Reise nach Katar:Botschafter ohne Botschaft

***BESTPIX*** FC Bayern Muenchen - Doha Training Camp Day 1

Verschleierte Zuschauer: Fünf Frauen in Doha beobachten eine Trainingseinheit des FC Bayern München beim Besuch des Klubs im Jahr 2012.

(Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Gutes Wetter, schöne Plätze: Der FC Bayern reist 2016 erneut zum Trainingslager ins Emirat - in seiner Begründung übergeht der Verein die Berichte über Menschenrechtsverletzungen.

Von Benedikt Warmbrunn

22 Grad warm soll es am Samstag in Doha werden, am Morgen mit Wolken, am Nachmittag sonnig, bei einer Luftfeuchtigkeit von 65 Prozent und einem leichten Wind aus Südsüdost, mit einer Geschwindigkeit von zehn bis 15 km/h. Das Wetter in Doha wird am Samstag also wahrscheinlich super und perfekt, vielleicht wird es sogar unglaublich hervorragend.

Das Wetter also. Das Wetter muss nun antreten gegen: Transparenz, Moral, Menschenrechte.

An diesem Freitag reist der FC Bayern für knapp eine Woche ins Trainingslager nach Doha, der Hauptstadt von Katar. Bereits seit Dienstag trainiert dort der FC Schalke 04, es sind zwei Reisen, die viele Fragen aufwerfen. Vor allem geht es um die Frage, ob ein Fußballverein wirklich nur ein Fußballverein sein kann.

Spätestens seit die WM 2022 an Katar vergeben wurde, steht das Emirat unter verschärfter Beobachtung. Menschenrechts-Organisationen kritisieren, dass Gastarbeiter beim Bau der Fußballstadien ausgebeutet werden. Sie weisen darauf hin, dass Homosexuelle in Katar mit Strafen rechnen müssen. Und immer wieder fordern Politiker, aber auch Funktionäre aus der Sportwelt, dass aufgedeckt werden soll, wie die Mitglieder des Exekutivausschusses des Fußball-Weltverbandes Fifa bei der Vergabe abgestimmt haben. Erst vor wenigen Wochen hatte ein Funktionär gefordert, dass "Ross und Reiter" genannt werden sollten, "diese ganzen Verdächtigungen, immer hin und her, das ist doch Quatsch". Karl Hopfner hat das gesagt, der Präsident des FC Bayern.

In diesem sportpolitisch aufgeladenen Kontext bedarf es also einiger sehr guter Argumente, um ein Trainingslager in dem gerne leicht romantisch als Wüstenstaat bezeichneten Katar abzuhalten.

"Bayern München ist nicht verantwortlich für Katar", sagt Vorstandschef Rummenigge

Horst Heldt, der Manager von Schalke 04, sagt dazu: "Das Wetter ist super, die Plätze auch; wir können hier einfach gut arbeiten. Das ist das Wichtigste."

Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsboss des FC Bayern, sagt: "Die Plätze sind wunderbar, das Klima ist perfekt."

Matthias Sammer, der Sportvorstand des FC Bayern, lobt "unglaublich hervorragende Bedingungen".

Der FC Bayern rühmt sich gerne dafür, der größte Fußballverein der Welt zu sein, mit mehr als 250 000 Mitgliedern. Es ist eine Rolle, die zu Stolz berechtigt. In der Branche gibt es aber auch die Diskussion, ob diese Rolle nicht auch Pflichten mit sich bringt, die über die eigene Kader- und Terminplanung hinausgehen. Etwa die Pflicht, als Botschafter Haltung einzunehmen in einem der gegenwärtig größten sportpolitischen Streitpunkte. Gerade von einem Klub wie dem FC Bayern hatten sich die Kämpfer für Menschenrechte und Transparenz erhofft, dass er auch eine gesellschaftliche Botschaft sendet. Doch diese Hoffnung erfüllt der FC Bayern nicht. Ende Dezember hatte Rummenigge im ZDF-Sportstudio gesagt: "Bayern München ist nicht verantwortlich für Katar. Natürlich lesen wir auch, dass dort gewisse Dinge passieren, die uns in Deutschland allen nicht gefallen. Aber ich glaube, das ist eine Aufgabe der Politik und nicht die des Sports beziehungsweise des Fußballs."

Für viele Kritiker wäre es ein Anfang gewesen, alle Gründe für ein Trainingslager in Katar zu nennen, nicht nur das Wetter und die Trainingsplätze. Ein Grund zum Beispiel ist es, dass die Tage in Doha viel Geld wert sind. Schalke hatte einen Vier-Jahres-Vertrag abgeschlossen, der Verein war verpflichtet zu den Trainingslagern. Mit diesem Besuch endet der Vertrag, Schalke wird ihn wohl nicht verlängern.

Der FC Bayern, der Ende November auf der Jahreshauptversammlung ein Eigenkapital in Höhe von 405 Millionen Euro verkündet hatte, lässt sich sein Trainingslager sponsern, er reist daher ins "Volkswagen Camp Qatar" - der Automobilhersteller wirbt als offizieller Kooperationspartner auch mit Schalke. Dieser Deal geht so weit, dass ein FC-Bayern-Sprecher im Dezember angekündigt hatte, dass das Team "auf Wunsch unseres Partners" zu zwei Testspielen antreten werde, am Dienstag in Doha gegen die Katar Stars und am Rückreisetag bei einem Zwischenstopp in Saudi-Arabien gegen Al-Hilal aus Riad.

Dass auch das Geld eine Rolle bei der Trainingslagerwahl gespielt haben könnte, sagt kein Funktionär. Auch nicht, dass es durchaus andere Optionen gegeben hätte. Der FC Bayern etwa soll bis in den Dezember ein Hotel in Dubai geblockt haben; dort wohnt nun der Hamburger SV während seines Trainingslagers. Die sportliche Führung habe sich "extrem dafür ausgesprochen", nach Katar zu reisen, sagte Rummenigge - zur sportlichen Führung zählt neben Sammer vor allem Pep Guardiola, der Trainer, der zum Ende seiner Karriere als Spieler zwei Jahre lang für Al-Ahli in Katar spielte. Der Trainer, der als Imagebotschafter weiter für das Emirat wirbt.

Ein letztes Argument hat Rummenigge Ende Dezember noch genannt: "Wir sind auch ein bisschen abergläubisch", nach den letzten Reisen nach Katar habe der Verein große Titel gewonnen, "das ist für uns auch ein wichtiger Faktor".

Gegen den Aberglauben hat in einer Argumentation sogar das Wetter wieder gute Chancen.

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