RB Leipzig:"Wir werden uns nicht zu Konsumenten machen lassen"

Fans von RB Leipzig protestieren beim Bundesliga-Spiel gegen Eintracht Frankfurt

Plötzlich eine Opposition in Leipzig? Hinter diesem Banner haben sich 24 Fanclubs des Champions-League-Kandidaten versammelt.

(Foto: Jan Woitas/dpa)
  • Beim Spiel gegen Frankfurt protestieren die Fans von RB Leipzig gegen den eigenen Verein.
  • Sie stören sich vor allem am Aus eines beliebten Fan-Vertreters.
  • Trainer Ralf Rangnick spricht dennoch von einer guten Stimmung.

Von Saskia Aleythe, Leipzig

Die Fahnen hatten sie zu Hause gelassen. Auch Fanclub-Banner waren nicht zu finden auf der Tribüne von RB Leipzig, direkt hinter dem Tor Richtung Festwiese. Nur ganz unten ein riesiger Schriftzug, der die Stimmung dieser Tage zusammenfassen sollte, er prangte da, weit ausgebreitet, schon lange vor dem Anpfiff gegen Eintracht Frankfurt und dann auch das ganze Spiel über: "Wer viel verspricht, vergisst auch viel", stand dort geschrieben, "wir müssen reden - Dialog jetzt!" Es war eine drängende Botschaft einer Anhängerschaft, die sich nicht mehr so brav geben möchte wie bisher.

Samstagnachmittag in der Leipziger Arena, die Sonne hatte das Thermometer über zehn Grad gedrückt, doch Frühlingsgefühle wollten nicht aufkommen. Auf der einen Seite die Kurve, die ihren Unmut mit der Vereinsführung ausdrückte, auf dem Rasen die Mannschaft, die trotz guter Gelegenheiten den Ball nicht ins Ziel befördern konnte. Am Ende stand ein 0:0.

"Ich bin heute mit der Leistung sehr zufrieden, aber nicht mit dem Ergebnis", sagte Trainer und Sportdirektor Ralf Rangnick. Neben ihm saß Frankfurts Adi Hütter, der einst unter Rangnick bei RB Salzburg gearbeitet hatte, und lächelte erleichtert in sich hinein. Er könne mit dem einen Punkt "sehr, sehr gut" leben, sagte Hütter, und auch: "Für mich ist Leipzig eine Champions-League-Mannschaft." Eine Aussage, die zugleich den ganzen Schmerz bei RB zusammenfasste über ein Spiel, das die Gastgeber angesichts ihrer Möglichkeiten hätte gewinnen müssen. Immerhin: Die Champions-League-Mannschaft verbleibt auf Champions-League-Platz vier, fünf Punkte vor Frankfurt.

Das gefürchtete Frankfurter Trio kommt nicht zur Entfaltung

"Es war die ganze Zeit nur Stress, nur Druck, nur Pressing oder Unterbrechungen wegen eines Fouls", sagte Frankfurts Danny da Costa, womit er die erste Halbzeit gut zusammenfasste. Beide Mannschaften verteidigten konzentriert und klauten sich die Bälle, in der Offensive ging wenig. Die Leipziger mussten sich durch die fehlenden Abwehr-Größen Dayot Upamecano (verletzt) und Ibrahima Konaté (gesperrt) etwas einfallen lassen. Die Dreierkette aus Willi Orban, Stefan Ilsanker und Nordi Mukiele löste ihre Aufgabe gut. Das bundesweit gefürchtete Frankfurter Angriffstrio Ante Rebic, Luka Jovic und Sebastian Haller kam kaum zur Entfaltung.

Weshalb Trainer Hütter über die eigene Mannschaft ein strenges Urteil fällte: "Die Leistung hat mir von unserer Seite heute überhaupt nicht gefallen, weil wir uns überhaupt nicht durchsetzen konnten."

Das wurde in der zweiten Halbzeit noch klarer, nur einen Torschuss der Gäste ließen die Leipziger da zu, bei neun eigenen Abschlüssen. Der gefährlichste kam in der 61. Minute: Nach einer Ecke lenkte Orban den Ball per Hacke Richtung Tor, doch Frankfurts Kapitän Gelson Fernandes köpfte den Ball von der Linie. Auch ein Kopfball von Timo Werner segelte knapp vorbei, wenig später traf Marcel Sabitzer per Fernschuss den Pfosten. "Entweder stand der Pfosten im Weg oder ein Gegenspieler auf der Torlinie", sagte Rangnick, "es ist nicht so, dass wir fahrlässig mit den Chancen umgegangen sind."

Trotzdem wäre viel mehr drin gewesen, da waren sich die Leipziger einig - auch auf den Rängen. Anfang der Woche hatten 24 Fanclubs sowie der Fanverband einen offenen Brief an den Klub geschickt, nachdem sich der Frust über Stadionverbote, nicht-genehmigte Transparente und vor allem den Umgang mit dem leitenden Fanbeauftragten Timm Merten aufgestaut hatte. Erst vor fünf Monaten hatte Merten seinen Job in Leipzig angetreten und war schnell angesehen unter den Anhängern, nun hat er seine Stelle aufgegeben. Offenbar, weil er eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Klub nicht gegeben sah.

"Versteht, dass ein Fanbetreuer am Verein auch mal Kritik üben darf und muss, wenn er ein Anliegen der Fans nicht richtig umgesetzt sieht", heißt es in dem Brief, die Fans fühlten sich darüber hinaus vom Verein nicht mehr ernst genommen und respektiert. "Wir werden uns ganz sicher nicht zu den meinungslosen und stromlinienförmigen Konsumenten machen lassen, als die uns andere Fanszenen gern verrufen." Am Montag soll es ein Krisentreffen zwischen Geschäftsführer Oliver Mintzlaff und Fanclub-Vertretern geben.

Wie er die Botschaft aus der Kurve aufgenommen habe, wurde Rangnick nach der Partie gefragt und reagierte ausweichend. "Ich finde, dass die Stimmung während des Spiels so wie immer war, großartig", antwortete er, die Zuschauer haben dann ja auch gejubelt und gesungen, "das ist das, was für uns wichtig ist, für die Mannschaft und den Trainerstab".

Mit 38 000 Zuschauern war die Arena schon wieder deutlich voller als am Mittwoch im DFB-Pokal. Gegen Wolfsburg hatten sich gerade mal 21 000 den erstmaligen Einzug ins Viertelfinale angeschaut. Erfolge auf dem Rasen allein aber machen noch keine glücklichen Fans, das gilt jetzt auch in Leipzig.

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