RB Leipzig:Österreicher des Monats

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Und hier ein Beitrag zur Auswahl des „Tor des Monats“: Marcel Sabitzer gelingt der Siegtreffer im Spiel gegen St. Petersburg. (Foto: Roger Petzsche/imago)

Marcel Sabitzer und Konrad Laimer prägende das Spiel gegen St. Petersburg. Timo Werner wird zur Pause ersetzt.

Von Saskia Aleythe, Leipzig

Ein paar Mal würde sich Julian Nagelsmann den Treffer von Marcel Sabitzer schon noch anschauen. Er sei schließlich "Tor-des-Monats-verdächtig oder vielleicht noch mehr", sagte der Leipziger Trainer, nachdem Sabitzer den 2:1-Siegtreffer gegen Zenit Sankt Petersburg auf so artistische Art erzielt hatte, dass das Tor schon ein paar Minuten nach dem Schlusspfiff auf einschlägigen Videoportalen unter dem Stichwort "Traumtor" zu finden war. Wie er den Ball per Außenrist aus 15 Metern von der rechten Seite in den linken Winkel drehte, entlockte Nagelsmann eine Jubelgeste, die aus Jugendschutzgründen auf einschlägigen Videoportalen unter einer anderen Rubrik zu finden wäre. Klar war jedenfalls: An Sabitzers Treffer werden sich nach diesem Champions-League-Abend Ende Oktober noch einige erinnern.

"Das Ding war richtig geil. Das versuche ich immer mal wieder im Training. Davon träumst du, dass der im Spiel dann so reingeht", sagte Sabitzer später, den Trick mit den Flugkurven hat er ja wirklich raus: Gegen Werder Bremen zirkelte er unlängst einen Freistoß per Bogen ins Eck; gegen den FC Bayern prüfte er Manuel Neuer mit einem fiesen Flatterball. Sein Schuss in der Champions League war noch einen Tick schwerer, aber vor allem war er alles andere als ein Zufallsprodukt.

Überhaupt konnte man nach diesem Abend sagen: Es waren die Österreicher, die in Leipzig aus den ersten trüben Herbsttagen wieder ein Stimmungshoch zauberten; nach zuletzt vier sieglosen Spielen erfreuten sie RB-treue Beobachter, so wie erste gebastelte Kastanienmännchen Kinderherzen entzücken können. Neben dem 25-jährigen Sabitzer war da zum Beispiel noch Konrad Laimer, 22, der nicht nur das 1:1 markierte. Seinen Fernschuss in der ersten Minute konnte Zenits Torwart Mikhail Kerzhakov nur mit Mühe an die Latte lenken, aber Laimer ist ja vor allem im Spiel gegen den Ball wertvoll. "Im Gegenpressing ist er immer da", sagte Kollege Willi Orban, "er ist eine Maschine. Auch als Persönlichkeit wird er reifer, übernimmt mehr Verantwortung." Schon mit zehn Jahren kam Laimer an die Fußball-Akademie in Salzburg, 2017 wechselte er nach Leipzig - und feierte nun seinen ersten Champions-League-Treffer. Mit zwei Siegen aus drei Spielen ist Leipzig Tabellenführer der Gruppe G, Nagelsmann notierte sich einen "hochverdienten Sieg", nachdem er zuletzt noch "schlampigen Fußball" in der Bundesliga gegen Wolfsburg beklagt hatte. Dieses 2:1 könnte für die Leipziger tatsächlich von höherem Wert sein, nicht nur, weil sie nun aufs Achtelfinale zusteuern.

Zum ersten Mal unter Nagelsmann haben die Leipziger ein Spiel nach einem Rückstand zu einem Sieg umgebogen; so etwas lässt sich im Bewusstsein gut unter "Erfolgsmoment" abspeichern, falls mal wieder beherzte Aktionen gefragt sind. "Wir haben Charakter gezeigt in der zweiten Halbzeit", fand Torwart Peter Gulacsi, der nach 25 Minuten nach einem ansehnlichen Fernschuss von Jaroslaw Rakizki hinter sich greifen musste. "Manchmal ist Fußball ungerecht, der Gegner macht mit seiner ersten Chance das Tor", sagte Nagelsmann. Tatsächlich tummelten sich die Russen in der ersten Halbzeit teilweise mit acht Mann im eigenen Strafraum plus Torwart. Nagelsmann reagierte auf die mauernden Gäste und den Rückstand mit einer Umstellung der Angriffsformation - und der Auswechselung von Timo Werner.

"Werner spielt immer" ist in Leipzig kein Gesetz, der Trainer wechselt ohnehin viel durch: Auch unter den anderen Klubgrößen Emil Forsberg, Yussuf Poulsen und Kevin Kampl verteilt er die Einsatzzeiten, Konkurrenzkampf ist in Leipzig gelebtes Prinzip. Und mit Werner war Nagelsmann unzufrieden. "Ich hatte das Gefühl, dass Mola ein bisschen besser im Spiel war von den beiden Spitzen", sagte Nagelsmann mit Verweis auf Werners Sturmpartner Ademola Lookman; und weil er in der zweiten Halbzeit mehr Flanken sehen wollte, "brauchte ich einen kopfballstarken Stürmer" als Abnehmer. Den sah er in Werner offenbar nicht, sondern in Matheus Cunha, der für ihn auf den Rasen kam.

"Das ist kein großes Drama, weder für Timo noch für die Zukunft", meinte Nagelsmann, "heute durften andere mal treffen." Cunha war es allerdings nicht, ihm versagten vor dem Schlusspfiff zweimal frei vor dem Tor die Nerven.

Die Idee von der Fünferkette in der Mitte zahlte sich trotzdem aus: Sowohl Laimer (49.) als auch Sabitzer (59.) waren durch breiteres Flügelspiel und Seitenverlagerungen erfolgreich. "Genau über die Räume, die wir vorher angesprochen haben", sagte Nagelsmann. Die fast schon charakteristischen Fehlpässe vor allem in der ersten Halbzeit erinnerten aber nicht nur den Sportdirektor Markus Krösche an die jüngste Sieglos-Serie - es gibt in Leipzig schon auch noch Verbesserungspotenzial.

Sabitzer allerdings wird unter Nagelsmann immer stärker. Noch vor ein paar Jahren war der gebürtige Grazer nicht davon überzeugt, dass das mit ihm und Leipzig noch etwas werden könnte. 2015 nach der Meisterschaft mit Red Bull Salzburg, an die Sabitzer ausgeliehen worden war, sagte er über seine Zukunft: "Ich werde dahin gehen, wo ich mich am besten weiterentwickeln kann. Ich muss ganz ehrlich sagen: In meinem Kopf ist Leipzig nicht drin für die Weiterentwicklung." Damals spielte man in Leipzig allerdings noch Zweitliga-Fußball, und der Trainer hieß Achim Beierlorzer. So schnell können sich die Umstände ändern.

© SZ vom 25.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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