Reaktionen auf Ullrichs Doping-Geständnis:"Ein warmherziger Mann, ein erstaunlicher Athlet"

Das Dopinggeständnis von Jan Ullrich stößt überwiegend auf Kritik. Nur Lance Armstrong sieht das anders: Der US-Amerikaner schwärmt in höchsten Tönen von seinem früheren Kollegen.

Jan Ullrich hat endlich zugegeben, dass er sich während seiner Zeit als Radprofi unter Betreuung des umstrittenen Arztes Eufemiano Fuentes mit seinem eigenen Blut gedopt hat. Den Vorwurf des Betrugs weist er im Interview mit dem Nachrichtenmagazin Focus jedoch weiter zurück. Zur Begründung gibt er an, er habe lediglich für Chancengleichheit gesorgt. Die Reaktionen fallen hart aus. Nur Lance Armstrong twittert Unverständliches:

  • Lance Armstrong, ehemaliger Radprofi, der im Januar ein Dopinggeständnis ablegte: "Jan Ullrich? Ein warmherziger Mann. Ein erstaunlicher Athlet. Ein großer Wettkämpfer. Ich habe es geliebt, mit Dir den Ton anzugeben, mein Freund."
  • Thomas Bach, DOSB-Präsident: "Es ist zu wenig und viel zu spät. Für ein wirklich glaubhaftes Geständnis hätte sich Jan Ullrich schon vor einigen Jahren umfassend erklären müssen. Diese Chance hat er verpasst, und selbst jetzt arbeitet er nach meinem Gefühl noch mit rhetorischen Winkelzügen. Das hilft weder ihm noch dem Radsport weiter."
  • Michael Vesper, Generaldirektor des DOSB: "Er soll endlich aufhören, scheibchenweise vorzugehen, sondern er soll einen Schnitt machen. Es ist doch auch in seinem Interesse, den Schritt so zu gehen wie Lance Armstrong."
  • Rudolf Scharping, Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer: "Mit solch einem Geständnis hätte er sich und dem Radsport vor Jahren einen Gefallen getan. Aber mit dem heutigen Radsport hat das nichts mehr zu tun."
  • Fritz Sörgel, Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Heroldsberg: "Es erscheint unvorstellbar, dass er mit reinem Blutdoping ausgekommen ist. Wenn ein Sportler seinen Körper durch Blutdoping auf eine höhere Stufe bringt, wird fast immer mit Steroiden gearbeitet, um die stärkeren Belastungen aufzufangen. Ullrich gesteht scheibchenweise, dass er bei Fuentes war, ist nur ein Teil der Geschichte."
  • Werner Franke, Molekularbiologe und Anti-Doping-Kämpfer: "Das ist ein neuer Europarekord der Lüge. Er hat ja 2006 oder 2007 in vier Sprachen geschrieben, dass er Herrn Fuentes gar nicht kenne. Er hat damals vor Gericht eine Unterlassung gegen mich erwirkt, die ich erst nach viereinhalb Jahren umdrehen konnte. Er ist nicht nur ein stiller Lügner, sondern er wollte, koste was es wolle, andere sehr aggressiv zum Schweigen bringen."
  • Falk Nier, Berater von Ullrich: "Es ist ein Reifeprozess und ein Verarbeitungsprozess von Jan. So, wie sich in den letzten eineinhalb Jahren die Geschichte des Radsports entwickelt hat, ist nie Ruhe eingekehrt. Jan hat sich das anders vorgestellt. Letztlich muss man jedem zugestehen, ob, wann und wie er das macht. Wir haben uns nicht unter Druck gefühlt, aber festgestellt, dass das öffentliche Interesse an Jan einfach immer noch groß ist. Wir hatten zur 100. Tour de France über 50 Interviewanfragen. Das Gespräch mit dem Focus ist dann letzte Woche bei Jan zu Hause geführt worden."
  • Rolf Aldag, früherer Teamkollege und geständiger Dopingsünder: "Die Überraschung hält sich in Grenzen. Er hat bestätigt, was lange bewiesen ist. Ich bin damals einen anderen Weg gegangen, aber die Überwindung ist für Jan riesig, das kann ich sagen. Aber es ist die richtige Entscheidung. Am Sachverhalt an sich ändert es nichts, wir haben uns alle schuldig gemacht."
  • Auch Jan Ullrich meldete sich nach der Veröffentlichung seines Geständnisses noch einmal zu Wort: "Ich bin überrascht und finde es schade, dass meine Worte wieder für so viel Wirbel sorgen. Gerade jetzt, eine Woche vor der Tour, sollten die deutschen Radfahrer im Mittelpunkt stehen, die in Frankreich um Etappensiege kämpfen wollen", sagte er der Bild am Sonntag: "Im Grunde habe ich nur in anderen Worten das wiederholt, was ich schon vor einem Jahr gesagt habe und wofür ich auch verurteilt worden bin."
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