RB Leipzig:Messis Lob für die kaputte Rakete

Szoboszlai (re) gegen Poulsen (mi) und Toure (li) otografiert am 30.10.21 in Frankfurt beim Fußball Bundesliga Spiel Ein

Kung Fu statt Fußball: Leipzigs Dominik Szoboszlai (rechts) im Duell mit Almamy Touré von Eintracht Frankfurt.

(Foto: Hans-Jürgen Schmidt/imago)

Die Sorgen von RB Leipzig häufen sich, das Team bewegt sich in einem schwer zu greifen Krisenmodus. Nun muss das Champions-League-Spiel gegen Paris als Therapie herhalten.

Von Javier Cáceres, Berlin

Fußball ist immer auch eine Frage der Perspektive, und vor diesem Hintergrund war am Montag auch ein Interview interessant, das die Zeitung Sport in Barcelona druckte. Genauer: ein Interview mit Lionel Messi, der vom FC Barcelona nach Paris ausgewanderten Ex-Ikone der Katalanen. Am Mittwoch ist Messi mit Paris Saint-Germain in Leipzig zu Gast, und an Respekt vor den Germanen mangelt es ihm nicht. Im Gegenteil. Messi adelte sie zum Top-Team.

"Leipzig ist ein komplexer Rivale, der einem auf Augenhöhe begegnet und sehr dynamisch und physisch stark ist", sagte der Argentinier, der vor zwei Wochen zwei Tore zum 3:2-Sieg von PSG beigesteuert hatte. "So sehr sie den Trainer auch gewechselt haben - sie spielen nun schon seit Jahren auf eine ähnliche Art und Weise", fügte er hinzu.

Wie sehr Messi mit dieser Meinung in der Minderheit ist, lässt sich schon anhand der Aussagen von Leipzigs Trainer Jesse Marsch vom vergangenen Wochenende aufzeigen. "Wir sind kein Topteam in dieser Liga", erklärte der Nachfolger von Julian Nagelsmann nach dem 1:1 der Leipziger in Frankfurt. Und er fügte hinzu: "Wir sind keine Mannschaft, die bereit ist, um die Meisterschaft zu kämpfen."

"Das fühlt sich wie eine heftige Niederlage an", sagte Klubchef Mintzlaff zum 1:1 in Frankfurt

Selbst wenn man herausrechnet, dass sich Jesse Marsch quasi im Affekt äußerte, weil Eintracht Frankfurt den Ausgleichstreffer in letzter Minute durch den Brasilianer Tuta eingetütet hatte, so war doch kaum jemand aufzutreiben, der ihm widersprechen wollte. Zumal Frankfurt eine Leistung geboten hatte, die der Kicker am Montag mit dem Adjektiv "bundesligauntauglich" apostrophierte, das vom Fachmagazin nur in Ausnahmefällen verwendet wird. "Das fühlt sich nicht wie ein Unentschieden, sondern wie eine heftige Niederlage an", sagte auch RB-Boss Oliver Mintzlaff, der in den vergangenen Wochen anschwellende Sorgen immer beseelt wegmoderiert hatte. Ob sich daran nun etwas ändert?

So oder so: Ein Sieg wäre fürs Binnenklima wichtig gewesen. Die Leipziger bewegen sich im Grunde seit Beginn der Spielzeit in einem unseligen, weil immer nur latenten und deshalb schwer zu greifenden Krisenmodus. Ursachen dafür gibt es viele: Zugänge wie André Silva haben sich noch nicht etablieren können, die abgewanderten Innenverteidiger Dayot Upamecano und Ibrahima Konaté werden vermisst, der lange verletzte und bestens veranlagte Dominik Szoboszlai hat nur sporadisch geglänzt. Im Pokal hat Leipzig sich immerhin souverän für das Achtelfinale qualifiziert, im Januar empfängt das Team den Zweitligisten FC Hansa Rostock. Aber in der Liga wartet es nach der Visite in Frankfurt nun schon seit einem halben Jahr auf einen Auswärtssieg. Ein Sieg hätte Leipzig auf die Champions-League-Plätze katapultiert, da aber der Treffer von Mittelstürmer Yussuf Poulsen (35. Minute) der einzige blieb, bewegt sich RB im grauen Mittelfeld der Tabelle.

"Wir sind nicht scharf genug und konsequent genug vor dem Tor und machen hinten zu viele einfache Fehler", sagte Marsch - und griff, weil er diese Analyse nicht zum ersten Mal zum Besten gab, zu einer Metapher aus seiner US-amerikanischen Heimat. Dort würde man sein Team als "broken rocket" bezeichnen, als eine defekte Rakete. Wobei es die Rakete, die Emil Forsberg kurz vor dem Ausgleichstreffer der Eintracht zündete, in sich hatte: Er schoss den Ball aus fünf Metern in die heimatlichen Fjellberge. Mindestens. Und das bedeutet, dass nun ausgerechnet die Champions League als Therapie herhalten muss.

Aber: Die Königsklasse ist kein Biotop, in dem sich Leipzig diesmal wohl fühlt. In drei Spielen gab es drei Niederlagen, ein Sieg ist Pflicht, um in Europa überwintern zu können. Bei Manchester City und gegen den FC Brügge setzte es vergleichsweise beschämende Pleiten - in England, weil man sechs Gegentore kassierte, gegen die Belgier, weil man daheim 1:2 verlor. Auch die Visite in Paris missriet auf verstörende Weise. Im Prinzenparkstadion gab man gegen eine vergleichsweise schwache Pariser Mannschaft eine 2:1-Führung aus der Hand. Eine Hoffnung gibt es: Ob Messi in Leipzig antritt, war am Montag offen. Er hatte zuletzt mit muskulären Problemen zu kämpfen - und wurde nicht nur beim letzten Punktspiel gegen Lille (2:1) zur Halbzeit ausgewechselt, sondern setzte am Sonntag und angeblich auch am Montag mit dem Training aus. Allerdings meldete sich ein anderer Gigant der Franzosen zurück: Stürmer Kylian Mbappé.

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