Relegation in Fürth:HSV - kurzzeitig bewusstlos

SpVgg Greuther Fuerth v Hamburger SV - Bundesliga Playoff Second Leg

Es hat gereicht: Der Hamburger SV bleibt in der Bundesliga.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Hamburger SV verhindert mit knapper Not den Abstieg. Ein Treffer von Lasogga im Relegations-Rückspiel reicht dem Bundesliga-Gründungsmitglied - doch das rettende 1:1 in Fürth zeigt auch, dass sich im Team von Trainer Slomka viel ändern muss.

Von Benedikt Warmbrunn, Fürth

Mirko Slomka sah das Spielfeld vor sich, den grünen Rasen, die weißen Linie, die Tore mit den weißen Netzen, alles tadellos, es war kein außergewöhnliches Spielfeld, an dem Slomka stand. Es war das Spielfeld der SpVgg Greuther Fürth. Slomka, der Trainer des Hamburger SV, stand am Rand der zweiten Liga.

1:1 (0:1) endete des Rückspiel der Relegation zur Bundesliga zwischen Fürth und Hamburg. Kein spektakuläres Ergebnis. Sondern eines, durch das der HSV nur am Rand zur zweiten Liga geblieben ist. Durch das der Verein den Abstieg aber noch einmal vermieden hat, gerade so. Und doch wurde es so eng wie nie zuvor für den Klub, der so viel Stolz daraus zieht, dass er als einziger bisher in allen 51 Bundesliga-Spielzeiten dabei war. Und dies nun auch bleibt. Und so hüpfte Slomka nach dem Abpfiff, in Fürth, am Rande zur zweiten Liga.

Und kurz danach sagte er: "Das war die knappste aller möglichen Entscheidungen." Der HSV-Trainer hatte seine Startelf im Vergleich zum 0:0 im Hinspiel auf drei Positionen verändert: Heiko Westermann kehrte in die Innenverteidigung zurück, Marcell Jansen spielte im linken Mittelfeld, Tolgay Arslan ordnete das Spiel auf der Position vor der Abwehr. Es war eine offensivere, mutigere Ausrichtung, es war die Ausrichtung einer Mannschaft, die an ihre Stärken glaubt. Die glaubt, dass sie Fußball spielen kann. Also spielte der Hamburger SV Fußball

Am Donnerstag, im eigenen Stadion, hatte der HSV noch einmal all das gezeigt, was zu dieser elenden Saison geführt hatte: leichte Fehler, Unkonzentriertheiten, Unsicherheiten, ein ziemliches Durcheinander. Am Sonntag, in den 90 Minuten, in denen der HSV der zweiten Liga so nahe war wie nie zuvor, stand da immer noch keine Mannschaft auf dem Rasen, die beeindruckte. Aber eine, die kämpfte.

Gerade in den ersten Minuten spielten die Hamburger dynamisch, aggressiv. Früh störten sie den Fürther Spielaufbau, drängten die Gastgeber weit in deren Spielfeldhälfte. Jansen links, Hakan Calhanoglu rechts flitzen die Linie entlang, öffneten Räume, boten sich als Anspielstation an. Fürth, das im Hinspiel noch so viel gerannt war, das so strukturiert nach vorne gespielt hatte, konnte nur reagieren, schloss Räume, versuchte, möglichst alle Gegenspieler zuzustellen.

In der 14. Spielminute dann die entscheidende Szene: Eckball von Rafael van der Vaart, Pierre-Michel Lasogga steht frei, er wuchtet den Ball mit dem Kopf ins Tor. Daraufhin rannte Lasogga los. Zur Ersatzbank. Und alle Mitspieler rannten hinter ihm her. Wie groß die Anspannung gewesen sein musste, das war nun zu sehen, in diesem Knäuel an erleichterten Männern. Durch diesen Treffer musste Fürth nun zwei Tore erzielen, so will es die Regel, die besagt, dass Auswärtstore besonders gewichtet werden. Der HSV zog sich daher ein bisschen zurück, wartete ab.

Nun waren es die Gastgeber, die angespannt waren. Und die keine Idee hatten, um diesen jetzt abgezockten HSV zu knacken. Die Partie verlor daher an Tempo. Fürth fand nicht mehr die Lücken in der HSV-Defensive, gerne stand auch einmal Westermann im Weg. Neben ihm spielte von der 29. Minute an Michael Mancienne in der Innenverteidigung, Johan Djourou musste ausgewechselt werden, nach einem Zusammenprall war er kurzzeitig bewusstlos.

Obszöne Gesten vor der Fürther Bank

Verunsichern ließ sich der HSV davon nicht. Erst kurz vor der Pause hatte Fürth seine beste Phase. Ilir Azemi verfehlte im Fallen das Tor knapp (40.), Tom Weilandt traf nach einem Dribbling den Ball nicht richtig (45.). Nach der Pause spielte Fürth härter, der Zweitligist wehrte sich. Schon die erste ansehnliche Aktion belohnte dieses Engagement: Stieber spitzelte den Ball zu Stephan Fürstner, der Mittelfeldspieler verwandelte cool gegen Drobny (59.). Nun trennte den HSV nur noch ein Gegentor von der zweiten Liga.

Die Partie wurde intensiv, die Zuschauer brüllten. Beide Teams spielten sich immer wieder gut an den Strafraum heran - und kurz vor Schluss scheiterte Azemi noch einmal knapp: Der Fürther Stürmer rutschte in aussichtsreicher Position im Strafraum aus. Danach brachen viele Dämme. Lasogga verlieh seinen "unglaublichen Emotionen" über den Klassenerhalt direkt vor der Fürther Bank mit obszönen Gesten Ausdruck - und wollte darin selbst nach einer Gedankenpause keine Provokation erkennen: "Wenn man 90 Minuten beleidigt wird von der Bank, dann ist es einfach Genugtuung, dann ist mir alles scheißegal."

Es gab nicht wenige Fürther, die den 22-Jährigen dafür gerne verprügelt hätten und dies auch versuchten. Trainer Frank Kramer äußerte sich umsichtiger: "Leider haben wir das Nachsehen, das muss man so akzeptieren im Sport." Wie Torhüter Wolfgang Hesl sahen es einige: "Wir waren in zwei Spielen die bessere Mannschaft, haben aber kein Glück gehabt." Torschütze Stephan Fürstner fand: "Wichtig ist, dass wir uns nichts vorwerfen können."

Die Hamburger vermittelten vor allem eines: Erleichterung. Sportdirektor Oliver Kreuzer hatte "eine schwere Geburt" miterlebt und war entsprechend "überglücklich": "Manche sagen, es war peinlich, dass wir mit 27 Punkten die Relegation spielen durften. Aber das ist mir egal." Heiko Westermann gab zu: "Noch so eine Saison ertrage ich nicht, sonst bin ich selbstmordgefährdet."

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