Rekord-Transfer von Gareth Bale:Finanzierung unbekannt

Rekord-Transfer von Gareth Bale: Tottenhams Gareth Bale (re.): Schon bald in Madrid

Tottenhams Gareth Bale (re.): Schon bald in Madrid

(Foto: Ian Kington/AFP)

Der 99-Millionen-Euro-Wechsel von Gareth Bale zu Real Madrid gilt als beschlossene Sache. Der Luxus-Transfer befeuert in Brüssel die Befürchtungen, dass die europäischen Steuerzahler für übertriebene Zahlungen von Fußballklubs geradestehen müssen.

Von Javier Cáceres, Brüssel

Eigentlich gilt Brüssel als milliardengestört. Kein Wunder: Hier wird ein Rettungspaket geschnürt, dort ein Bankensektor oder gleich ein ganzes Land herausgeboxt, wo dann schon mal zehn- oder elfstellige Zahlen fällig werden. Doch auch bei kleineren Summen wird der eine oder andere politische Akteur noch hellhörig. "99 Millionen Euro?", fragt der CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber zurück, lässt den Betrag ein bisschen auf sich wirken und kommt dann doch nur zu einem lautmalerischen Schluss: "Puoh!"

99 Millionen - das ist gewissermaßen das Preisschildchen, das den muskelgestählten Körper von Gareth Bale verziert. Seit ein paar Tagen gilt der Transfer des walisischen Nationalspielers von Tottenham Hotspur zu Real Madrid als gewiss. Mittlerweile gibt es auch handfestere Indizien für den Wechsel als das handelsübliche Geraune in spanischen Sport- und britischen Boulevardgazetten. Am Freitag wurde im Madrider Bernabéu-Stadion eine Bühne für die offizielle Vorstellung des Zugangs bereitet, am Dienstag soll sie erfolgen; zuvor müssen noch die Verträge besiegelt werden, darunter der Sechsjahreskontrakt, den Bale ausgehandelt hat.

Der Spieler selbst wiederum weilt seit Samstag in Marbella, ordentlich eingeschrieben in einem Fünf-Sterne-Hotel, wie der Tourismus-Stadtrat von Marbella der Agentur Efe bestätigte. Für Tottenhams Partie gegen Swansea am Sonntagabend wurde Bale von Trainer André Vilas-Boas freigestellt; wie es in Spanien heißt, hat Real Madrids Präsident Florentino Pérez seinen neuen Galáctico schon besucht.

In jedem Fall konnte Bale am Pool schon mal verfolgen, wie sein Marktwert die Gemüter erhitzt. Zum Beispiel das von Barcelonas neuem Trainer Gerardo Martino. Er sei "ein großartiger Spieler", sagte Martino: "Doch die Zahlen, die kursieren, erscheinen mir, allgemein gesprochen, der ganzen Welt gegenüber als eine Respektlosigkeit." Das trifft sich, womit wir wieder in Brüssel wären, ziemlich genau mit den Einschätzungen des Europa-Abgeordneten Sven Giegold (Grüne): "Dass die Summen einfach nur noch krank sind, darüber brauchen wir nicht zu reden."

Vergehen gegen Wettbewerbsrecht

Im Europaparlament ist man aber nicht nur ob des Deals an sich erstaunt. Sondern auch an weiteren Details interessiert. Denn nach allem, was man bisher von der Operation Bale weiß, wird Real Madrid die 99 Millionen Euro Ablöse mehr oder weniger in bar überweisen müssen - und dafür wohl oder übel einen Kredit in Anspruch nehmen. Schon der bisherige Rekordtransfer (2009 holte Real Madrid Stürmer Cristiano Ronaldo für 96 Millionen Euro von Manchester United) wurde kreditfinanziert. Federführend war damals die Madrider Sparkasse Cajamadrid. Diese ging später in jenem Geldhaus Bankia auf, das traurige Berühmtheit erlangte, weil es mit einer zweistelligen Milliardensumme vor dem Untergang bewahrt werden musste.

Wie nun der Bale-Transfer (und die geschätzt 160 Millionen Euro brutto an Gehaltszahlungen) finanziert werden, ist unbekannt. Rein theoretisch wäre eine Beteiligung Bankias denkbar, denn Auflagen, die eine Kreditvergabe an Sportunternehmen ausschließen, gibt es natürlich nicht. Während die EU-Kommission sich auf Anfrage nicht äußern wollte ("nicht unsere Angelegenheit"), sagte CSU-Mann Ferber zur SZ, er könne nur hoffen, dass die Bankenaufsicht "bei den Sicherheiten ganz genau hinschaut".

Denn: Solche Summen seien auch für Real Madrid nicht einfach zu erwirtschaften, erst recht nicht, wenn Sehnen reißen oder Elfmeter an der Latte landen - und sich Real Madrid noch vor dem Finale aus der Champions League verabschieden sollte. Ferber: "Was ganz und gar nicht angeht und in jedem Fall verhindert werden muss, ist, dass am Ende Europas Steuerzahler für überzogene Transferzahlungen von Real Madrid geradestehen."

Der Grünen-Abgeordnete Giegold wiederum unterstreicht, dass der anstehende Bale-Transfer den Blick auf eine andere Begebenheit lenkt: dass seit geraumer Zeit gegen Real Madrid und andere spanische Klubs wegen möglicher Vergehen gegen europäisches Wettbewerbsrecht ermittelt wird, aber bislang nichts passiert ist. Anhängig sind Untersuchungen zur Frage, ob spanische Vereine unzulässig subventioniert werden, weil ihnen Steuern und Sozialabgaben im oberen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich gestundet worden sind.

Zuletzt hat sogar der europäische Ombudsmann den EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia aufgefordert, eine schon vor vier Jahren eingeleitete Untersuchung abzuschließen. Dabei geht es um die Frage, ob Real Madrids Status als Verein dem spanischen Rekordmeister finanzielle Vorteile verschafft, den andere Klubs in Spanien nicht haben. Außer Real Madrid, FC Barcelona, Athletic Bilbao und CA Osasuna sind alle Vereine in Spanien als so genannte Sport-Aktiengesellschaften organisiert.

Giegold findet, dass Almunia - ein Spanier - die Fälle abgeben sollte, wenn ihn das Gefühl der Befangenheit übermanne; immerhin ist mit Athletic Bilbao Almunias Lieblingsklub betroffen. Mögliche Darlehen an Real Madrid quittiert Giegold mit Galgenhumor: Ein Klub wie Real sei "insofern ein guter Schuldner, als er im Zweifelsfall vom Staat gerettet werden würde".

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