Süddeutsche Zeitung

Regionalliga Bayern:Kein Halt am nächsten Bahnhof

Die Regionalliga Bayern bestreitet einen Sonderweg: Sie wird die Saison 2019/20 bis ins Frühjahr 2021 fortsetzen und die folgende Spielzeit wohl komplett streichen.

Von Christoph Leischwitz

Die Entscheidung fiel alles andere als einstimmig aus, doch das Votum war deutlich genug, um für klare Verhältnisse zu sorgen. Die Fußball-Regionalliga Bayern wird demnach einen einmaligen Sonderweg beschreiten, die Spielzeit 2019/20 nicht vorzeitig abbrechen und die Saison 2020/21 wohl komplett streichen. Die vier anderen Regionalligen haben hingegen abgebrochen oder stehen kurz davor. Am Mittwochabend hatte der Bayerische Fußball-Verband (BFV) eine Abstimmung unter den 18 Vereinen durchführen lassen und vorab ein Informationsblatt mit drei möglichen Szenarien verschickt.

Gewählt wurde nun folgender Vorschlag, wenngleich nur mit neun Ja-Stimmen und fünf Enthaltungen: Die aktuell pausierende Spielzeit mit ihren elf Spieltagen und zwei Nachholspielen wird bis zum Frühjahr 2021 zu Ende gespielt, idealerweise in zwei etwa gleich langen Zeitfenstern vor und nach der Winterpause, und dann noch mit einem Ligapokal angereichert. Hinter dieser Entscheidung steht die Annahme, dass eine mögliche Saison 2020/21 aufgrund der Corona-Krise nicht regulär zu Ende gespielt werden könnte. Schon vor Wochen hatte eine Mehrheit der Vereine dafür plädiert, so lange wie möglich abzuwarten, um Geisterspiele zu vermeiden. Mit der jetzt getroffenen Entscheidung, findet der Verband, könne man auch noch eine Zeitlang abwarten, wann Spiele mit Zuschauern wieder möglich sind.

Bis zu vier Teams von der Tabellenspitze sollen am Ende an Aufstiegs-Playoffs teilnehmen

Es ist kein Geheimnis, dass der BFV strikt gegen einen Abbruch war. In einer formlosen Abstimmung vor gut einem Monat hatten sich zwölf Vereine für ein Saisonende ausgesprochen. Am Mittwoch stimmten dafür aber nur noch vier Vereine. Unter den Regionalligisten gibt es einige, die nun davon berichten, dass Klubs "umgekippt" seien angesichts einer "Drohkulisse", die im Informationsblatt des BFV aufgebaut worden sei. Unter dem Szenario "Abbruch" seien nämlich einige herbe Konsequenzen aufgelistet, zum Beispiel eine Spielzeit 2020/21 mit 38 Spieltagen, weil viele Bayernligisten auf- und niemand absteigen würde - und das in ungewissen Coronazeiten. Kritiker finden, man hätte nach einem Abbruch mit einer deutlich kleineren Liga spielen können.

Im fünfgleisigen Regionalliga-System haben die Bayern damit einen Sonderweg eingeschlagen und werden quasi einen Bahnhof, sprich: eine Saison auslassen, während alle anderen diese spielen wollen. Das hat natürlich eine Reihe von Sonderregelungen zur Folge. Die wichtigste: Aus einer einzigen Saison könnten zwei Aufsteiger rekrutiert werden. Zunächst wird Spitzenreiter Türkgücü München aus der Wertung genommen und darf in der dritten Liga starten, wenn diese ihre neue Spielzeit beginnt - gut möglich, dass diese beginnt, bevor die Regionalliga weiterspielt. Danach spielen die restlichen Teams einen Meister aus, und dieser darf Ende Mai 2021 die sowieso geplanten Aufstiegsspiele gegen den Meister aus der Regionalliga Nord angehen. In der Debatte vor der Abstimmung ging es auch darum, wie man die Liga interessant gestalten könnte. Und zweitens, wie ein möglicherweise monatelanger Leerlauf verhindert werden kann. Playdown-Spiele um den Abstieg wurden am Mittwoch abgelehnt, Playoff-Spiele hingegen wurden angenommen. Bis zu vier Teams von der Tabellenspitze sollen teilnehmen. "Denkbar wären zum Beispiel "best of five bei nur zwei Mannschaften, zweimal best of three bei vier Mannschaften oder auch zweimal best of three bei drei Mannschaften", erklärte der Verband.

Brisant ist die Regelung, weil der aktuelle Tabellenzweite FC Schweinfurt 05 viel mehr um die Relegations-Teilnahme bangen muss als zuvor: Außer Türkgücü und den Schweinfurtern hatte niemand einen Lizenzantrag für die dritte Liga gestellt. Nun aber bekommen wieder mehrere Teams die Chance zum Aufstieg.

Darüber hinaus kann der Verband auch innerhalb einer Spielzeit insgesamt vier statt nur zwei DFB-Pokal-Startplätze ausspielen lassen. Dafür soll als erstes der vor dem Halbfinale angehaltene Toto-Pokal im September zu Ende gespielt werden. Zweitens bekommt wohl der FC Schweinfurt einen Startplatz: Eine vor mehreren Wochen beschlossene Regelung sieht vor, dass der bayerische Amateurmeister diesen Platz bekommt, bevor die Auslosung beginnt - das wären die Unterfranken, sofern Türkgücü bis dahin aufgestiegen und somit aus der Tabelle entfernt wäre. Im Frühjahr 2021 sollen die Regionalligisten dann in einem Ligapokal um einen Pokalplatz für die Saison 2021/22 spielen. Der Modus hängt davon ab, wie groß das Zeitfenster sein wird. Die unteren Ligen sollen nach Möglichkeit eine neue, weitgehend normale Toto-Pokal-Runde ausspielen. Von der fünften Liga abwärts hatten die Vereine ohnehin schon zugestimmt, die Saison 2019/20 zu Ende spielen zu wollen.

Sein Paket betrachtet der BFV als "maximal flexibel mit Blick auf die Coronapandemie. Zwingend benötigt werden nur 11 Spieltermine für Punktspiele, 2 Spieltermine für Nachholspiele und die Relegationstermine." Alle weiteren Termine könnten flexibel gestaltet werden. So wurde bislang also nur ein grober Rahmen abgesteckt. Doch es bewahrheitet sich schon jetzt, was viele zu Beginn der Krise vorhersahen: Es ist unmöglich, dass am Ende alle Beteiligten zufrieden sind.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4927113
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 05.06.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.