Noch gibt es keine ernsthaften Studien zur Korrelation zwischen Haarpracht und Kopfballstärke. Und vielleicht ist die auch gar nicht so relevant. Einer der wohl besten Kopfballspieler der Welt aber, der gebürtige Brasilianer Képler Laverán Lima Ferreira, besser bekannt als Pepe, trägt sein Haar neuerdings so radikal anders als bisher während seiner auffälligen Karriere, dass die Frage einfach mal so im Raum stehen darf.
Der harte Innenverteidiger von Real Madrid, dem der kahle Schädel stets als Markenzeichen gereichte, gleicht seinen Look zusehends dem eines Mannes an, der an diesem Mittwochabend im Santiago Bernabéu auf derselben Position im gegnerischen Team spielen wird: Dante vom FC Bayern.
Bisweilen führt sich der Portugiese madrilenischer auf als die Madrilenen
Von Pepe, der im Duo mit Sergio Ramos Reals zentrale Abwehr bestellt, erwarten sie in Madrid, dass er Münchens Stürmern die Bälle reihenweise von den Füßen wegsäbelt. Das Verb ist bewusst gewählt. Nachdem Real den eingebürgerten portugiesischen Internationalen vor sieben Jahren für stattliche 30 Millionen Euro vom FC Porto übernommen hatte, stellte es ihn so vor: "Er hat Scheren in den Beinen, er zerschneidet absolut alles." Gemeint waren die Wege, die Absichten der Stürmer. Wahrscheinlich war sich der Verein damals der prophetischen Qualität dieser Lobpreisung noch nicht bewusst.
Jedenfalls ist Pepe nicht nur einer der besten Innenverteidiger Europas, er hat sich auch einen einzigartig markanten Ruf erspielt mit seinen furchtlosen Grätschen im Strafraum, diesen Abwehraktionen am Rande der fußballerischen Legalität. Wenn sie gelingen, sind sie ein Spektakel. Wenn nicht, dann Gott bewahre.
Er polarisiert auch mit seinen verbalen Provokationen auf dem Platz, mit Kontrollverlusten und mit viel Theatralik. Besonders intensiv lebt er die ganz großen Partien, die Clásicos vorab. Wenn Real gegen den FC Barcelona spielt, dann führt sich Pepe madrilenischer auf als die Madrilenen, dann ist es, als müsste er den Madridistas seinen Madridismo beweisen.
Auf der Gegenseite spielt der Katalane Sergio Busquets, Barças Sechser, dieselbe überdrehte Rolle. Beim jüngsten Clásico in der Liga lag Pepe mal am Boden und Busquets zog im Gewühl mies die Schuhsohle über sein Gesicht. Der Schiedsrichter sah es nicht, "Busi" blieb unbestraft. Man fand dann in Madrid: "Wenn Pepe so etwas getan hätte, dann wäre jetzt die Hölle los." Da hatten sie wohl Recht.