Reform des Davis Cup:Wie Gerard Piqué das Tennis revolutioniert

FC Barcelona v Boca Juniors - Joan Gamper Trophy

Erfolgreicher Fußballer und Geschäftsmann: Gerard Piqué.

(Foto: Getty Images)
  • Gerard Piqué steckt hinter einer Firma, die den Davis Cup grundlegend verändern wird.
  • "Dies ist beruflich und persönlich einer der glücklichsten Tage meines Lebens", bestätigt der Fußballer des FC Barcelona.
  • Für die Traditionalisten bedeutet das der Tod des langjährigen Mannschaftswettbewerbs.

Von Javier Cáceres

In den vergangenen Tagen fehlte Gerard Piqué beim Training des FC Barcelona. Und es war für nicht wenige Barça-Fans eine Überraschung, als sie erfuhren, dass Piqué sich im Ritz-Carlton-Hotel in Orlando, Florida, befand - bei der Jahreshauptversammlung der Internationalen Tennisföderation ITF. Dort bejubelte Piqué am Donnerstag einen Tod: den Tod des Davis Cups in seiner bisherigen Form, die Zerstörung einer 118-jährigen Tradition. Die ITF-Delegierten stimmten mit einer satten Zweidrittelmehrheit für eine Abschaffung des bisherigen Formats - und für die radikale Reform Piqués.

Die dreitägigen Davis-Cup-Dramen, die epischen Fünfsatz-Matches, die Versuche, einen Favoriten über die Wahl des Belags zu übervorteilen - all das ist nun unter der Last des Geldes begraben. Ab 2019 wird es im November jährlich ein einwöchiges Finalturnier geben, bei dem 18 Teams um die Davis-Cup-Trophäe spielen. Ob die Debütveranstaltung 2019 in Lille in Frankreich oder in Madrid stattfindet, soll demnächst bekannt gegeben werden. "Dies ist beruflich und persönlich einer der glücklichsten Tage meines Lebens", sagte Piqué, der in Orlando jubelte wie nach einem gewonnenen Champions-League-Finale.

Piqué absolvierte einen einwöchigen Kurs an der US-Elite-Universität Harvard

Der 31-jährige Katalane, Weltmeister von 2010, der soeben seinen Rücktritt aus dem spanischen Nationalteam bestätigte (und am Samstag beim Ligaauftakt des FC Barcelona wieder antreten muss), ist schon seit Jahren nicht mehr ausschließlich mit dem professionellen Fußballspielen beschäftigt. "Ich bin ein rastloser Typ", sagte Piqué einmal selbst über sich.

Das kann man wohl sagen: Piqué verdingt sich auch als Unternehmer und Investor - und hat vor geraumer Zeit einen einwöchigen Kurs über "Business of Entertainment, Media and Sports" an der US-Elite-Universität Harvard besucht, um seine bislang praxisgestützten Erfahrungen um etwas Theorie zu erweitern.

Unter anderem gründete Piqué 2016 die Firma Esports Media Rights, die sich mit dem Spielehersteller Konami verbündete - und einen professionell orientierten E-Sports-Wettbewerb namens "eFootball.Pro" ins Leben rief, dem bislang der FC Barcelona, der FC Schalke 04 sowie AS Monaco beigetreten sind. Piqués Portfolio umfasst den Sonnenbrillenhersteller Kypers, einen Hersteller isotonischer Getränke namens "426 miles" sowie die Investmentgesellschaft Kerad 3 Invest, die zuletzt ein Vermögen von 14 Millionen Euro auswies. Kürzlich geriet Piqués Firma Kerad Games in die Schlagzeilen, die Onlinespiele wie "Golden Manager" vertrieb. Sie musste schließen, nachdem sie über Jahre hinweg offenbar sechsstellige Verluste produziert hatte. Ein ähnliches Schicksal ereilte die Nahrungsmittelfirma Natrus (Öko-Hamburger). Mit keiner Firma erregte Piqué freilich so viel Aufmerksamkeit wie mit jener namens Kosmos, die nun die Tenniswelt auf den Kopf stellt.

Auch Kosmos wurde vor einigen Jahren gegründet. Das Unternehmen zählt auf schwerreiche Verbündete, die für jene drei Milliarden US-Dollar (2,6 Milliarden Euro) bürgen, die dem Tennisweltverband für die kommenden 25 Jahre versprochen wurden. Die Geldströme waren für das Votum entscheidend, ein erheblicher Teil soll über die ITF an die nationalen Verbände kanalisiert werden - und damit der Förderung des Basistennis dienen. So lautet zumindest die Theorie.

Von allem Nadal und Djokovic gelten als Stichwortgeber von Piqué

Eine Schlüsselrolle im Kosmos-Universum spielt der japanische Multimilliardär Hiroshi Mikitani, Gründer und Vorsitzender von Rakuten, einem der größten Internetunternehmen der Welt. Ihn lernte Piqué vor Jahren kennen. In Barcelona heißt es, der Verteidiger habe eine zentrale Rolle gespielt, als der FC Barcelona Rakuten als Trikotsponsor gewann. Vor wenigen Monaten holten sie den US-Amerikaner Larry Ellison ins Boot, der im Forbes-Ranking der reichsten Menschen der Welt derzeit an Nummer zehn geführt wird. Ellison hat nicht nur ein ungeheures Vermögen (circa 58,5 Milliarden Dollar), sondern auch etwas Tennisflair: Er ist zum Beispiel der Besitzer des Tennis Parks von Indian Wells in Kalifornien und des dort stattfindenden Turniers der Masters-1000-Serie. Vor wenigen Tagen stieg zudem das Unternehmen China Media Capital als Investor in das Kosmos-Projekt ein.

Piqué, von jeher Gast beim ATP-Turnier seiner Heimatstadt Barcelona, arbeitet seit Jahren an der Davis-Cup-Reform. 2015 traf er sich mit ITF-Vertretern in Barcelona und unterbreitete ihnen seine Idee von einem Tennis-Megaevent im Stile der Fußball-WM. Das erste Projekt wurde abgelehnt, aber Piqué ließ nicht locker. Er ließ sich wieder bei Tennisturnieren blicken - vornehmlich, um bei den Größen des Sports zu eruieren, warum sie sich in den vergangenen Jahren beim Davis Cup rar gemacht hatten. Vor allem der spanische Tennisprofi Rafael Nadal und der Serbe Novak Djokovic gelten als Stichwortgeber Piqués, auch mit dem Schweizer Roger Federer hat er Gespräche geführt.

Die Stars sollen mit hohen Preisgeldern geködert werden

Piqué hörte ihre Klagen über den vollen Turnierkalender, den Mangel an finanziellem Anreiz, den Wechsel von Belägen zur Unzeit. All das soll nun behoben werden. Unter anderem sollen die Profis mit 20 Millionen Dollar an Preisgeldern geködert werden, die Verbände sollen sich 25 Millionen Dollar aufteilen, der Wettbewerb wird im Grunde auf eine Woche konzentriert.

"Wir werden den Davis Cup auf ein neues Niveau heben", sagte Piqué, der durch das Geld und den Rückhalt der Stars als neuer Boss des Welttennis gilt. Doch die Traditionalisten weinen. "Tennisfans, bereitet eure Taschentücher vor", kommentierte die französische Zeitung L'Équipe.

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