Reaktionen auf Remis:"Das war nicht Bayern"

Eintracht Frankfurt v Bayern Muenchen - Bundesliga

Die Verwundungen werden häufiger: Die Bayern und Thomas Müller haben jetzt schon seit drei Spielen nicht mehr gewonnen.

(Foto: Lars Baron/Getty)

2:2 trotz Überzahl, schon drei Spiele ohne Sieg: Klubchef Karl-Heinz Rummenigge richtet eine scharfe Mahnrede an die eigene Mannschaft. Und erstmals wird auch Trainer Carlo Ancelotti als Kritiker auffällig.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Als sich die Zuhörerschaft versammelt hatte, schien es Karl-Heinz Rummenigge ein echtes Anliegen zu sein, seine Übellaunigkeit unter Beweis zu stellen. Schon wieder nur Remis, noch dazu gegen ein Team, das lange Zeit in Unterzahl spielte, das passte dem Klubboss des FC Bayern gar nicht. Dringend müsse es besser werden, die Mannschaft müsse aufwachen und wieder eine andere Gangart zeigen.

So war das im November 2012, nach dem Spiel von Rummenigges FC Bayern in Valencia, beim obligatorischen Bankett.

Karl-Heinz Rummenigge ist als durchaus kritischer Klubfunktionär bekannt, er kritisiert gerne die Rolle der Nationalelf, andere Funktionäre oder Vertreter der Konkurrenz. Aber dass sich aus einem seiner Auftritte die Schlagzeile "Rummenigge kritisiert Bayern-Profis" destillieren lässt, ist zuletzt eher selten vorgekommen. Am Samstag aber, nach dem 2:2 seiner Münchner bei Eintracht Frankfurt, drängte es ihn mal wieder zu einem umfangreichen öffentlichen Mahnruf, und Stil und Rötungsgrad des Gesichtes erinnerten da an Uli Hoeneß in besten Tagen.

So sagte Rummenigge also: "Das war nicht akzeptabel, man muss mit einer anderen Einstellung auf den Platz gehen." Oder in memoriam ans Valencia-Vokabular: "Wir müssen schnell eine andere Gangart zeigen. Sonst haben wir ein Problem." Und als inhaltliche Krönung des Ganzen: "Das war nicht Bayern München."

0:1 gegen Atlético Madrid, 1:1 gegen Köln, 2:2 gegen Frankfurt - so lesen sich die jüngsten Münchner Resultate, und das kann den Verantwortlichen vor dem Champions-League-Spiel gegen den PSV Eindhoven (Mittwoch, 20.45 Uhr) gar nicht gefallen. Es ist einerseits zwar branchenübliche Komik, dass im Kontext mit einem Bundesliga-Tabellenführer das Wörtchen "Krise" auftaucht. Aber erstens ist beim FC Bayern grundsätzlich alles anders, und zweitens ist beim FC Bayern jetzt vieles anders als in den vergangenen drei Spielzeiten.

Das Urteil über diese drei Spielzeiten mag recht unterschiedlich ausfallen, weil sich unter Pep Guardiola drei souveräne Meistertitel ebenso konstatieren ließen wie drei mitunter auf eigenwillige Trainer-Entscheidungen zurückzuführende Halbfinal-Niederlagen in der Champion League. Aber fest steht, dass es in diesen drei Jahren keinen dieser öffentlichen Anpfiffe gegeben hat, wie sie durchaus zum gut gepflegten Markenkern gehören. Keiner hat über eine "Uwe-Seeler-Traditionself" gewütet, das Wort "lätschern" bemüht oder englisch-deutsche Kopplungen wie "The trend is your friend, und seit drei Wochen spielen wir schönen Dreck" in die Debatte eingeführt. Und vor allem hat keiner gesagt: "Das ist nicht Bayern München."

Die Klub-Geschichte hat gezeigt, dass nicht immer klar ist, was genau hinter einer öffentlichen Münchner Schelte steckt. Auch diesmal scheint noch nicht klar zu sein, ob die Bosse der Meinung sind, dass so ein Spiel mal vorkommen kann - oder ob sie sich ernsthafte Sorgen machen.

Drei Spielzeiten lang haben sie in München Guardiola erlebt, und so ist es ein Leichtes, sich vorzustellen, wie der Spanier an einem mühevollen Nachmittag wie gegen Frankfurt agiert hätte. Er hätte mit wildem Armgefuchtel seiner Mannschaft Veränderungen aufgezwungen, er hätte seine Spieler am Seitenrand an Kopf oder Schulter gepackt, um ihnen ihren neuen Platz auf dem Feld klarzumachen, und er hätte so lange die Figuren auf dem Feld hin- und hergeschoben, bis er es zur Demonstration seiner Genialität irgendwann mit Jérôme Boateng auf Rechtsaußen oder Philipp Lahm als Mittelstürmer probiert hätte. Wobei: Wahrscheinlich hätte es so ein wild unstrukturiertes Spiel unter Guardiola gar nicht gegeben, es wäre von Beginn an kontrollierter zugegangen.

Carlo Ancelotti hat am Samstag seinen Spielern auch mal deutlich gesagt, wo sie hingehören, den Spieler Thiago hat er mit seinen Tortellini-gestählten Oberarmen so kräftig zurechtgewiesen, wie es Guardiola wohl gar nicht gekonnte hätte. Aber das war nur, als sich nach Husztis mit Gelb-Rot sanktioniertem Kopfstoß-Ansatz gegen Bayerns Sanches eine Rudelbildung erhöhten Grades vollzog und sich der Italiener wie ein Bodybuilder als Schlichter gerierte. Ansonsten ließ Ancelotti in seiner üblichen ruhigen Art ein Spiel gewähren, das ihm nicht gefallen konnte.

Vor allem in der ersten Hälfte nahm es sein Team mit dem Gegner gar nicht richtig auf und hatte dabei Glück, dass nach Arjen Robbens Führungstor (10.) die Frankfurter von ihren vielen Chancen nur die durch Huszti (42.) nutzten. Nach der Pause zeigten sich die Bayern zumindest für eine Viertelstunde verbessert, nutzten aber dafür ihrerseits von fünf guten Gelegenheiten nur eine (Joshua Kimmich, 62.). Und nach Husztis Platzverweis (65.) spielten sie keineswegs sicherer, sondern mussten stattdessen noch einen leicht glücklichen Gegentreffer durch Marco Fabians Brust (82.) hinnehmen. Sehr fahrig und nachlässig war das alles, und wenig kreativ.

An Rummenigges strenger Bewertung gab es hinterher keine Zweifel. Verteidiger Mats Hummels und Offensivkraft Arjen Robben schlossen sich inhaltlich voll an, und Trainer Ancelotti gab mit zwar weicherem Ton und weniger gerötetem Gesicht, aber mindestens so klarem Inhalt seine Kritik zu Protokoll. "Die Einstellung meiner Spieler war falsch", sagte er; er verzeihe zwar ein schlechtes Spiel, schlechte Einstellung aber nicht. Für Eindhoven kündigte er gleich ein paar Wechsel an.

Die Bayern-Fans können sich bis dahin mit der Erinnerung an Rummenigges damaligen Auftritt in Valencia trösten. Auf die Schelte folgte ein 5:0 gegen Hannover und am Saisonende das, was Guardiola nie gelang: das Triple.

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