Süddeutsche Zeitung

Rekordtransfer von Real Madrid:"Kein Spieler ist 94 Millionen Euro wert"

Manchester United akzeptiert eine Offerte für Cristiano Ronaldo von 94 Millionen Euro. Real Madrid sprengt den Markt und sorgt für Besorgnis bei Uefa-Präsident Michel Platini.

Es gibt Menschen, die behaupten, Alex Ferguson spreche gar keine Sprache, er gebe lediglich Laute von sich. Das liegt daran, dass Ferguson, der Trainer von Manchester United, den Akzent der Stadt Glasgow spricht. Dieser wunderbare Akzent ist von kratziger Schönheit und bisweilen aufs Schönste unverständlich. Man sich also vorstellen, wie herrlich es klang, als Ferguson über den Wunsch Real Madrids, Cristiano Ronaldo zu kaufen, sagte: "Diesem Mob würde ich nicht einmal ein Virus verkaufen."

Das war im Dezember vergangenen Jahres; die Königlichen waren gekränkt, aber sie wussten, dass Ferguson ihnen vielleicht kein Virus verkaufen würde, wohl aber Ronaldo. Am Donnerstag hat United bekanntgegeben, dass Real offiziell mit Ronaldo verhandeln dürfe. Die Ablöse beträgt 80 Millionen Pfund, rund 94 Millionen Euro. Es wäre der bisher teuerste Transfer der Fußball-Geschichte.

Der Deal ist so gut wie perfekt, es steht lediglich die Einigung zwischen Real und Ronaldo aus - eine reine Formsache. Ronaldo soll in Madrid rund neun Millionen Euro im Jahr verdienen, ebenso viel wie der unlängst verpflichtete Brasilianer Kakà, der für 65 Millionen Euro vom AC Mailand losgeeist wurde. Rechnet man die marktüblichen Berater-Provisionen von zehn Prozent hinzu, werden sich die bisherigen Investitionen auf fast 175Millionen Euro belaufen - für zwei Spieler. Und ein dritter Transfer steht bereits ins Haus.

Wie der Spanien-Repräsentant des FC Chelsea in einem Radio-Interview erklärte, ist der englische Erstligist mit einer Offerte für den spanischen Nationalstürmer David Villa vom FC Valencia gescheitert. Valencia habe erklärt, dass man "in sehr fortgeschrittenen Verhandlungen" mit Real Madrid stehe. Dem Vernehmen nach soll Chelsea 48 Millionen Euro für den EM-Torschützenkönig geboten haben.

Dass der Baumilliardär Florentino Pérez den Markt sprengt, sorgt in Spanien für Unruhe. Vertreter des Ligarivalen FCBarcelona zeigten sich über die Liquidität Real Madrids verblüfft. "Irgendjemand gibt Pérez das Geld, und er täte gut daran zu erklären, wo er es her hat", sagte Xavier Sala i Martín, der im Barcelona-Vorstand als Wirtschaftsfachmann agiert: "Ich weiß nicht, wo die das ganze Geld hernehmen. Pérez sagt, er wolle es über den Verkauf von Trikots wieder hereinholen. Dazu müsste man 30 Millionen Trikots verkaufen - das ist unmöglich."

Jaume Ferrer, Vizepräsident und Marketingexperte des Champions-League-Siegers, sagte: "Kein Spieler der Welt ist 94 Millionen Euro wert. Das liegt völlig außerhalb des Marktes." Barcelona wolle sich an der Preistreiberei des Rekordmeisters nicht beteiligen. Allerdings befürchtet Ferrer dramatische Auswirkungen auf den Spielermarkt. "Wenn so hohe Summen gezahlt werden, rollt das Geld in den Fußballkreislauf, und auch andere Vereine sind dann imstande, hohe Summen zu zahlen. Das könnte zu einer Inflation der Preise für Fußballer führen", sagte er.

Besorgnis bei Michel Platini

Einer der Hintergründe der Klagen Barcelonas ist das verbürgte Interesse an Franck Ribéry vom FC Bayern. Vor wenigen Tagen hatte Real Madrid den Münchnern 50 Millionen Euro für den französischen Nationalspieler geboten - ein Betrag der über der Schmerzgrenze Barcelonas liegt. Die Bayern lehnten ab. Am Mittwoch sagte Pérez, dass Real das Werben um Ribéry einstellen wolle - vorerst jedenfalls.

Der französische Präsident der europäischen Fußball-Union Uefa, Michel Platini, zeigte sich angesichts der hohen Transferausgaben Real Madrids besorgt. "Jeden Tag passieren neue, exzessive Transfers. Und diese Transfers sind eine ernsthafte Bedrohung für das Fair-Play und das Konzept der Chancengleichheit in den europäischen Klubwettbewerben", sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

Geht der Deal mit Ronaldo über die Bühne, hat Real die vier bisher teuersten Transfers der Fußball-Historie getätigt - jeweils initiiert von Florentino Pérez. Der bisherige Rekord lag bei 71,6 Millionen Euro - so viel zahlte Real 2001 für den Franzosen Zinédine Zidane. Ein Jahr zuvor hatte der Klub 61,4 Millionen Euro für den Portugiesen Luís Figo gezahlt. Möglich ist immer noch, dass Franck Ribéry in diese Liste eingereiht wird.

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SZ vom 12.6.2009/jüsc
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