RB Leipzig:Die Couch-Potatos greifen an

RB Leipzig: Leipzigs Marcel Sabitzer (3.v.l.) feiert sein Tor gegen Stuttgart.

Leipzigs Marcel Sabitzer (3.v.l.) feiert sein Tor gegen Stuttgart.

(Foto: AP)

RB Leipzig besiegt den VfB Stuttgart auf eine Weise, auf die eigentlich der FC Bayern ein Copyright hat. Und das ist nicht die einzige beunruhigende Nachricht für die Münchner.

Kommentar von Christof Kneer

Am Mittwoch haben die Fußballer von RB Leipzig Spätdienst. Vielleicht werden sie im Pokalspiel gegen die Bayern sogar über die tariflich geregelte Arbeitszeit hinaus arbeiten müssen, es könnte Mitternacht werden, bis sie nach Hause dürfen. Wer weiß, ob in ihren Verträgen überhaupt ein gescheiter Nachtzuschlag vorgesehen ist, aber gut, in Leipzig sagen sie ja, dass man nicht immer nur übers Geld reden soll, wenn es um RB geht. Deshalb, Jungs: Mitleid erst mal wegen eurer Nachtschicht am Mittwoch. Aber eben auch: Respekt.

Es ist ja noch kein Jahr her, als Uli Hoeneß auf die bewährte Art stichelte. Für Teams, die plötzlich frech werden, hat er mal ein Sätzlein erfunden, das er bei Bedarf vergnügt zitiert, das Sätzlein geht, mit minimalen Variationen, so: Während die Bayern (also: die großen Bayern) im Europacup Kräfte lassen, dürfen die anderen (also: die kleinen anderen) "auf der Couch die Beine hoch legen". Das hat Hoeneß auch über RB Leipzig gesagt, im vorigen Dezember war das.

Nun haben die ehemaligen Couch Potatoes aus Leipzig gerade mit 1:0 gegen Stuttgart gewonnen, nachdem sie unter der Woche schon gegen Porto und zuvor in Dortmund gewonnen hatten, und es ist nicht der Erfolg als solcher, der den Münchnern zu denken geben sollte. Es ist eher der Umstand, dass die Leipziger mit diesem 1:0 exakt jenen Sieg nachgestellt haben, auf den die Bayern seit 30 Jahren ein Copyright besitzen. Es war der klassische, mittels Rotation und Kräftedosierung errungene Mittwoch-Samstag-Mittwoch-Sieg, wie er nur jenen gelingt, die sich's leisten können.

Zum Thema Geld nun also doch dies: Natürlich fällt es Leipzig leichter, einen rotationsfähigen Kader zu arrangieren, weil sie dank der Abermillionen von Rasen Bull Mateschitz für Talente bieten können, für die sonst eher der FC Arsenal bietet. Natürlich nutzen sie auch umstrittene Wettbewerbsvorteile, indem sie etwa eine Art Farmteam in Salzburg unterhalten, in dem sich Spieler fürs nächsthöhere Niveau warmspielen können. Und natürlich können sie, ohne in der Firma erkennbaren Schaden anzurichten, für inzwischen durchgefallene Talente namens Damari, Bruno oder Nukan auch mal sieben, sechs oder fünf Millionen raushauen, die in anderen Klubs tiefe Löcher in Bilanzen reißen würden.

Aber wahr ist eben auch, dass Leipzig gegenüber Bayern und Dortmund auf einen quasi religiösen Vorsprung vertrauen kann. Sie glauben an etwas: an einen speziellen, mit dem Namen Rangnick assoziierten Spielstil, der es ermöglicht, auf dem Markt zielsicher Toptalente wie Werner, Keita, Bruma oder Augustin zu identifizieren, die zu diesem Stil passen.

Wenn der Spruch mit der Couch nicht mehr ausreicht, machen die Bayern manchmal den besten Spielern eines frechen Rivalen ein Angebot. Schon blöd, dass ihnen hier womöglich ein Gegner erwächst, der ihr Geld gar nicht braucht.

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