Reaktionen auf das Guerrero-Urteil:"Vielleicht muss man lieber aussehen"

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Dem HSV-Stürmer Paolo Guerrero steht eine lange Auszeit bevor: Das Sportgericht des DFB sperrt den Peruaner wegen seines üblen Tritts gegen den Stuttgarter Torwart Sven Ulreich für sieben Wochen, wodurch er acht Bundesliga-Partien verpasst. Der HSV verzichtet trotz unterschiedlicher Auffassungen im Klub auf einen Einspruch.

Paolo Guerrero steht eine Zeit der Besinnung bevor. Nach seinem schlimmen Foul gegen Stuttgarts Torhüter Sven Ulreich darf der Hamburger Stürmer frühestens Ende April wieder in der Bundesliga auflaufen. So will es das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nach seiner Roten Karte am vergangenen Samstag. Das Urteil fällt damit wie erwartet hart aus: Es ist die drittlängste Sperre in der Geschichte der Bundesliga.

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Und dabei hatte Guerrero noch Glück, dass Klub-Idol Uwe Seeler nach seiner großartigen Karriere nicht Sportrichter beim DFB geworden ist. "Ich halte acht Spiele Sperre für absolut gerechtfertigt. Denn das Foul war brutal, kein klassischer Kurzschluss", sagte Seeler mit großer Erregung, die verriet, dass er auch eine deutlich längere Sperre für angemessen gehalten hätte: "Er ist ja auch kein junger Bengel mehr. Gut dass er sich wenigstens bei Ulreich entschuldigt hat."

Zwei Tage nach seinem Ausraster besorgte sich Guerrero Ulreichs Handynummer, um persönlich bei dem Keeper um Verzeihung zu bitten. Doch auch diese Geste konnte das Sportgericht nicht mehr beeindrucken und bestätigte am Dienstag den Antrag des Kontrollausschusses, den der HSV noch einen Tag zuvor abgelehnt hatte. "Das Foul war ohne Zweifel eine Rote Karte, die unbedingt eine Strafe nach sich ziehen muss. Es wird auch eine Strafe vom Verein geben", sagte Klub-Chef Carl-Edgar Jarchow, "aber die Strafe von acht Spielen ist unverhältnsmäßig hoch im Vergleich mit ähnlichen Fällen."

Ähnlich sah dies auch HSV-Trainer Thorsten Fink: "Ich bin der Auffassung, dass vier bis sechs Wochen das richtige Strafmaß gewesen wäre", sagte der 44-Jährige. "Für mich war die Aktion rohes Spiel und keine Tätlichkeit." Fink sagte auch: "Ich habe den Eindruck, der DFB wollte ein Exempel statuieren, vielleicht muss man lieber aussehen, um eine geringere Strafe zu bekommen."

Der Tabellen-13. der Bundesliga hätte binnen 24 Stunden Einspruch gegen das Urteil einlegen können, was eine mündliche Verhandlung vor dem DFB-Sportgericht zur Folge gehhabt hätte - doch dazu kam es letztlich nicht, die Hanseaten akreptierten das Urteil. Damit steht Guerrero dem Klub erst am 33. Spieltag gegen den FSV Mainz 05 wieder zur Verfügung.

"Wir haben mit Paolo gesprochen und wir werden ihn angemessen bestrafen", sagte Fink, "aber er wird bei uns weiter Führungsspieler sein. Seit ich hier bin hat er sich immer vorbildlich verhalten." Nie habe es einen Gedanken gegeben, sich im Sommer vorzeitig von Guererro zu trennen, sagte Fink.

Sportdirektor Frank Arnesen berichtete, dass die geforderte Sperre bei dem 28-Jährigen Fassungslosigkeit ausgelöst hatte. "Für ihn ist das quasi das Saisonende und für uns sportlich ganz klar eine Schwächung", sagte Arnesen, der die Strafe wie Jarchow als unverhältnismäßig empfindet.

"Ich verzeihe dieses Foulspiel nicht, aber wenn ich es mit anderen Fouls vergleiche, hätte ich nie erwartet, dass es zu einer so harten Strafe kommt", sagte der Däne und verwies auf ein Foul von Andreas Ottl gegen den Stuttgarter Tamas Hajnal am 21. Spieltag. Der Mittelfeldspieler von Hertha BSC Berlin war nach seiner Attacke "nur" für drei Spiele gesperrt worden.

"Der Unterschied im Strafmaß ist nicht zu erklären", sagte Arnesen. Mit Uli Stein wurde erst ein HSV-Spieler jemals länger gesperrt als Guerrero. Der Torwart hatte im Supercup-Finale 1987 Bayern-Stürmer Jürgen "Kobra" Wegmann mit einem Faustschlag niedergestreckt und wurde für zehn Wochen gesperrt. Einsamer Spitzenreiter der Gesperrten" nach Platzverweisen ist übrigens der ehemalige Dortmunder Friedhelm "Timo" Konietzka, der Schütze des ersten Bundesliga-Tores 1963. Konietzka wurde 1966 nach einer Attacke gegen den Schiedsrichter für volle sechs Monate aus dem Verkehr gezogen.

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