RB Leipzig vor Pokalspiel gegen Augsburg:Leisere Töne im Bullenstall

Hallescher FC v RB Leipzig - 3. Liga Opening Game

Leipzigs Daniel Frahn: Freut sich auf mehr Stimmung in der Dritten Liga

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Mit dem DFB-Pokal hat RB Leipzig beste Erfahrungen gemacht, 2011 warf der Klub Wolfsburg mit 3:2 aus dem Wettbewerb. Vor dem Spiel gegen Augsburg hält sich der Verein mit großen Versprechen zurück, obwohl der Drittligist dank Ralf Rangnick und seinen Kontakten zum VfB Stuttgart stark aufgestellt ist.

Von Saskia Aleythe

Natürlich macht ihn das immer noch stolz. Daniel Frahn lächelt, als er von seinem Ritual erzählt, das es ohne sein Talent gar nicht gäbe. Er sei ein "kleiner Youtube-Freak" sagt der beste Torjäger von RB Leipzig, er ziehe sich gerne Videos von seinen eigenen Toren rein, "jede Woche mindestens einmal." Frahn lacht auf, er weiß, dass das eitel klingt. Drei Tore sind ihm besonders lieb, die schoss er im Juli 2011 gegen den VfL Wolfsburg. 3:2 für RB Leipzig aus der Regionalliga, der Bundesligist war blamiert. "Das war damals das größte Spiel meiner bisherigen Karriere", sagt der 26-Jährige.

Dass sich 2013 nicht der nächste Bundesligist gegen RB Leipzig blamiert, liegt in der Verantwortung des FC Augsburg, der Freitagabend zum Auftakt des DFB-Pokals gegen die Sachsen antritt. 2011 schaffte es das Team gegen Leipzig nach dem Wolfsburgspiel mit einem eher glücklichen 1:0. Doch es hat sich viel verändert seitdem. In Leipzig, der Mannschaft dort und im Verein.

Rangnick lotst Talente nach Leipzig

Der vom Getränkehersteller Red Bull erschaffene und großzügig bedachte Klub spielt mittlerweile seine erste Saison in der Dritten Liga. 1,52 Millionen Euro investierte die gesamte Liga nach bisherigem Stand in ihre Zugänge, RB Leipzig allein 1,38 Millionen Euro. Noch nie hat sich ein Verein in der Dritten Liga neue Fußballer mehr kosten lassen. Acht Spieler wurden aussortiert, sieben sind dazugekommen - vor allem junge Fußballer mit Perspektive. Die Verpflichtung von U18-Nationalspieler Joshua Kimmich gilt in Branchenkreisen als Toptransfer, der defensive Mittelfeldspieler als eines der begehrtesten Nachwuchstalente Deutschlands.

Die Personalie Kimmich ist ein Indiz dafür, wie clever in letzter Zeit von RB-Verantwortlichen geplant wurde. Dabei hängt vieles an einer Person: an Ralf Rangnick und seinen Kontakte zum VfB Stuttgart.

Im Sommer 2012 übernahm Rangnick das Amt des Sportdirektors in Leipzig, kaum sechs Monate später hatte er die ersten hochrangigen Verbündeten in die Stadt gelotst. Frieder Schrof und Thomas Albeck, beide Ende 50, bildeten 13 Jahre lang den Kopf der Jugendabteilung in Stuttgart. Spieler wie Sami Khedira oder Mario Gomez wuchsen bei Schrof heran. Keine schlechte Besetzung also für die RB-Nachwuchsakademie. Schnell sollten Schrof und Albeck außerdem einen ihrer Schützlinge aus Stuttgarter Zeiten für Leipzig begeistert haben: Joshua Kimmich.

Außenseiterrollen statt Wolfsfallen

So ist es vor allem der Kader der Leipziger, der die Liga beeindruckt. 15 der 20 Trainer erklärten RB in einer Umfrage zum Aufstiegsfavoriten. Alexander Zorniger, der als Einziger in der RB-Geschichte schon länger als ein Jahr das Traineramt innehat, hält sich mit einer Prognose lieber zurück. So schnell wie möglich in der Dritten Liga anzukommen, das ist sein Ziel. Klare Platzierungen gibt es von ihm nicht zu hören. Den Auftakt gegen Halle entschied Leipzig mit 1:0 für sich, gegen Aufstiegskandidat Preußen Münster klappte es nach 2:0-Führung immerhin noch mit einem Remis.

Vor dem Pokalspiel gegen Augsburg klingt Zorniger zurückgenommen. "Wir gehen mit der Selbstsicherheit eines Teams in die Partie, das seit über einem Jahr kein Pflichtspiel verloren hat", sagt er, "aber auch mit der Demut einer Mannschaft, die zwei Klassen unter dem Gegner spielt."

Es ist ein bisschen leiser geworden in Leipzig, große Ankündigungen oder Versprechen für die Zukunft sind seltener zu vernehmen als noch vor zwei Jahren. Die Marketingstrategie damals: extrem aggressiv. Mitarbeiter legten vor der Partie gegen Wolfsburg ungefährliche "Wolfsfallen" in der Leipziger Innenstadt aus, vor dem Spiel gegen Augsburg wurden "Offizielle Augsburger Pokalschlappen" verteilt. Natürlich wirft der Verein auch 2013 wieder die Vermarktungsmaschine an, allerdings wesentlich zurückhaltender: Verteilt werden diesmal gebackene "Außenseiterrollen" in RB-Farben und "Favoritenrollen" in Augsburg-Farben. Ob die in Augsburg aufgestellten "Pokalhürden" wirklich nötig gewesen wären, ist fraglich. Das feine Austarieren fällt den Leipzigern dann doch noch schwer.

Mateschitz denkt an RB in 500 Jahren

Kaum ein Verein ist in Fankreisen anderer Klubs so verhasst wie der Sponsorenschatz RB. Mit dem Aufstieg wird der Gegenwind vermutlich noch stärker werden. "Einen Spieler von uns haut es nicht mehr aus den Schuhen, wenn ihm noch so derbe Kommentare entgegengeworfen werden", sagt Zorniger. Die Kritik an RB empfindet er als scheinheilig: "Auch bei den Traditionsvereinen wird niemand mit ehemaligen Meisterwimpeln bezahlt. Das wissen auch alle."

Wenn von RB die Rede ist, schwirrt das Wort "Tradition" immer mit im Raum. Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz warf den Kritikern dazu kürzlich einen Satz entgegen, der noch in so mancher Diskussionsrunde aufgegriffen werden wird: "Der einzige Unterschied zwischen dem FC Barcelona, Bayern München und RB Leipzig ist in 500 Jahren der, dass diese Klubs 600 Jahre alt sind und wir 500 Jahre."

Dass auch die gewachsene Fanszene in Leipzig nicht alles akzeptiert, was der Verein vorgibt, musste RB zu Beginn der Saison erleben. Mit dem Aufstieg in die Dritte Liga sollten die Dauerkartenpreise deutlich erhöht werden. In der günstigsten Kategorie um ein Drittel, Ermäßigungen sollten wegfallen. Nach Rebellion und Protest der Anhänger lenkte der Klub ein und gewährte weiterhin günstigere Preise im Fanblock sowie Ermäßigungen.

2600 Dauerkarten hat RB verkauft, zum Spiel gegen Augsburg werden annähernd 30.000 Menschen im Leipziger Zentralstadion erwartet. "Die Vorfreude ist groß", sagt Frahn, der vor allem der Masse an Zuschauern entgegenfiebert, die im Ligaalltag noch ein Wunschtraum ist. In den ersten beiden Saisonspielen erfüllte Frahn seinen Job und machte Tore für RB. "Ist natürlich schwer, die Serie zu halten", sagt er. Sollte es gegen Augsburg klappen, hätte er auf jeden Fall ein Video mehr zur Auswahl.

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