Relegation gegen Frankfurt:Beim Fußball spielen elf gegen elf und am Ende verliert der 1. FC Nürnberg

Relegation gegen Frankfurt: Das war's: Nürnberg bleibt in der zweiten Liga, die Spieler trauern auf dem Spielfeld.

Das war's: Nürnberg bleibt in der zweiten Liga, die Spieler trauern auf dem Spielfeld.

(Foto: AP)

Nach dem 0:1 gegen Frankfurt brechen in Franken die Herzen, die Nordkurve wird zur Klagemauer. Aber wer keine Torchancen hat, der kann nicht aufsteigen.

Von Jonas Beckenkamp, Nürnberg

Hat es in Franken jemals ein solches Tränenmeer gegeben? Heulende Männer, die zum Himmel schluchzen und ihr Schicksal verfluchen? Man müsste anerkannte Traurigkeitsforscher fragen, ob der Club, der bekanntlich ein Depp ist, seinen Fans schon einmal ein solches Drama beschert hat. Schmerzen gehören in Nürnberg beim Rekordabsteiger der Bundesliga (acht Mal) zwar dazu, aber warum muss es immer gleich so heftig sein?

Da flennte der Stürmer Niclas Füllkrug, als ginge die Welt zu Ende. Da trommelte der Abwehrhüne Davy Bulthuis auf den Rasen, da vergruben sich reihenweise Profis in ihren Hemden, als die Nordkurve zur Klagemauer wurde. Sie alle wussten: Beim Fußball spielen elf gegen elf und am Ende verliert der 1. FC Nürnberg. Diese Lehre bohrte sich in die Herzen derer, die es mit dem FCN hielten an diesem Relegationsabend gegen Frankfurt.

Wer in 180 Minuten nicht aufs Tor schießt, hat Sandhausen und Aue verdient

Das 0:1 (0:0) besiegelte nach dem 1:1 im Hinspiel den Zweitligaverbleib des Clubs - ein Verein, der so gerne auch Rekordaufsteiger (acht Mal) geworden wäre, sich aber nun mit banalsten Erkenntnissen begnügen muss. Vor allem mit dieser: Wer in 180 Minuten nicht ein einziges Mal selbst aufs Tor schießt, der hat halt eher Sandhausen und Aue verdient als Schmankerlspiele gegen Bayern. Der Erste, der dies anerkannte, war der Nürnberger Trainer René Weiler.

"Wir waren über zwei Spiele die schlechtere Mannschaft. Wir konnten keine Torchance herausspielen, da ist es schlussendlich schwer, aufzusteigen", sagte der Schweizer. Sein ehrliches und ebenso ernüchterndes Fazit beschrieb die Gemütslage vieler Nürnberger, die nach einer Zweitligasaison mit 68 Toren zum Saisonhöhepunkt plötzlich komplett erlahmten. In der ersten Partie gegen die Eintracht hatte ihnen noch ein Eigentor von Marco Russ den Abend versüßt, aber diesmal lief es "einfach nur scheiße", wie Verteidiger Georg Margreitter fand.

So gab es weitere Lehren: Nürnberg gelangte auf diesem Niveau an Grenzen, das wurde deutlich. Spielerisch steckt in diesem Team nicht ausreichend Qualität für die erste Liga. Frankfurt hatte zumindest im Mittelfeld genügend Pfiff und Sicherheit, mit einem letzten Quäntchen Fußball zu überleben. Ein Treffer des monatelang erfolglosen Angreifers Haris Seferovic (66. Minute) entschied letztlich dieses Fehlerfestival zweier Kontrahenten kurz vor dem K. o.

Ende einer komischen Saison

"Wir haben zu wenig gemacht, um hier ein Tor schießen", erklärte FCN-Kapitän Miso Brecko, dem auch eine Stunde nach Abpfiff noch vor Verbitterung die Stimme zitterte. Das Dilemma der Nürnberger bestand ja vor allem darin, dass sie trotz aller Unterlegenheit nah dran waren am Aufstieg. Und das, so Stürmer Guido Burgstaller, sei "schon eine riesige Enttäuschung". So haderten die Franken mit dem Ende einer komischen Saison, die sie mit einem vernichtenden 3:6 in Freiburg begonnen hatten.

Es war eine Saison, in der sie nicht immer glänzten, aber doch viel gewannen. So oft, dass sie plötzlich Dritter waren, zwischenzeitlich sogar ganz nah dran am zweiten Tabellenplatz. In der eine Mannschaft zusammenfand, die von ihrem Charakter lebte, von ihrem Enthusiasmus, vom Willen - und weniger von der Wonne fürs schöne Spiel. "Darmstadt und Ingolstadt spielen in der Bundesliga auch so und bei denen funktioniert es", meinte Margreitter. Das mag für erstgenannten Klub stimmen. Aber Ingolstadt? Hat schon mehr Finesse zu bieten als diese limitierten Nürnberger.

Bei ihnen kam erschwerend dazu, dass sie in beiden Partien gegen Frankfurt nie jene Form erreichten, mit der sie Mitte der Saison zum stabilsten Zweitligateam mutierten. Eine Elf, die beide Direkt-Aufsteiger aus Freiburg und Leipzig niederkämpfte. "Es tut sehr, sehr weh", sagte Hanno Behrens, der im Mittelfeld vergeblich um sich gewütet hatte. "Aber wir haben so viel geleistet dieses Jahr." Das mag stimmen, die Frage ist nur, was dem FCN davon bleibt? Vermutlich nicht viel, denn der verpasste Aufstieg dürfte dazu führen, dass der Verein wieder einmal sein Tafelsilber verscherbeln muss.

Etabliertes Personal wie die durchaus bundesligatauglichen Burgstaller oder Füllkrug stehen zum Verkauf, um ein wenig die Kassen zu füllen. Und auch der Rest des Kaders wird mit Sicherheit umgekrempelt. So muss Nürnberg sich auf einen mehrjährigen Aufenthalt in der 2. Liga einrichten, denn für einen erneuten Angriff nach oben fehlen die Mittel. Immerhin auf eines können sie sich verlassen: Den Rückhalt der Fans, die ihr Team mit der unvermeidlichen Hymne "You'll never walk alone" zum Abschied beweinten. "Das muss man erlebt haben. Unbeschreiblich. Totale Gänsehaut", sagte Margreitter über das Tränenmeer in der Kurve. Er will, wie auch Behrens, in Nürnberg bleiben. Das ist doch ein Anfang.

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