Real Madrid:Von wegen königlich

Real Madrid v Tottenham Hotspur - Audi Cup 2019 Semi Final

"Ich weiß, dass ich ein Riesenteam habe", beteuert Zinédine Zidane.

(Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images for AUDI)
  • Real Madrid kann auch bei den Auftritten beim Testkick in München nicht verhehlen, dass die Mannschaft Probleme hat.
  • Trainer Zidane ist um Beruhigung bemüht, doch die Kritik an ihm ist schon vor Saisonbeginn enorm.

Von Javier Cáceres

Womöglich leiden sie tatsächlich darunter, dass sie einander nicht mehr haben, Cristiano Ronaldo und Florentino Pérez. Was ja, andererseits, etwas überraschend wäre: Solange Ronaldo bei Real spielte, konnte kein Erfolg und kein Torrekord je vergessen machen, dass er nicht von Klubchef Pérez, sondern von dessen Vorgänger Ramón Calderón verpflichtet worden war. Am Ende, im Sommer 2018, landete Ronaldo bei Juventus Turin.

Zu Beginn dieser Woche gab es nun ein groß inszeniertes Wiedersehen, eine Umarmung als öffentlich zelebriertes Schmachten: Die Zeitung Marca überreichte Cristiano den Ehrenpreis "Leyenda" - und Pérez ließ sich die Gala nicht entgehen. Als sie sich hinter der Bühne sahen, herzten sie einander, als seien sie sich nie gram gewesen, bedachten sich mit Komplimenten ("Siehst dünner aus!" - "Du auch, Präsi!"), und am Ende bedauerte Cristiano auf der Bühne, Real Madrid verlassen zu haben. Pérez wiederum erklärte, er sei "ein Fan" von Ronaldo. Ein Fan? Ernsthaft? Bereut Pérez etwa tatsächlich, dass er Ronaldo 2018 ziehen ließ? Kann schon sein. Andererseits: Was bleibt ihm anderes übrig?

Knapp 20 Tage vor Saisonstart ist die Lage bei Real so düster, dass sich halb Madrid daran erinnert, wie dieser Cristiano 50 Tore pro Saison markierte. Der Subtext des Fanbekenntnisses von Florentino Pérez: Wäre es nach mir gegangen, wäre Ronaldo geblieben. Und alles sähe anders aus.

"Ich weiß, dass ich ein Riesenteam habe", beteuert Zidane

Was zu beweisen wäre. Fakt ist: Am Dienstagabend absolvierte Real in München gegen Tottenham das vierte Testspiel für die neue Saison, und wie die vorangegangen Partien missriet auch diese. Nicht ganz so sehr wie das 3:7 gegen den Stadtrivalen Atlético in New York. Aber wäre Ersatztorwart Keylor Navas nicht in derart bestechender Form, dass nun darüber debattiert wird, ob er nicht verlässlicher sei als 35-Millionen-Kauf Thibaut Courtois, so hätten wohl auch die Spurs einen höheren Sieg bejubeln können als ein 1:0. Trainer Zinédine Zidane übte sich in ersten Durchhalteparolen: "Ich weiß, dass ich ein Riesenteam habe", beteuerte der Franzose, der im März auf die Real-Bank zurückgekehrt war, "wir brauchen nur mal einen Sieg."

Das wäre in der Tat hilfreich, denn es würde die Hitze der Debatten auch um den Trainer selbst abmildern. Die Scharfschützen in Madrid sind längst in Stellung gebracht. Ein Kolumnist der Zeitung Marca zieh Zidane bereits der Orientierungslosigkeit - und warnte, dass "Entscheidungen getroffen werden" müssten, wenn der Franzose nicht bald den Kurs finde. Das Konkurrenzblatt As plärrte: "Reagier endlich, Zidane!" El País wiederum ging unter die Geologen: "Der Vulkan, der Real Madrid einst war, ist bloß noch ein erloschener Hügel - ohne die Lava und das Feuer, das jene Hitze produzierte, die jeden verbrannte, der seinen Kopf in den Krater steckte."

Reals DFB-Nationalspieler Toni Kroos äußerte sich ähnlich wuchtig, zumindest für seine Verhältnisse: "Wir haben noch einiges zu tun, wenn man die bisherigen Spiele sieht", sagte der Mecklenburger im ZDF.

Zidane muss mit Spielern arbeiten, die er nicht will

In Reals Magmakammer toben jedoch Debatten, die eine Konzentration aufs Wesentliche erschweren; sie kreisen allesamt ums Personal. Zidane besteht auf der Verpflichtung des französischen Weltmeisters Paul Pogba (Manchester United), der aber nicht in das Beuteschema von Präsident Pérez passt. Der 120-Millionen-Euro Einkauf Eden Hazard (FC Chelsea), den Zidane ebenfalls gefordert hatte, hat Zidanes Position eher geschwächt: Der Belgier erschien übergewichtig zur Arbeit und hat sein Potenzial bislang nur angedeutet.

Dafür muss Zidane weiter mit zwei Spielern arbeiten, die er bereits wegkomplimentiert hatte: James Rodríguez und Gareth Bale. Beiden blieb die Reise nach München erspart, der Waliser fehlte wegen "Stresssymptomen". Wahrscheinlich sei Bales Lieblingsgolfplatz von Maulwürfen befallen, höhnte As. Wobei Bale, 30, wohl tatsächlich lieber Golf als Fußball spielt.

Unabhängig davon dürfte sich, wenn sich der dürftige Fußball Reals fortsetzt, die Frage stellen, ob Zidane, 47, der richtige Trainer ist. Der Franzose hatte die letzten drei Champions-League-Titel vor Einführung des Videoschiedsrichters geholt und war im Sommer 2018 überraschend zurückgetreten. Im März kehrte er zurück: Präsident Pérez hatte ihn bekniet (und mit Geld überhäuft), weil er selbst mit dem Rücken zur Wand stand. Ronaldos Abschied war nicht zu kompensieren.

Zidanes Nachfolger Julen Lopetegui und Santiago Solari hatten es nicht geschafft, Real zu beleben - und waren als Schutzschilde für den Präsidenten verbrannt. Nicht so Zidane: Er ließ die "Pérez raus!"-Rufe im Bernabéu-Stadion verstummen. Seine dringendste Schuldigkeit hätte Zidane also getan. Kurios daher, dass sich jüngst ein anderer Ex-Angestellter Reals, Trainer José Mourinho, in Erinnerung rief. "Ich vermisse meinen Fußball", sagte er. Und "Mou" wurde, anders als Ronaldo, von Pérez stets bedingungslos bewundert. Und wirklich vermisst.

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