Regionalliga:Der Spiel-Entscheider

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Dominik Weiß wechselte von Schweinfurt zu Türkgücü, weil sich Trainer Reiner Maurer sehr um ihn bemühte: Beim 4:3 gegen Memmingen gelang ihm nun ein Flugkopfball-Tor in der Nachspielzeit.

Von David Fuhrmann

Den Ort für das Gespräch hat Dominik Weiß bewusst gewählt, ein veganes Restaurant im Zentrum Münchens. Im L-förmigen Raum laufen laute Hip-Hop-Beats, das hippe Mobiliar erinnert an die 60er, die grauen Wände bilden einen Kontrast zur holzvertäfelten Decke. Hier, zwischen Bonsai-Bäumen und frischen Bowls, sitzt der Mittelfeldspieler von Türkgücü und erzählt, warum er seine Lebensweise seit fünf Wochen umgestellt hat. "Ich glaube, dass ich durch die vegane Ernährung noch einige Prozent aus meinem Körper herausholen kann", sagt Weiß. Inspiriert vom Dokumentarfilm The Game Changers (mit dem Bodybuilder Arnold Schwarzenegger und dem Rennfahrer Lewis Hamilton) habe er sich bewusst für diesen Weg entschieden, die Auswirkungen seien spürbar.

"Früher, wenn ich zwischen den Trainingseinheiten Fleisch gegessen habe, fühlte ich mich im zweiten Training schläfrig", sagt der 24-Jährige vom ambitionierten Tabellenführer der Regionalliga Bayern, Türkgücü München. Dass Dominik Weiß für den Erfolg neue Wege geht, passt auch gut zum Selbstverständnis seines Arbeitgebers, dem in der Amateurliga spielenden Profiverein, der mit aller Macht in Richtung dritte Liga drängt. "Es ist unser gemeinsames Ziel aufzusteigen", sagt Weiß, der vor der Saison als einer von 22 neuen Spielern vom derzeit ärgsten Verfolger Schweinfurt verpflichtet wurde. Ausschlaggebend für den Wechsel nach München seien die Gespräche mit dem Teammanager Robert Hettich, den Weiß noch aus seiner Zeit bei Wacker Burghausen kennt, und mit Trainer Rainer Maurer gewesen, die den gebürtigen Landshuter Weiß in seiner Heimatstadt besuchten. "Reiner Maurer hat mir auf dem Laptop gezeigt, was er für ein Spielkonzept hat", sagt Weiß. München kennt er gut, er hat in seiner Jugend für den FC Bayern und für 1860 gespielt.

Nach anfänglichen Anlaufschwierigkeiten zieht der von Mäzen und Präsident Hasan Kivran getragene Verein Türkgücü einsame Kreise an der Tabellenspitze. Der Vorsprung auf Verfolger Schweinfurt beträgt bereits acht Punkte. Dass die Mannschaft, in der sich die Spieler vor der Saison beinahe komplett neu kennenlernen mussten, sich derartig schnell gefunden hat, hätte Weiß nicht gedacht. "Es hat mich sogar selbst überrascht, dass wir uns auf Anhieb alle verstanden haben." Das Spiel am vergangenen Samstag in Memmingen bot ein anschauliches Beispiel für den Esprit des Teams, es war ein Hohelied an die Moral, und mittendrin stand Dominik Weiß.

Nachdem sich Furkan Kircicek verletzt hatte, betrat Weiß in der 50. Spielminute das Spielfeld, zu diesem Zeitpunkt lagen die Münchener 0:1 hinten. Innerhalb von 17 Minuten drehte Türkgücü die Partie. Die Memminger taten ihnen das gleich und lagen in der 78. Minute mit 3:2 in Führung. In der Nachspielzeit überschlugen sich dann die Ereignisse. Den von Dominik Weiß herausgeholten Elfmeter verschoss Kasim Rabihic im zweiten Versuch, den ersten hatte der Schiedsrichter zurückgepfiffen, weil Weiß zu früh in den Strafraum geeilt war. Doch nur eine Minute später erzielte Marco Holz den Ausgleich: 3:3, 91. Spielminute. Und dann kam diese letzte Flanke federleicht in den Strafraum geflogen. "Es hat sich angefühlt, als wäre die Flanke drei Minuten in der Luft gewesen", sagt Weiß und muss dabei lachen, "ich dachte mir nur, ich muss diesen Ball reinmachen." Und das erledigte Weiß per Flugkopfball: 4:3, das Spiel in der Nachspielzeit gedreht, überall Euphorie. "Im Bus musste der ein oder andere Spieler wachgerüttelt werden, sie konnten nicht glauben, dass das wirklich passiert ist", sagt Weiß, der sich in den vergangenen Spielen meist nur auf der Ersatzbank wiederfand. Sein Anspruch ist ein anderer: "Ich will im neuen Jahr wieder voll angreifen und Stammspieler sein."

Zusammen mit dem Verein möchte er wachsen, am liebsten im Profibereich, der dritten Liga. Er sagt: "Mein Fokus liegt voll auf Fußball, für mich gibt es aktuell keinen zweiten Weg."

© SZ vom 28.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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