RB gegen Frankfurt im Pokal:Drei Tore als Liebeserklärung

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Falls es noch einer Art Symbolik bedurfte, wie es ums Mannschaftsklima bei RB bestellt ist, hier war sie in der Partie gegen Frankfurt. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

RB Leipzig zeigt beim 3:0 gegen Eintracht Frankfurt ein längst verschollen geglaubtes Gesicht, die Spieler setzen ein Zeichen für ihren Trainer. Doch es bleibt die Frage: Stärkt das die Position von Marco Rose dauerhaft?

Von Saskia Aleythe, Leipzig

Wer im Scheinwerferlicht steht, sollte nicht zu warm angezogen sein. Marco Rose ist auch in dieser Hinsicht ein Mann mit Erfahrung, also gab der Leipziger Trainer seine Kommandos am Mittwochabend mit dünner Jacke im vier Grad kalten Leipziger Stadion. Es sind hitzige Wochen für den Trainer von RB Leipzig, schwer angezählt nach sechs sieglosen Spielen musste man vor dem Pokalspiel gegen Eintracht Frankfurt dann auch bei seiner Wortwahl aufhorchen: Rose sprach von einem „Teufelskreis“ und einer „Opferrolle“, aus der man sich befreien wolle. Und als der 48-Jährige dann umringt von seinen Spielern mit Freude und Jubel aufgewärmt wurde, war auch klar: So sehen keine Opfer aus.

Der Charakter einer Mannschaft zeigt sich meist erst in kritischen Momenten, und vielleicht wird man im Verlauf der noch immer langen Saison noch öfter auf diesen Mittwochabend zurückschauen. 3:0 im Achtelfinale des DFB-Pokals gegen Eintracht Frankfurt zu gewinnen, das war ein Extrem aus einer Galaxie, die die Leipziger zuletzt nicht nur verlassen hatten, sie hatten sie gänzlich aus dem Blickfeld verloren. „Es hat vielleicht schon keiner mehr daran geglaubt, dass wir das noch hinbekommen“, sagte Rose und meinte damit das Gewinnen überhaupt. Vor vier Tagen noch 1:5 gegen Wolfsburg verloren, nun der klare Sieg gegen die Mannschaft der Stunde – wie war dieser Umschwung zu erklären? Sein Videoanalyst hätte vor dem Spiel etwas Treffendes gesagt, erklärte Rose: „Wenn du mit dem Rücken zur Wand stehst, dann gibt es halt auch nur noch eine Richtung. Und die haben wir heute zum Glück gefunden.“

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Wobei schon klar ist, dass die Richtung in Leipzig immer bekannt war, aber nach dem Angriffsmodus, wie sie ihn gegen Frankfurt gezeigt haben, musste das Team von RB lange suchen. Vom Misserfolg eingeschüchtert zu sein, bringt einen ja auch nicht weiter, also legte gegen Frankfurt etwa Benjamin Sesko den Frust der vergangenen Wochen ab und befreite sich und sein Team mit dem 1:0 in der 31. Minute. Und das mit einem Dribbling, als würde es nicht um den Job seines Trainers gehen, sondern – und darin könnte der Kern der Lösung liegen – einfach um Spaß am Fußball.

Das sei ein Tor von „außergewöhnlicher Qualität“ gewesen, lobte Rose, aber vor allem sah er jetzt auch eine Mannschaft, der man wieder Selbstvertrauen anmerkte. RB hätte ein Gesicht gezeigt, was gut sei, sagte er, „was uns auch besser steht, und das müssen die Jungs jetzt mitnehmen“. Loïs Openda machte mit seinen zwei Treffern (50. und 58. Minute) ganz vergessen, dass eigentlich Frankfurt in Omar Marmoush gerade den gefürchtetsten Stürmer der Bundesliga im Team hat. Doch Marmoush bekam gar keine Möglichkeit, gegen RB in Erscheinung zu treten. „Wir wollten zeigen: Auch wenn sie den besten Stürmer haben, haben wir auch eine der besten Verteidigungen in der Bundesliga“, sagte Openda. Wobei die Leipziger die vielen Ausfälle, die sie die ganze Saison über schon begleiteten, an diesem Abend vor allem mit ihrem auffälligen Spiel nach vorne wettmachten.

Die Jubeltraube, als Openda nach dem 3:0 auf den Trainer zulief und sich die Mannschaft anschloss, war ein deutliches Zeichen

Und es ist nicht so, als hätten sie in dieser Partie keine Krisenmomente zu bewältigen gehabt: Zwei Mal lag der Ball schon vor dem ersten regulären Treffer im Tor der Frankfurter, zweimal verhinderte eine Abseitsentscheidung die kollektive Ekstase. Eine Phase, in der man nach der gedrückten Stimmung der vergangenen Wochen als Team auch in sich zusammenfallen kann. „Auch darüber redest du als Trainer oft: Wie gehe ich mit Widerständen um“, sagte Rose, „da haben wir uns in den letzten Wochen schwergetan.“ Diesmal nicht, es nützt ja auch nichts, sich zu verstecken, wenn man gewinnen muss.

Geschäftsführer Marcel Schäfer wähnte das Team nach der Partie dann auch auf dem richtigen Pfad, sprach von der „besten Saisonleistung“, allerdings sei halt auch schon Dezember. „Wenn man eine sehr gute Mannschaft sein will, mit unseren Ambitionen, muss man nach den Wochen, die wir hinter uns haben, noch mehrere Antworten geben“, sagte Schäfer.

Womit die Frage bleibt, wie sehr der Auftritt gegen Frankfurt die Position von Marco Rose wirklich gestärkt hat. Die Jubeltraube, als Openda nach dem 3:0 auf den Trainer zulief und sich die Mannschaft anschloss, war ein deutliches Zeichen, wo sich das Team verortet. Und es war dann auch Rose selbst, der Botschaften in Richtung Fuschl am See durchklingen ließ, wo in Red-Bull-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff sein klubinterner Kritiker sitzt. „Ich habe die Tage sehr viel Liebe erfahren, muss ich sagen, von ganz vielen Leuten, die sich Gedanken um mich persönlich gemacht haben. Das ist dann immer so ein Indikator für mich, dass außen rum ganz schön viel los sein muss“, sagte Rose. Und auch: „Die Kabine funktioniert.“

Am Samstag geht es für die Leipziger zum Tabellen-Vorletzten nach Kiel, vielleicht eine dankbare Aufgabe, um die eigene Bilanz mit dem nächsten Erfolg anzureichern. Doch schon am Dienstag steht die Champions-League-Partie gegen Aston Villa an, das nächste Spiel also, das über den Verbleib in einem großen Wettbewerb entscheidet. Leipzig ist dort bisher punktlos. Vielleicht gehen die Gedanken dann noch mal zurück zu diesem Abend gegen Frankfurt. Marco-Rose-Sprechchöre hallten nach dem Abpfiff durch das Stadion, Willi Orban feierte ausgiebig mit den Fans. Die warmen Sachen können sie in Leipzig erst mal im Schrank hängen lassen.

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