Süddeutsche Zeitung

Regionalliga:Keine Zeit zum Baden

Der eine sagt den Urlaub ab, der andere verschiebt die Flitterwochen: Der Abstieg des FC Ingolstadt wirbelt die Relegation durcheinander.

Von Christoph Leischwitz

Als der FC Ingolstadt am vergangenen Dienstagabend den SV Wehen Wiesbaden empfing und Christoph Schmitt vor dem Fernseher saß, da packte seine Frau schon die Koffer - zur Sicherheit, für den Fall, dass sie nach dem Schlusspfiff gleich losfahren können nach Italien. Im Fußball würde man sagen: unnötige Laufwege. Denn der Abstieg des FC Ingolstadt bedeutete, dass der FC Ingolstadt II gemäß den Regularien zwangsabsteigen muss aus der Regionalliga. Damit rutschte der SV Heimstetten einen Platz nach oben und war plötzlich ein Relegationsteilnehmer.

Über so eine unverhoffte Chance müsste man sich eigentlich uneingeschränkt freuen. "Der eine oder andere ist schon heiß drauf", sagte Trainer Schmitt. Doch der Verein ist finanziell an die Grenzen gegangen in der vergangenen Spielzeit. Deshalb ist die Freude in etwa so groß wie bei einem Schüler, der für seine Versetzung nachsitzen muss, während seine Freunde am Badesee liegen. Und gleichzeitig weiß er auch: Im nächsten Schuljahr werde ich wohl dieselben Probleme bekommen.

Schmitts Frau bekommt am Wochenende womöglich noch eine Chance, unnötig die Koffer zu packen. Heimstetten spielte am Donnerstag beim Bayernliga-Zweiten TSV Rain glücklich 1:1. Es ist also noch völlig offen, wer nach dem Rückspiel am Sonntag (16 Uhr) Regionalligist ist. Fest steht nur: Weil der FC Bayern II in die dritte Liga aufstieg, ist ein zusätzlicher Platz in der Liga frei geworden, deshalb wird eine zweite Relegationsrunde gespielt. Die Termine: 5. und 8. Juni. Dann ist aber wirklich Schluss. Gerade rechtzeitig, denn um den 15. Juni beginnt bei fast allen Mannschaften die Vorbereitung auf die nächste Saison.

Verlorener Urlaub ist das eine, ein Wettbewerbsnachteil das andere. Denn die Kaderplanung gestaltet sich für die Releganten bedeutend schwerer als für andere. Auch aus diesem Grund plädiert Schmitt dafür, die Liga in so einem Fall einfach aufzustocken und auf eine weitere Relegationsrunde zu verzichten. "Wir werden sowieso vermehrt auf junge Spieler setzen. Aber ein, zwei Spieler mehr als in der Bayernliga bräuchten wir dann schon", sagt Schmitt über den Fall des Ligaverbleibs.

Bei der DJK Gebenbach ist die Euphorie deutlich größer als in Heimstetten, für die Mannschaft war bereits der zweite Platz in der Bayernliga Nord schon der größte Erfolg der Vereinsgeschichte. Aber auch hier ergeben sich Probleme: "Unser Trainingsauftakt für die neue Saison ist am 15. Juni geplant, die Spieler haben ihren Urlaub vorher gebucht. Das ist äußerst unglücklich für uns Amateure", sagte DJK-Trainer Faruk Maloku vor dem ersten Spiel gegenüber dem Portal onetz.de. Nach dem ersten Spiel sieht es so aus, als falle der Urlaub komplett flach: Der Außenseiter verlor zu Hause 0:1 gegen 1860 Rosenheim. Ein möglicher Grund: In Rosenheim ging man äußerst gelassen mit der Situation um. Obwohl die Oberbayern auch erst am Dienstagabend erfuhren, dass sie am Donnerstag ins 270 Kilometer entfernte Gebenbach fahren müssen, und nicht nach Rain. "Jammern hilft nix", sagt Trainer Thomas Kasparetti. Man habe frühzeitig seine Hausaufgaben gemacht, die Spieler gingen sehr professionell mit der Sache um: alle stehen zur Verfügung.

Für Heimstettens Abwehrchef Mathias Regal hätte das aber bedeutet, die Flitterwochen abzusagen. Was da wichtiger sei, sagt Trainer Schmitt sarkastisch, "muss doch jeder für sich entscheiden".

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SZ vom 01.06.2019
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