Real Madrid glänzt in der Liga:Toreschießen in einschüchternder Manier

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Bayerns Champions-League-Gegner Real Madrid schießt sich mit einem 3:1-Sieg gegen Sporting Gijon für das große Halbfinaltreffen mit den Münchnern warm. Cristiano Ronaldo stellt bereits sechs Spieltage vor Saisonschluss seine eigene Bestmarke ein - Sorgen bereitet den "Königlichen" vor dem Spiel gegen den FCB derweil die Schiedsrichter-Ansetzung.

Javier Cáceres, Madrid

Am Samstag waren - 22 Minuten nach 22 Uhr - zahlreiche Anhänger von Real Madrid nicht nur im Wortsinn auf dem Weg zum Platz mit dem Cibeles-Brunnen in der Innenstadt. Sie glaubten auch im übertragenen Sinn dorthin unterwegs zu sein. Der Ort ist ja stets Schauplatz der Titelfeierlichkeiten des spanischen Rekordmeisters; Real hatte soeben 3:1 gegen den Abstiegskandidaten Gijón gewonnen - und der Erz- und Titelrivale FC Barcelona hatte in Levante, wie die Radiosender berichteten, soeben das 0:1 kassiert.

Brillanter Pass gegen Gijon: Mesut Özil glänzt bei Real weiterhin als filigraner Vorbereiter.  (Foto: Getty Images)

Es wurde kräftig gehupt. Als die Real-Fans wieder daheim waren, sahen sie, wie Barcelona das Resultat noch gedreht hatte. Aus dem 0:1 wurde durch zwei Tore von Lionel Messi ein 2:1, aus dem möglichen Sieben-Punkte-Abstand doch bloß eine Differenz von vier Zählern; der Clasico zwischen Barça und Real am kommenden Samstag im Camp Nou hat also doch noch Züge eines Finales.

Die Meisterschaft zu gewinnen sei ein Ding der Unmöglichkeit, hatte Barcelonas Trainer Josep Guardiola neulich noch gesagt, Real Madrid lag da zehn Punkte vorne. Am Samstag korrigierte er sich, wenn auch nur geringfügig: "Es ist jetzt etwas weniger unmöglich."

Brillanter Pass von Özil

Tatsächlich ist Real weiterhin in einschüchternder Manier unterwegs. Zwar tat sich die Elf von José Mourinho gegen Sporting Gijon fast erwartbar schwer - gegen gut strukturierte, defensive Teams rannte Madrid schon oft ungeschickt an. Noch immer aber kam der derzeit härteste Punch in Fußball-Europa zum Tragen, vor Reals Champions-League-Halbfinalreise zum FC Bayern zertrümmerte er auch den asturischen Beton.

Nachdem Gijon durch einen Handelfmeter in Führung ging (De las Cuevas/29.), glich Gonzalo Higuaín (37.) aus, in der Endphase erzielten Cristiano Ronaldo (75.) und Karim Benzema (82.) die Siegtreffer - für Ronaldo war es das 41. Saisontor (Messi hat jetzt ebenso viele). Benzema verwertete beim 3:1 einen brillanten Pass des deutschen Spielmachers Mesut Özil. Dessen Freund und Teamkamerad Nuri Sahin hatte kurz vor der Pause einen Freistoß an den Querbalken gezirkelt.

Für Real waren die drei Treffer gleichbedeutend mit der Einstellung eines lange für unnachahmlich gehaltenen Rekordes. Nach 33 Spieltagen hat man 107 Tore erzielt - so viele wie nur ein Team je in einer Saison aufwies: Real 1989/90, als Bernd Schuster Spielmacher war und eine gigantische Generation am Werk war, die Quinta del Buitre, der "Jahrgang des Geiers", weil der Sturmführer und heutige Klubfunktionär Butragueno "Geier" genannt wurde.

"Wir werden einen großartigen Jahrgang übertreffen. Das bedeutet, dass wir großartige Dinge leisten", erklärte Sergio Ramos. Trainerassistent Aitor Karanka wollte den Rekord als Gruß verstanden wissen: Die Höchstmarke dürfte all jene interessieren, "die Mourinho für einen defensiven Trainer halten".

Webb leitet Spiel in München

Mourinho selbst hatte seine Kritiker zuvor ebenfalls herzlich gegrüßt. Zumindest dürften sie die Adressaten einer obszönen Geste gewesen sein, die er beim 3:1 tätigte und die in seiner portugiesischen Heimat als "manguito" firmiert: Man schlägt mit der Hand auf den Oberarm und ballt die Faust, es ist in etwa die iberische Entsprechung des "Stinkefingers".

Wen Mourinho mit der Entgleisung meinte, ist unbekannt. Derzeit redete er nur mit Medienvertretern, wenn es aus vertraglichen Gründen unumgänglich ist. Er fühlt sich unverstanden, weil nicht alle seiner Theorie folgen, wonach sich speziell die Schiedsrichter gegen ihn und gegen Real verschworen hätten.

Erreicht hat Mourinho, dass in Spanien die Ansetzung des Schiedsrichters fast paraniode Reaktionen hervorruft. Als am Sonntag bekannt wurde, dass das Hinspiel in München Howard Webb aus England leitet, liefen sich die spanischen Zeitungen schon in ihren Online-Ausgaben warm: "Der denkbar schlechteste Schiedsrichter", schrieb As, und Marca bezeichnete Webb als "umstritten".

Webb gilt in Spanien seit dem WM-Finale 2010 als unerwünschte Person, weil er den Tritt des Holländers de Jong gegen die Brust von Xabi Alonso übersah. Für den FC Bayern ist Webb auch jenseits aller Psycho-Spielchen ein schlechtes Omen: Der Brite hatte das Champions-League-Finale 2010 geleitet, das die Bayern in Madrid gegen Mourinhos Inter Mailand verloren. Mourinho sagte 2010 über Webb: "Ich wäre glücklich, wenn er alle unsere Spiele leiten würde - ein phantastischer Referee."

© SZ vom 16.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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