Im November hatte Martin Richenhagen die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) noch als Sanierungsfall bezeichnet, jetzt zog er nach den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit eine Bilanz, die auf zügige Genesung hoffen lässt. Wenn es denn so kommt, wie es sich der neue Präsident vorstellt.
Zunächst galt es, die Finanzen in Ordnung zu bringen. Betrug das Minus des Verbandes im Jahr 2022/23 noch knapp eine Million Euro, wurden im Folgejahr schon 140 000 Euro Gewinn verbucht; in diesem Jahr soll es nun mehr als doppelt so viel werden, 300 000 Euro. In fünf Jahren will Richenhagen 500 000 Euro jährlich und auf Dauer eine Rücklage von drei Millionen Euro für schlechte Zeiten erwirtschaften. Eine Lehre aus der Corona-Pandemie, von deren Folgen sich der Pferdesport bis heute nicht vollständig erholt hat. Das sei nötig, „um in ein ruhiges Fahrwasser zu kommen. Das wird ein paar Jahre dauern, aber es ist notwendig. Man weiß nie, wann die nächste Krise kommt“, sagte Richenhagen am Montag am Verbandssitz in Warendorf. Der 72-Jährige, der die FN seit vergangenem Herbst führt, brachte langjährige Erfahrungen als CEO eines US-Landmaschinenunternehmens in sein neues Amt mit.

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Erreichen will er seine Ziele durch eine Verschlankung des Verwaltungsapparates, statt vier soll es nur noch zwei hauptamtliche Vorsitzende geben. Einer von ihnen wird der bisherige Sportchef Dennis Peiler sein, als Nachfolger des Ende 2024 ausgeschiedenen Soenke Lauterbach, dessen Titel „Generalsekretär“ durch „Vorsitzender“ ersetzt wird. Klingt moderner, findet Richenhagen. Ihm zur Seite steht die Finanzexpertin Vanessa Richwien als Vorständin. Die Ressorts sollen von sieben auf vier eingeschmolzen werden, auch das spart Personal.
Homeoffice ist in der Verbandszentrale jetzt wieder auf einen Tag pro Woche begrenzt
Von betriebsbedingten Kündigungen hat Richenhagen bisher abgesehen, zehn Mitarbeiter haben die FN verlassen, meist aus Altersgründen, dieses Jahr sollen noch einmal so viele Stellen eingespart werden. Überdies wurde ein neues EDV-System und ein monatliches Berichtswesen eingeführt, Homeoffice auf einen Tag pro Woche begrenzt. Der tiefgreifendste Strukturwandel wird die Zusammenlegung der FN mit dem Deutschen Olympiade Komitee für Reiterei (DOKR) werden, das sich ausschließlich mit dem Spitzensport befasst. Es wurde 1913 gegründet und ist damit älter als die FN. Zurzeit werden die rechtlichen Details für die Fusion geprüft. Heute sind 120 Vollzeit-Mitarbeiter für die FN tätig, für das DOKR sind es 40.
Während der deutsche Spitzensport nach wie vor gut aufgestellt ist, wie nicht zuletzt die Erfolge der Reiter in Paris 2024 zeigen (viermal Gold, einmal Silber), ist die Basis in den Vereinen und Klubs für die Zukunft des Sports entscheidend. Sie ist in Nöten, unter anderem durch die drastische Erhöhung der Tierarztkosten. Viele Reiter können sich ihr Pferd nicht mehr leisten, und viele Reitschulen halten keine Schulpferde mehr, auf denen Anfänger ihre ersten Erfahrungen machen können. Wenn man nicht gerade aus einem sehr wohlhabenden Elternhaus kommt, ist es dann schwer, eine Karriere auf dem Pferderücken zu beginnen. „Auch ich habe meine ersten Reitstunden natürlich auf einem Schulpferd absolviert“, sagte die achtmalige Dressur-Olympiasiegerin Isabell Werth.
Mit der Aktion „100 Schulpferde plus“ will die FN gemeinsam mit den Veranstaltern der Weltmeisterschaften 2026 in Aachen das Problem angehen. Reitschulen können sich um Förderung bewerben. Das erste gesponserte Schulpony namens Calio ist bereits im Reitverein Butzbach eingezogen.

