traf. Nürnberger, 20, übrigens in Hamburg geboren, traf kurz vor der Pause nach einem per Kopfball verlängerten Einwurf auch zum 2:0. "Das war ein guter Zeitpunkt, um meine ersten Tore als Profi zu machen", sagte er hinterher. In der zweiten Halbzeit traf er noch mal den Pfosten.

Nun war es nicht nur die Stärke des Clubs, die für den Sieg verantwortlich war, sondern auch Ingolstädter Müdigkeit. Erst drei Tage zuvor hatten die Gäste ja die Drittligasaison beendet. Angreifer Stefan Kutschke fehlte verletzt, Mitte der ersten Halbzeit musste in Maximilian Beister ein weiterer Schlüsselspieler angeschlagen ausgewechselt werden. Und so hatten die Ingolstädter Nürnberg zumindest in diesem Hinspiel zu wenig entgegenzusetzen. "Wir resignieren nicht, wir müssen uns nur schütteln", sagte Trainer Oral. Ingolstadt hatte nur kurz vor der Halbzeit durch Maximilian Thalhammer eine Torchance.

Nürnbergs Aufsichtsratschef ruft laut auf den Platz

Nürnberg machte dagegen fast zu wenig aus seiner Überlegenheit. Wiesinger und Mintal waren mit der Mannschaft in ein Kurztrainingslager nach Bad Gögging gefahren, dort seien die Trainer "in unsere Herzen gekommen", wie es Torhüter Christian Mathenia im ZDF-Interview nach dem Spiel ausdrückte. Die Woche war sehr von Emotionen geprägt, und das hat man heute gesehen." Auch die Aufstellung war in wohl entscheidenden Teilen eine andere als in den Vorwochen.

Etwa begannen die Angreifer Adam Zrelak und Ishak im 4-4-2. Beide hatten während der Saison nur jeweils ein Tor geschossen. Besonders Ishak, vor zwei Jahren noch ein entscheidender Spieler beim Nürnberger Bundesliga-Aufstieg, wirkte wie ausgewechselt im Vergleich zu den Vormonaten. In der Innenverteidigung spielte wieder der zuletzt angeschlagene, vom FC Arsenal geliehene Dinos Mavropanos. Und dann spielte Nürnberger, ansonsten defensiver Mittelfeldspieler, diesmal auf dem linken Flügel.

Bis zum Rückspiel am Samstag bleiben dem Drittligisten drei Tage Erholung, aber es dürfte wieder kompliziert werden gegen eine Mannschaft des 1. FC Nürnberg, die offenbar gerade noch rechtzeitig auf den drohenden Abstieg reagiert. Sie wurde dabei, wie das in den Geisterspielen der vergangenen Monate zur Gewohnheit geworden ist, von Nürnbergs Aufsichtsratschef Thomas Grethlein mit ähnlich lauten Rufen wie jenen auf dem Platz unterstützt.

Es war nicht nur Sport, sondern auch ein wenig Theater, wie Grethlein mit Zigarre im Mund auf der Tribüne saß und Ingolstadts Trainer zurief: "Unser Trainer ist authentisch, Herr Oral!" Den vermeintlich öffentlich ausgetragenen Streit, sagte Wiesinger allerdings hinterher, hätten sie schon vor dem Spiel geklärt. "Wir können uns am Samstag wieder beschimpfen, alles gut", sagte er. Und danach würden sie sich wieder die Hand reichen.

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