Reiten:Einen ordentlichen Happen Möhren

CHIO Aachen

Bilden wahrscheinlich auch das Team für die WM im September: Marcus Ehning, Simone Blum, Laura Klaphake und Maurice Tebbel (von links).

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Das junge deutsche Springreiter-Team sollte eigentlich Erfahrung sammeln - und verblüfft mit dem Sieg.

Von Gabriele Pochhammer, Aachen

Laura Klaphake lacht übers ganze Gesicht. Ein Foto zeigt die 24-Jährige über einem Oxer aus gelben Stangen, der breit ist wie eine Garage. Die zehnjährige Oldenburger Stute Catch me if you can fliegt aber locker darüber wie auch über alle anderen Hindernisse der beiden Nationenpreisumläufe in Aachen. Wenn sie könnte, würde sie vermutlich auch lachen über diese für sie kinderleichte Aufgabe.

Mit zwei fehlerlosen Runden war Klaphake die beste Reiterin des siegreichen deutschen Teams, das gelang außer ihr nur dem Schweizer Olympiasieger von 2012, Steve Guerdat auf Hannah, und dem Weltcupzweiten aus den USA, Devin Ryan (Eddie Blue). Insgesamt vier Strafpunkte aus zwei Umläufen hatten Simone Blum auf Alice (4/0), Klaphake (0/0), Maurice Tebbel (Chacco's Son; 0/4) und Marcus Ehning (Pret a Tout; 4/0). Dabei hatte es nach dem ersten Umlauf mit Platz vier noch nicht allzu rosig ausgesehen, aber im zweiten Durchgang, in dem einige Hindernisse deutlich erhöht und verbreitert waren, eroberten sich die Deutschen den Sieg, den dritten in Folge.

Wieder und wieder tätschelte Laura Klaphake nach dem Ritt den Hals ihres Pferdes. Catch me if you can durfte sich alles wünschen, Möhren, Äpfel und einen ordentlichen Happen Gras, den sie sich dann bei der Siegerehrung selbst holte. Aachen ist einer der wenigen großen Plätze, auf dem der Rasen noch nicht durch wetterfesten Sand ersetzt wurde. Wie vor jedem Ritt gab es erst mal einen dicken Kuss auf den Hals. "Das mache ich immer vorher", sagt Klaphake, "das bringt Glück, das kann ich nur empfehlen."

Die elfjährige Fuchsstute Alice von Simone Blum hat andere Vorlieben: Sie lässt sich für gelungene Runden mit Mangos verwöhnen. Gestern dürfte eine ganze Schubkarre fällig geworden sein, denn auch Alice gab ihr Bestes. Wie Klaphake war es auch für Simone Blum die Premiere im Aachener Nationenpreis und sie musste auch noch als erste Deutsche ins Stadion, das mit 40 000 Menschen ausverkauft war. Zwar ist Alice schon international herumgekommen, aber so eine brodelnde Kulisse hatte sie noch nie erlebt. Hinzu kam eine Verletzung zu Jahresbeginn, die sie zu einer Trainingspause zwang. "Sie ist noch ziemlich wild", sagte Blum. Aber wie Catch me if you can, so meisterte auch sie die Kurse spielend, lediglich im ersten Umlauf fiel eine Planke am Steilsprung. "Da kam ich etwas kurz um die Kurve und Alice hat den Sprung zu spät gesehen", sagte Simone Blum. Beide Reiterinnen dürften damit für die Weltmeisterschaft in Tryon (USA) im September qualifiziert sein. Ein WM-Team ohne Klaphake und Blum kann sich Bundestrainer Otto Becker kaum vorstellen, vorausgesetzt ihre Pferde bleiben gesund. Beide sind das, wovon Springreiter träumen: Sensibel und zuverlässig zugleich, ehrgeizig, aber doch noch handlich genug.

Die Pferde von Klaphake und Blum sind teuer - werden aber wohl nicht verkauft

Sie können aus jeder Lebenslage springen, ob sie langsam oder schnell geritten werden. Beide könnten für einen achtstelligen Betrag verkauft werden. "Alice ist unverkäuflich," versichert Simone Blum immer wieder, Catch me if you can zumindest noch in diesem Jahr. Das hat Besitzer Paul Schockemöhle versprochen. Neben den brillanten jungen Frauen ging fast unter, dass sich auch die beiden Reiter hervorragend schlugen. Maurice Tebbel, 24, blieb mit dem elfjährigen Chacco's Son in der ersten Runde fehlerfrei, bekam in der zweiten einen groben Fehler, als er das Pferd zu dicht an einen Oxer ritt. Dem erfahrenen Marcus Ehning, dem im ersten Umlauf ein Flüchtigkeitsfehler unterlief, gelang als letztem Starter die entscheidende Nullrunde. Ob das Aachen-Team schon das für Tryon ist, mochte Bundestrainer Otto Becker noch nicht garantieren. Die Chance, einen der Helden der Soers aus der Mannschaft zu verdrängen, hätte allenfalls noch Philipp Weishaupt, der seinen Convall für den Großen Preis am Sonntag schonte. Endgültig benannt werden muss das Team erst am 10. September. Eins steht fest: Es wird ein neues Gesicht haben. Junge Frauen, die ihre Pferde küssen und mit Mango füttern - das hat doch was.

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