Regionalliga Bayern:Die Entdeckung der Schnelligkeit

Der Satz "Wir wollen aufsteigen" ist beim FC Bayern II schon jetzt Standard. Nur Schweinfurt wird zugetraut, die Liga spannend zu halten.

Von Christoph Leischwitz

Womöglich geht das nun nahtlos so weiter, von der Fußball-WM hinein in die Regionalliga Bayern: Standardtore. Und wenn diese immer wichtiger werden, ist es ratsam, ein wenig Kreativität an den Tag zu legen, so wie Christopher Kracun und Steffen Krautschneider vom 1. FC Schweinfurt 05. Im Auftaktspiel der Unterfranken stand Ersterer in der 41. Minute für einen Freistoß am Strafraumrand bereit, jeder erwartete einen direkten Schuss. Dann aber legte Kracun ab auf Krautschneider, der direkt neben der Mauer stand, und der traf freistehend mit einem Schuss ins ferne Eck zum 3:1, was dann auch den Endstand bedeutete.

Er erwarte sich "Ideenreichtum" von seinen Spielern, sagt der neue Trainer Timo Wenzel, den dieser Treffer freute. Natürlich habe man Standards trainiert, und natürlich habe er den Spielern gesagt, sie sollen Mut haben im Abschluss. Den am vergangenen Freitag gezeigten Trick habe man so aber nicht explizit einstudiert. "Aber wenn wir keine Standards trainieren würden, dann hätten sie das bestimmt auch nicht so gemacht", sagt Wenzel. Er ist erst einmal zufrieden damit, wie die ersten Pläne aufgegangen sind.

v li Adam Jabiri 1 FC Schweinfurt 05 bedankt sich bei den Fans bedanken Dank Fussball BFV V; Jabiri

Torjäger-Krönchen: Schweinfurts Stürmer Adam Jabiri, Rückennummer 27, traf in der vergangenen Saison 27 Mal – und erzielte auch beim Auftakt dieser Spielzeit ein Tor beim 3:1 gegen Illertissen, in der 27. Minute.

(Foto: Meike Kreidler/imago/foto2press)

Der TSV 1860 München, der in der Rückrunde der vorigen Saison einsam seine Kreise an der Spitze zog, ist aufgestiegen und hat für kurze Zeit ein Favoriten-Vakuum hinterlassen. Das aber schnell gefüllt wurde, mit den Verfolgern des Vorjahres. Zwei Teams also, immerhin, es könnte endlich mal wieder spannender werden. Man kann sich lange umhören: Es findet sich niemand der sagt: Weder der FC Schweinfurt noch die U23 des FC Bayern werden diesmal Meister. Vielleicht, hoffen manche, mischt sich ja noch das eine oder andere Überraschungs- oder ein gut ausgebildetes Nachwuchsteam vorübergehend ein. Der Sieger der Liga trifft dann, das ist bereits ausgelost, auf den Sieger der Regionalliga Nord, um vermutlich Ende Mai in Hin- und Rückspiel den Aufstieg in die dritte Liga auszuspielen. Im kommenden Jahr steigt der bayerische Meister direkt auf. Doch beide rechnen sich ja schon heuer realistische Chancen aus.

Es ist nur so: Beim FC Bayern ist der Satz "Wir wollen aufsteigen" schon jetzt Standard. In Schweinfurt verhält man sich da noch etwas defensiver. Da müsse schon "alles passen", sagt Wenzel. Dann zählt er zahlreiche Dinge auf, die man nicht beeinflussen könne: verletzte Spieler, Schiedsrichter-Entscheidungen. Mentale Stärke werde auch entscheidend sein.

Wieder sind zahlreiche Amateur-Teilnehmer dabei, für die die Regionalliga das Höchste der Gefühle ist, wahrlich die vom Verband ausgerufene "Champions League der Amateure". Sie werden alles für den Klassenverbleib geben und wollen den Profiteams ein Bein stellen. Wenzel, der ehemalige Profi des VfB Stuttgart und des 1. FC Kaiserslautern, der die bayerische Regionalliga bisher noch überhaupt nicht kannte, sagt: "Man darf die Dorfklubs nicht unterschätzen. Ich wiederhole: Man darf die Dorfklubs. Nicht. Unterschätzen." Man müsse jedes Spiel "so angehen wie gegen Bayern München II", sagt der 40-jährige, der gerade seinen Fußballlehrer gemacht hat. Das erste direkte Aufeinandertreffen der Favoriten steht übrigens gegen Ende der Vorrunde in München an.

Auffällig ist, wie sehr sich die beiden Mannschaften zu Beginn der Saison in ihrer Herangehensweise ähneln. Beide haben sich mit Routiniers verstärkt, die jungen Bayern beispielsweise mit dem Drittliga-erfahrenen Maximilian Welzmüller, die Schweinfurter mit dem Drittliga-erfahrenen Stefan Kleineheismann. In Schweinfurt haben sie in Alexander Piller einen Spieler verpflichtet, der mit seiner Schnelligkeit in Eins-gegen-eins-Situationen den Unterschied ausmachen kann, was gegen mauernde Gegner besonders wichtig ist. Bei einer U23 wie den Bayern liegt die Schnelligkeit in der Natur der Sache. Aus der eigenen Jugend wurden aber verstärkt jene Spieler ins Team beordert, die das Spiel beschleunigen können.

Beide werden es häufig mit tief stehenden Gegnern zu tun bekommen, und beide haben an ihrer Flexibilität gearbeitet, "den Gegner knacken zu können", wie Wenzel es nennt. Er wie auch Bayern-Trainer Holger Seitz plädieren gleichzeitig aber auch für Freigeister im gegnerischen Strafraum. Ein weiteres Mittel: Fernschüsse. In den ersten beiden Partien der Bayern und beim Auftakt der Schweinfurter führten dann auch Standards und Schüsse aus der zweiten Reihe mehrmals zum Erfolg.

In Schweinfurt beginnt bereits der Vorverkauf für das DFB-Pokalspiel gegen Schalke (17. August), zunächst für Mitglieder, beim Heimspiel gegen Bayreuth am Dienstag dann für alle. Schalke werde eine Partie "für die Jungs", sagt Trainer Wenzel, etwas zum Genießen für die Spieler also. Viel wichtiger sei aber die Konzentration auf die Liga - nicht nur, weil der Meister automatisch wieder für den Pokal qualifiziert ist. "Lasst Träume wahr werden", hatten Fans auf ein Banner geschrieben. Auch sie meinten sicher keine Pokalsensation, sondern den Aufstieg in den Profifußball.

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