Reaktionen auf den Beschluss:"Schlechtes Zeichen"

Dagmar Freitag

"Wenn jemand hochbegabt ist, sollte er dieser Begabung mit Freude, Engagement und ohne allzu große Sorgen nachgehen können", sagt Dagmar Freitag (SPD), Vorsitzende des Sportausschusses.

(Foto: Gregor Fischer/dpa)

Die Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag übt scharfe Kritik. Doch es gibt auch andere Stimmen.

Clemens Prokop (Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes): "Ich halte die Entscheidung für problematisch, hier entsteht leicht der Eindruck, dass politische Rücksichtnahmen höher gewichtet worden sind als die Frage der Glaubwürdigkeit des Sports. Faktisch ist die Verantwortung an die Fachverbände delegiert worden, und (...) es ist für mich schwierig nachzuvollziehen, wie bei einer Art des Staatsdopings zwischen involvierten und nicht involvierten Athleten glaubwürdig differenziert werden kann. Für problematisch halte ich den zwingenden Ausschluss von Sportlern, auch nach Ablauf von Doping-Sperren, selbst wenn ihnen ein Unschuldsnachweis gelingen sollte. Dies verstößt gegen die Gleichbehandlung mit Sportlern aus anderen Ländern, da zum Beispiel amerikanische Sportler nach Ablauf der Dopingsperre in Rio starten dürfen."

Alfons Hörmann (Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes): "Damit hat das IOC nun eine zweifelsohne schwierige, harte und in mehrfacher Hinsicht konsequente Entscheidung getroffen: Der erstmalige generelle Ausschluss aller vom Staatsdoping betroffenen Athletinnen und Athleten eines nationalen Teams zeigt, dass die Nulltoleranz-Politik auch künftig weltweit gilt. Wer also systematisch gegen die Regeln verstößt, erhält die rote Karte."

Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag: "Ich halte das für keine gute Entscheidung, weil jetzt mehr unklar als klar ist. Die Verantwortung wird wieder an Dritte abgeschoben, diesmal an die internationalen Fachverbände. Da ist zu befürchten, dass dort nach völlig uneinheitlichen Kriterien entschieden wird. Das kann nicht im Sinne des Sports und der Athletinnen und Athleten sein. Ob politischer Druck oder kommerzielle Interessen den letzten Ausschlag gegeben haben, kann ich nicht sagen, aber das IOC hat sich gegen eine eindeutige Empfehlung der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada ausgesprochen. In Sachen eines glaubwürdigen Anti-Doping-Kampfes ist das das schlechteste Zeichen überhaupt."

Siegfried Kaidel (Präsident des Deutschen Ruder-Verbandes und Sprecher der deutschen Spitzensportverbände): "Ein anderer Weg mit dem Ausschluss wäre sicherlich das stärkere Zeichen im Kampf gegen Doping gewesen. Es wäre sicher auch das bessere Zeichen gewesen, wenn das IOC die Verantwortung übernommen und den Ball nicht an die internationalen Fachverbände weitergegeben hätte. Es bleibt angesichts der Vorwürfe von Staatsdoping auch die Frage, ob russische Athleten wirklich sauber oder eben nur nicht überführt worden sind.."

Thomas Weikert (Präsident des Tischtennis-Weltverbandes): "Das IOC hat eine von mir erwartete Entscheidung getroffen. Ich hätte mir aber gewünscht, dass das IOC selbst in dieser Frage mehr Verantwortung übernommen hätte."

Richard Pound, ehemaliger Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada.

"Das IOC hatte eine riesige Chance gehabt, ein Statement abzugeben. Die wurde vergeudet. Das IOC predigt null Toleranz gegenüber Doping - außer es geht um Russland. Es ist unwahrscheinlich, dass die Weltverbände russische Athleten ausschließen werden".

Fritz Sörgel, Doping-Experte: "Ein widerliches, abgekartetes Spiel. Allein die Tatsache, dass die russischen Sportfunktionäre mit der Entscheidung zufrieden sind, ist doch ein starkes Zeichen dafür, dass gemauschelt wurde. Es glaubt doch wohl niemand, dass das IOC das nicht im Vorfeld mit den Verbänden abgesprochen hat. Das IOC hätte endlich ein Exempel statuieren können, aber das war doch nie ernsthaft vorgesehen. Das IOC, besonders Präsident Bach, hat komplett versagt."

Stellungnahme der deutschen Anti-Doping-Agentur: "Die Nada hat sich ein klares Signal für sauberen Sport gewünscht, das ausblieb. Die Entscheidung schwächt das Anti-Doping-System."

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