Regionalliga Bayern:Zu gut für die Anzeigetafel

Marco Richter FC Augsburg 38 FC Augsburg Trainingslager Estepona Saison 2015 2016 10 01 2016; Marco Richter Fußball FC Augsburg II Krieger/Imago

Brachte erst den Gegner und dann auch die Anzeigetafel in Schwierigkeiten: Mit sieben Treffern beim 12:0 über Seligenporten hat FCA-Stürmer Marco Richter einen Rekord aufgestellt.

(Foto: Krieger/imago)

Die U23 des FC Augsburg schlägt den SV Seligenporten mit 12:0 - und der 18 Jahre alte Stürmer Marco Richter schießt sieben Tore. Dabei wollte er im Sommer eigentlich wechseln.

Von Sebastian Fischer

Es gibt im jungen Leben des Fußballers Marco Richter immer wieder diese ganz besonderen Tage, die Beobachter mit einem Staunen zurücklassen, das wussten sie beim FC Augsburg schon vor diesem Wochenende. Als 17-Jähriger schoss Richter beim 8:1 im A-Jugend-Bundesligaspiel gegen Waldhof Mannheim im April 2015 vier Tore, im Mai dieses Jahres traf er beim 7:1 in der U19-Bayernliga gegen Unterhaching sechs Mal. Richter, inzwischen 18 Jahre alt und Stürmer der Augsburger U23 in der Regionalliga Bayern, gilt beim Bundesligisten als ein Talent, dem sie Konstanz beibringen möchten und das sie "behutsam" an die erste Mannschaft heranführen wollen, heißt es. Doch mit der beim FC Augsburg mit großer Penetranz gepflegten Behutsamkeit ist es nach dem jüngsten besonderen Tag im Leben des Marco Richter doch etwas schwieriger geworden.

Auf der hölzernen Anzeigetafel im Augsburger Rosenaustadion war am Samstag irgendwann kein Platz mehr, zweistellige Ziffern sind dort eigentlich nicht vorgesehen. Die Augsburger Reserve schlug den SV Seligenporten mit 12:0 (7:0), Rekord für die Regionalliga. Und Richter traf sieben Mal, ebenfalls Rekord, allein fünf Mal in 17 Minuten der ersten Halbzeit. Er lupfte, schoss aus der Distanz, staubte ab, nahm den Ball volley, immer war er drin, nur einmal flog er ans Lattenkreuz. Ach ja: Zwei weitere Tore bereitete Marco Richter vor.

Einer der staunenden Zuschauer war Augsburgs Trainer Christian Wörns. "Ich bilde mir schon ein, dass ich in meiner Karriere einiges erlebt habe, aber so etwas noch nicht", sagte der frühere Nationalspieler am Sonntag, zweistellig habe er vielleicht mal in der E-Jugend gewonnen. Am Samstagabend war Wörns wieder zurück in seinem Wohnort München und legte sich an die Isar, "ich habe einen Döner gegessen und ein Spaghetti-Eis". Besondere Tage verdienen eben ein besonderes Ende.

Am Sonntag fragte er sich dann, wie man so einen Sieg einordnen soll. Wörns will erst mal abwarten, am Sonntag beobachtete er die Spieler beim Auslaufen, am Montag ist Training, am Dienstag schon das nächste Spiel gegen Burghausen. Vielleicht muss er seine euphorisierten Spieler ein wenig einfangen und sie erinnern, dass das Saisonziel der Verbleib in der Liga bleibt, sieben Punkten nach drei Spielen zum Trotz. Das Ziel von Marco Richter war im Sommer übrigens ein Profivertrag.

Dem Vernehmen nach soll die TSG Hoffenheim daran interessiert gewesen sein, den Stürmer zu verpflichten, und Richter soll nicht abgeneigt gewesen sein. 24 Tore in 16 Spielen hat Richter in der vergangenen Saison für die U19 geschossen, die nach einem Jahr in der Bayernliga wieder in die Bundesliga zurückkehrte. Er wurde für die deutsche U18-Nationalelf berufen und durfte im Winter erstmals mit den Profis ins Trainingslager, doch dabei blieb es vorerst. Der neue Trainer Dirk Schuster nahm ihn diesmal nicht mit. Trotzdem ließen sie ihn im Sommer nicht aus seinem bis 2018 gültigen Amateurvertrag.

Richter ist ein technisch starker Fußballer, nicht besonders groß für einen Mittelstürmer, eher der Typ falsche Neun. Er kann mit dem Ball auf dem Platz überraschende Dinge anstellen, doch manchmal überrascht er damit auch seine Mitspieler. Wie bei vielen Kreativspielern müssen sie Richter in Augsburg manchmal ermahnen, dass er nicht zu kreativ wird. "Wo das Tor steht", sagt Manuel Baum, der beim FCA das Nachwuchszentrum leitet, "das wusste er schon immer". Und inzwischen hat er sich dank Sondertraining auch zu einem Spieler entwickelt, der 90 Minuten lang den Gegner anlaufen kann.

Erst mal wird Richter nun die Eindrücke vom Samstag genießen. "Er kann und muss sich darauf was einbilden, gestern, heute und morgen noch ein bisschen", sagt Wörns. Die Leistung, sagt der Trainer mit ironischem Unterton, sei noch besser gewesen als die von Robert Lewandowski vom FC Bayern, der gegen Wolfsburg fünf Mal traf. "Ich habe nach dem Spiel sehr viele Glückwünsche bekommen. Meine Eltern, Großeltern und meine Freundin Lea waren sehr stolz. Das war schon ein geniales Gefühl", sagte Richter selbst, er sprach nur mit der Presseabteilung des FC Augsburg, auch wenn Redaktionen aus dem ganzen Land anfragten - alles behutsam eben.

Richter, gebürtig aus Mering, spielte als Kind für den FC Bayern, 2004 wurde er bei einem Talenttag entdeckt, 2012 fiel er durchs Raster und wechselte nach Augsburg. Im jungen Fußballerleben von Richter ist es also ein wenig so gelaufen wie bei seinem Vorbild: Er hat die Bayern verlassen, um wieder besondere Tage als Fußballer zu erleben. Marco Richters Vorbild heißt Mario Götze.

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