Reitsport:Davongaloppiert

Melbourne Cup Day

Nicht mehr aufzuhalten: Michelle Payne (rechts) reitet Prince of Penzance zum Sieg in Melbourne.

(Foto: Robert Cianflone/Getty Images)

Sieg gegen den Chauvinismus: Michelle Payne gewinnt in Melbourne ein traditionsreiches Rennen.

Als erstes dankte Michelle Payne ihrem Pferd, Prince of Penzance, "er ist einfach großartig". Dann dankte sie ihrem Trainer, Bruder, Vater. Es folgten ein paar Worte in Richtung ihrer männlichen Kollegen, nur bedingt freundlich: "Es ist so ein chauvinistischer Sport", sagte Michelle Payne, 30, aus Australien und wusste genau, wem sie diesen Sieg zu verdanken hatte, wer an sie geglaubt hatte. Und wer eher nicht.

Payne hat den Melbourne Cup gewonnen. Sie ist der erste weibliche Jockey, der das mit vier Millionen Euro dotierte Rennen über die 3200-Meter-Distanz für sich entschied. In Australien ist der Wettbewerb bekannt als "Rennen, das die Nation zum Stillstand bringt", seit 1861 tragen sie es aus, seit 1877 begründet es in Melbourne sogar einen Feiertag. Prince of Penzance galt als 100:1-Außenseiter, 14 Monate war der sechs Jahre alte Wallach zuletzt verletzt, beim Melbourne Cup gab er sein Comeback.

Michelle Payne war sechs Monate alt, als ihre Mutter bei einem Autounfall starb. Der Vater erzog sie und ihre neun Geschwister alleine, darunter Steven, den Zweitjüngsten, der am Down-Syndrom erkrankt ist. Payne nutzte ihren Erfolg, für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Alltag zu werben; Steven arbeitet mittlerweile als Pferdepfleger bei Paynes Trainer.

Den Rest des Sieger-Interviews widmete sie den Bedingungen ihrer Branche. "Wer noch immer denkt, dass Frauen in diesem Sport nicht gut genug sind. . .", begann Payne ihre Tirade. Dann fügte sie an: "Es geht hier nicht nur um Kraft, auch um Rhythmusgefühl und Einfühlvermögen. Ich hoffe, dass weibliche Jockeys durch meinen Sieg mehr Startmöglichkeiten erhalten."

Die Paynes sind eine reitverrückte Familie, acht Kinder sind oder waren Jockeys, ein Journalist hatte die Geschichte bereits vor 20 Jahren in ein Buch gefasst. Vater Paddy ahnte damals, dass das Werk etwas zu früh erschienen war. Auf der letzten Seite sagt er: "Die Kleinste wird die meisten ihrer Geschwister noch übertreffen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: