Leipzigs 2:3 gegen Salzburg:Ein firmeninternes Córdoba

RB Leipzig gegen RB Salzburg: Jubel nach dem Abpfiff

Jubelnde Salzburger, fassungslose Leipziger nach dem Schlusspfiff.

(Foto: dpa)
  • RB Leipzig verliert in der Europa League gegen RB Salzburg mit 2:3 - vor allem die erste Halbzeit lässt Trainer Ralf Rangnick zürnen.
  • Gerade mal 24 011 Zuschauer wollen das Spiel sehen, und viele von ihnen pfeifen noch in der ersten Hälfte.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Ralf Rangnick war restlos bedient. Und der Trainer von RB Leipzig machte nicht die geringsten Anstalten, das zu verbergen. "Wir sind extrem enttäuscht", sagte der 60-jährige Coach, und jeder im Pressesaal des Leipziger Stadions wusste, dass er damit gehörig untertrieb.

Es war ja nicht nur so, dass seine Mannschaft zum Europa-League-Auftakt gegen RB Salzburg ein firmeninternes Córdoba erlebt hatte, eine 2:3-Niederlage wie die deutsche Nationalelf bei der WM 1978 gegen Österreich in der argentinischen Provinz. Was Rangnick besonders verärgerte, war, dass seine Mannschaft in der ersten Halbzeit überhaupt keine Haltung zum Spiel gefunden hatte. "Der Auftritt ging gar nicht", wetterte Rangnick. "So kannst du nicht in das Spiel gehen." Seine Mannschaft habe phasenweise eine "unterirdische Leistung" geboten. "Da kann man sich bei den Zuschauern nur entschuldigen", sagte der brodelnde Coach.

Zur Halbzeit hatte RB Salzburg (das in der Europa League unter dem Decknamen FC Salzburg firmieren muss) mit 2:0 geführt, und die Leipziger konnten froh sein, dass sich der Rückstand nach den Toren von Munas Dabbur (20.) und dem voraussichtlich im Winter von RB zu RB (also von Salzburg nach Leipzig) wechselnden Amadou Haidara (22.) in so engen Grenzen hielt.

Die Performance der Leipziger war derart schlecht, dass sie auch keine mildernden Umstände erklären konnten: Der Mannschaft war anzumerken, dass sie im Vergleich zum Bundesligaspiel gegen Hannover 96 auf sieben Positionen verändert worden war. Zum Teil lag das an Verletzungen von Stammspielern wie Timo Werner, Lukas Klostermann oder Marcelo Saracchi. Dass einige Spieler auf Positionen unterwegs waren, für die sie nicht geschaffen sind, tat ein Übriges. Stefan Ilsanker etwa fand sich auf der sensiblen Position des Sechsers vor der Abwehr nie zurecht.

Ins Stadion verliefen sich gerade mal 24 011 Zuschauer

Rangnick war derart angefressen, dass er in der ersten Halbzeit auf Coaching weitgehend verzichtete und unter dem Dach der Reservebank Schutz suchte. "Ich übernehme gerne die Verantwortung", sagte er, "aber in so einer Situation ist es schwierig, sich vor die Mannschaft zu stellen". Auf zu vielen Positionen seien "Totalausfälle" zu beobachten gewesen. Zur Halbzeit griff Rangnick daher zu einer ungewöhnlichen Maßnahme. Er wechselte auf einen Schlag drei Spieler aus. Yussuf Poulsen kam für Augustin, Halstenberg für Mukiele, Diego Demme für Bruma.

Das reichte nur deshalb zum Ausgleich, weil Salzburg die Leipziger mit einem katastrophalen Fehler von Kapitän Ulmer zum Ausgleich einlud; es traf Konrad Laimer (70.). Nachdem Yussuf Poulsen (82.) auch noch den für unmöglich gehaltenen Ausgleich erzielt hatte, traf der eingewechselte Fredrik Gulbrandsen (89.) doch noch zum Salzburger Sieg. "Coole Sache", fand Marco Rose, Trainer der Österreicher. Rangnick dagegen rang um Fassung: "Einige Spieler haben sich nicht vorstellen können, dass uns aus Österreich so ein Gegner erwartet", sagte er und attestierte Salzburg völlig zu Recht Champions-League-Format: "Man kann das gar nicht glauben, dass die gegen Roter Stern Belgrad in der Qualifikation ausgeschieden sind."

Jenseits davon aber sind atmosphärische Störungen im Leipziger Gebilde unübersehbar. Ins Stadion verliefen sich gerade mal 24 011 Zuschauer, die noch in der ersten Halbzeit zu einem massiven Pfeifkonzert ansetzten; als Maßstab gilt ihnen offenkundig noch immer die spektakuläre Bundesligadebüt-Saison 2016/17. Leipzig wurde damals als Aufsteiger Bundesligazweiter.

Eines immerhin war deutlich erkennbar: Die medialen Debatten rund um die im juristischen Sinne getrennten, ansonsten aber unauflöslich verflochtenen Klubs aus Leipzig und Salzburg hatten keinen Effekt auf die sportliche Rivalität. Man schenkte sich nichts. Auch die Salzburger Fans sind auf den großen Bruder nicht gut zu sprechen. Ralf Rangnick, der drei Jahre lang in Salzburg als Sportdirektor gewirkt hatte und danach immer wieder Spieler nach Leipzig geholt hat, wurde persönlich mit deftigen Worten beschimpft. Die Ausbeutung des Salzburger Steinbruchs durch Rangnick und die Leipziger quittierten die österreichischen Fans hingegen mit einigem Sinn für Humor: "Ohne Salzburg wärt ihr gar nicht hier", sangen sie, als sie den Sieg sicher wähnten, den sie schließlich in Richtung Alpen trugen.

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