RB Leipzig:Wo die wilden Kerle wohnten

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Liegt nach der Niederlage gegen die TSG Hoffenheim enttäuscht am Boden: Leipzigs Timo Werner. (Foto: Karina Hessland/imago)

RB Leipzig eroberte die Liga mit Gebrüll, doch die zweite Erstliga-Saison droht ohne Champions-League-Qualifikation zu enden. Der Verein muss nun die eigene Rolle überdenken.

Kommentar von Sebastian Fischer

Es wird in diesem Sommer zwei Jahre her sein, dass in Leipzig so viele Menschen vor Freude so laut schrien, dass ihr Ruf durch den ganzen Osten des Landes zu hallen schien. Jahrelang hatte sich die Region großen Fußball gewünscht, und dann schlug RB als reichster Aufsteiger der Bundesliga-Geschichte gleich im ersten Heimspiel Borussia Dortmund mit 1:0. Das Tor fiel spät, Flutlicht schien, es war die perfekte Dramaturgie. Der 21. April lieferte nun wiederum die perfekte Dramaturgie, die Überhöhung des Leipziger Fußballprojekts zu relativieren. Einer der bedeutendsten DDR-Fußballklubs, der 1. FC Magdeburg, ist als Drittliga-Aufsteiger in den Profifußball zurückgekehrt. Der Osten ist nicht mehr die darbende Fußballlandschaft, die er vor Jahren mal war. Und RB ist womöglich vorerst nicht mehr der bundesdeutsche Spitzenklub, der er zu werden versprach.

Leipzig sah beim 2:5 gegen Hoffenheim phasenweise nicht mal wie ein ambitionierter Bundesligist aus, verteidigte teilnahmslos und belegt nur noch den Europapokalplatz sechs. Die Champions-League-Qualifikation, das in dieser Woche erneut erklärte Ziel, rückt in die Ferne. Und die Leipziger Spielweise, in der Saison 2016/2017 noch stets mitreißend und prädestiniert für die Rolle des aufmüpfigen Herausforderers, ist derzeit kaum noch als solche definierbar.

Die RB-Spielweise ist inzwischen nichts Besonderes mehr

"Das war kein RB-Fußball", hat Trainer Ralph Hasenhüttl schon nach dem 1:1 in Bremen am 30. Spieltag gesagt. "Wir waren letztes Jahr die Mannschaft, die am wenigsten Chancen und Schüsse aufs eigene Tor zugelassen hat. Da sind wir im Moment sehr weit davon entfernt", sagte Sportdirektor Ralf Rangnick. Damals gegen Dortmund sah RB-Fußball wild aus: wenig Ballbesitz, dem Gegner die Luft raubendes Pressing, rasante Konter. Es ist die Spielweise, die Rangnick in Deutschland mit etablierte und die nun in unterschiedlicher Ausprägung fast die ganze Liga mehr oder weniger kopiert.

Doch so wie Leipzig diesen Fußball derzeit interpretiert, ohne die volle Überzeugung, ist es in Deutschland nichts Besonderes mehr. Das riesige Red-Bull-Budget, das Leipzig zur Verfügung steht, definiert allerdings die Rolle von RB als einen jener besonderen Klubs, die das riesige Loch zwischen Serienmeister FC Bayern und dem großen Rest verkleinern könnte. Und die Fußballeuphorie in der Stadt lebt von dieser Prämisse, wie die sinkenden Zuschauerzahlen im Europapokal im Frühjahr bewiesen.

Sollte Leipzig die Champions League verpassen oder gar noch die Qualifikation zur Europa League verspielen, gibt es zwei Möglichkeiten, um den Freudenschrei aus dem Sommer 2016 nicht vorzeitig verhallen zu lassen. Die Leipziger könnten lernen, sich für eher gewöhnlichen Bundesligafußball zu begeistern. Oder, wenn sie wieder ungewöhnlich sein wollen, müssen sie sich noch mal überlegen, was sie als RB-like definieren. Offenbar wird aller Beteuerungen des Gegenteils zum Trotz die Zukunft der Zusammenarbeit mit Trainer Hasenhüttl hinterfragt. Und vielleicht muss Rangnick, der Architekt des Projekts, ein paar seiner Überzeugungen überdenken. Mal einen erfahrenen Spieler mit ausgeprägter Defensivmentalität zu verpflichten, anstatt das nächste Talent mit Sprinterfähigkeiten, wäre zwar nicht RB-like. Am Samstag hätte es aber wahrscheinlich geholfen.

© SZ vom 22.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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