Regionalliga-Serie:Trotziger Kämpfer

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Saison-Höhepunkt: In dieser Spielzeit durften Timo Wenzel (li.) und Schweinfurt 05 Domenico Tedesco und Schalke 04 treffen. (Foto: RHR-Foto/Imago)

Timo Wenzel ist als Schweinfurter Trainer zäh - doch nun stößt er an Grenzen.

Von Sebastian Leisgang

Natürlich hat Timo Wenzel dieses Gegentor nicht gefallen. Schon zu seiner Zeit als Verteidiger in der Bundesliga waren Gegentore sein natürlicher Feind, und jetzt ist er ein ehrgeiziger Trainer; da kann er nichts, aber auch gar nichts daran gutheißen, dass sich seine Spieler so übertölpeln lassen, nicht mal, dass sie vielleicht daraus lernen und es in Zukunft besser machen. Und doch war es etwas anderes, was Wenzel in diesem Augenblick noch viel mehr missfallen hat als das Gegentor selbst.

Obwohl seitdem schon ein paar Tage vergangen sind, redet sich Wenzel, 41, noch immer in Rage, wenn er an dieses Tor des SV Heimstetten denkt. Er war schon als Spieler ein Kämpfer. Er hat für Vereine wie den 1. FC Kaiserslautern gespielt, bei dem die Leute für eine ordentliche Grätsche mehr übrig haben als für einen Doppelpass. Inzwischen hat sein Oberlippenflaum Zuwachs bekommen. Wenzel führt jetzt einen Bart aus, der dieser Bezeichnung auch gerecht wird, er ist sogar graumeliert, Wenzel ist aber noch immer dieser Kämpfer vergangener Tage.

Und nun musste er also mitansehen, wie seine Spieler erst mal die Köpfe senkten nach diesem Heimstettener Treffer. "Und niemand hat den Ball aus dem Tor geholt", klagt Wenzel. Man muss sich ein 'Das stelle man sich mal vor' dazudenken, so empört ist er. Was Wenzel nicht sagt, aber sehr wohl meint: Er, der Trainer des FC Schweinfurt, der in diesem Moment nur hilflos draußen an der Seitenlinie stehen konnte, er, so viel steht fest, hätte den Ball ganz bestimmt aus dem Tor geholt. Und das ist es auch, was ihm dieser Tage am nächsten geht: dass seiner Mannschaft diese Einstellung fehlt, die ihn früher überhaupt erst zu einem Bundesligaspieler gemacht hat.

"Von mir wird keiner hören, dass die Saison für uns vorbei ist."

Schweinfurt hat das jüngste Spiel in der Regionalliga gegen Heimstetten 0:2 (0:0) verloren und sich damit um die letzte reelle Chance gebracht, seine Saisonziele zu erreichen. Auch Wenzel weiß, dass er diesen Kampf jetzt verloren hat. Seiner Mannschaft fehlen zwölf Punkte auf den VfB Eichstätt. Bei nur noch sieben ausstehenden Spielen ist das kaum aufzuholen, auch wenn Wenzel sagt: "Von mir wird keiner hören, dass die Saison für uns vorbei ist. Ich glaube immer an Wunder." Und doch wird Schweinfurt in der nächsten Saison weder in der dritten Liga noch im DFB-Pokal spielen. "Wenn man realistisch ist", sagt dann auch Wenzel, "muss man davon ausgehen, dass Eichstätt sich das nicht mehr nehmen lassen wird." Wenzel ist realistisch. Er hat gekämpft, und er hat verloren. Dann ruft er eher, als dass er es sagt: "Aber ich kann jeden Tag in den Spiegel schauen."

Ein Trainer erlebt eine Menge in seinem Trainerleben. Siege und Niederlagen sowieso, vielleicht auch Abstiege, vielleicht Entlassungen, das bleibt in diesen Zeiten kaum aus. Doch Wenzel steht noch am Anfang seines Trainerlebens, er hat selbst in Schweinfurt kaum Niederlagen erlebt. Trotzdem behaupten manche, dass ihn bald ein Gefühl beschleichen wird, dass jenem einer Entlassung ähnelt - weil ihm der Verein am Saisonende nicht mehr das Vertrauen ausspricht.

Wenzel ist nun seit zehn Monaten in Schweinfurt, "und ich habe an keinem einzigen Tag gefehlt", sagt er. Aus seinen Worten spricht weniger Stolz als vielmehr Trotz. Er wisse, dass er ein guter Trainer sei, sagt er, aber es brauche eben seine Zeit, bis sich alles gefunden habe. Die Mannschaft und er, er und die Mannschaft, das funktioniere nun mal nicht einfach so. Auch deshalb hat Wenzel den ersten Kampf verloren. Den Kampf gegen den VfB Eichstätt. Wenzel hat jetzt aber einen anderen Kampf angenommen. Er kämpft jetzt um seine Zukunft als Schweinfurter Trainer.

Als er bei der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen Heimstetten zum wiederholten Male die Einstellung seiner Mannschaft in Frage gestellt hatte, meinten einige Journalisten, Selbstzweifel herauszuhören. Sie verstanden seine Worte gar als eine Abschiedsrede, doch jetzt fragt Wenzel: "Warum sollte ich eine Abschiedsrede halten? Ich habe nach wie vor Lust auf dieses Projekt."

Dann wird er energisch. Er habe sich schon als Spieler nie aus dem Staub gemacht, wenn seine Mannschaft mal eine schwierige Phase habe durchstehen müssen. Und das mache er jetzt auch nicht als Trainer. Man muss sich ein 'Nur damit das mal klar ist' dazudenken, so empört ist er.

Nach dieser Saison endet sein Vertrag, und noch ist nicht klar, wie es dann weitergeht. Vielleicht erhält Wenzel eine zweite Chance. Vielleicht verliert er aber auch seinen zweiten Kampf.

© SZ vom 04.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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