Regionalliga:1860 auf der Überholspur

FUSSBALL REGIONALLIGA BAYERN

Idylle auf Zeit: Spätestens nach einer Rückkehr in die zweite Liga können Sechzigs Spieler nicht mehr im Grünwalder Stadion feiern. Dabei gibt es dort ganz herrliche Zäune.

(Foto: Hans Rauchensteiner)
  • Der TSV 1860 baut durch ein 3:1 gegen Verfolger Schweinfurt seinen Vorsprung in der Regionalliga Bayern auf acht Punkte aus.
  • Geschäftsführer Markus Fauser muss sich noch intensiver mit den Planungen für die im Frühjahr anstehende Beantragung der Drittliga-Lizenz beschäftigen.
  • Selbst im Falle der Regionalliga-Meisterschaft müsste Sechzig in die Relegation - im kommenden Jahr könnte indes eine Reform greifen.

Von Philipp Schneider

Zwei Plakate kleben an der Innenseite des Schaufensters eines kleinen Geschäfts unweit des Grünwalder Stadions. "Panzerfolie 10 Euro" steht auf dem einen. "Kaltes Bier 2 Euro" auf dem anderen. Das kleine Geschäft am Grünwalder Stadion ist eigentlich spezialisiert auf den Verkauf von Mobiltelefonen. Aber man darf davon ausgehen, dass der Absatz von kalten Bieren den der Panzerfolien am Samstag übertroffen haben dürfte.

Nun ist es ja offenkundig so: Ein Handyladen, der sich an Spieltagen zum Bierverkauf verleiten lässt, ist in etwa so zweckentfremdet wie ein TSV 1860 München, der Fußball spielt in der Regionalliga. Mit beidem wird hoffentlich eher früher als später wieder Schluss sein. Das ist spätestens seit Samstag klar, als Sechzig beim 3:1 gegen den 1. FC Schweinfurt 05, den wohl einzigen verbliebenen Konkurrenten um den Einzug in die Relegation, in den ersten 20 Minuten vorführte, in 13 Minuten eine 2:0-Führung herausspielte - und den Sieg auch in Unterzahl nicht mehr hergab. Seit Samstag darf sich Sechzigs Geschäftsführer Markus Fauser noch intensiver mit den Planungen für die im Frühjahr anstehende Beantragung der Drittliga-Lizenz beschäftigen. "Wir hören jetzt auf und warten bis Mai", scherzte Trainer Daniel Bierofka.

Fausers und Sechzigs Ziel müsste recht unstrittig sogar die schnellstmögliche Rückkehr in die zweite Liga sein. Auch wenn diese verbunden wäre mit dem tauben Gefühl einer selbstgeschaffenen Heimatlosigkeit, nachdem ja der Klub um die Auflösung des Mietverhältnisses beim ehemaligen Arena-Partner FC Bayern gebeten hatte. Frühestens im übernächsten Jahr hätte der TSV 1860 München, Stand jetzt, keine Spielstätte mehr, weil das Grünwalder Stadion dort nicht zugelassen ist (und der Handyladen würde sich auch an Spieltagen wieder auf seine Kernkompetenz konzentrieren müssen).

Daniel Bierofka geht eine frühzeitig geführte Aufstiegs-Debatte viel zu weit. Obwohl er ja derjenige ist, dem das Meisterstück überhaupt erst gelungen ist, gleich im ersten Jahr nach Sechzigs sportlich und finanziell bedingten Doppelabsturz eine Mannschaft auf die Überholspur zu setzen, die er selber aus dem Nichts formen musste. Bierofkas Mannschaft spielt aus dem Stand so gut, dass es auch die Vereinsverantwortlichen überraschen dürfte. Solange der Erfolg Fauser nicht überrumpelt, der ja die finanzielle Planung für die wesentlich aufwendigere dritte Liga wohl ohne Zuschüsse des verprellten Investors Hasan Ismaik sicherstellen muss, ist alles gut.

"Ich habe 1860 noch nie so stark gesehen wie in den ersten 25 Minuten"

"Sollten wir den Aufstieg schaffen, dann gehe ich davon aus, dass es nicht so passieren wird wie im Sommer", sagte Bierofka. "Dann werden Leute da sein, die das auch stemmen. Die Signale, die ich von Herrn Fauser bekomme, sind so, dass man in guten Gesprächen ist." Nachdenklich könnte einen nun stimmen, dass diese angeblich so guten Gespräche nicht zwischen den Gesellschaftern stattfinden. Ismaik und die Vereinsvertreter reden längst nicht mehr miteinander. Sie reden lediglich übereinander mit Fauser. Und dann richtet Fauser Bierofka aus, der derzeit übrigens auch keinen Kontakt zu Ismaik hat, er sei zuversichtlich? Mag ja sein.

Acht Punkte Vorsprung auf Schweinfurt hat Sechzig nach 13 Spielen, dazu eine Tordifferenz von plus 25. Der Schweinfurter Kevin Fery, der für den zwischenzeitlichen Anschlusstreffer (32.) sorgte, erzielte Sechzigs ersten Gegentreffer seit zwei Monaten. Wäre die Atmosphäre nicht so irre heimelig im Grünwalder Stadion, man müsste die Dominanz fast langweilig finden. Zumal die Elf derzeit ohne den verletzten Timo Gebhart klarkommen muss, ihren besten Spieler. "Ich habe 1860 noch nie so stark gesehen wie in den ersten 25 Minuten", sagte Schweinfurts Trainer Gerd Klaus. Deshalb sei er nicht so enttäuscht. Er ahnt wohl, dass er die Regionalliga frühestens ein Jahr nach 1860 verlassen wird.

In diesem Jahr muss Sechzig so oder so noch eine Relegation überstehen, in der es die Münchner im schlimmsten Fall mit Energie Cottbus (neun Spiele, neun Siege) zu tun bekommen. Im kommenden Jahr könnte eine Reform greifen, der die bayerischen Klubs bereits zugestimmt haben: Die Meister der Regionalligen West und Südwest hätten eine Aufstiegsgarantie, der Meister der Regionalliga Bayern müsste weiter in die Relegation,dürfte aber mit den Staffeln Nord und Nordost zwei Plätze ausspielen. Stochastisch betrachtet würde das die Wahrscheinlichkeit eines Aufstiegs von 50 auf 66,6 Prozent erhöhen. Bierofka findet die sogenannte "Wendelsteiner Vorlage" kurzsichtig. Ihm wäre es lieber, es gäbe vier Regionalligen anstelle von fünf, deren vier Meister dann sicher aufsteigen dürften, sagte er. "Ich würde mir Chancengleichheit wünschen", sagte Bierofka.

Andererseits muss Sechzig die Liga einfach nur schon in diesem Jahr verlassen. Dann kann Bierofka eine wie auch immer erdachte Reform ziemlich egal sein.

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