Champions-League-Aus von RB:Leipzig fehlt „unglaublich viel“

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Leipzigs Spieler Openda, Torwart Gulacsi und Orban (von links) bleibt nur der Frust: Das 2:3 gegen Aston Villa bedeutet das Aus in der Champions League. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Ein 2:3 gegen Aston Villa, das nachwirkt: RB scheitert in der Champions League frühzeitig ohne einen einzigen Punkt. Die Erklärungsversuche wirken ratlos und klingen nicht nach einem Klub, der seine Krise überwunden hat.

Von Saskia Aleythe, Leipzig

Marco Rose ist in dieser Saison zum Anwalt in eigener Sache geworden. Noch keine ganze Stunde war die schmerzliche 2:3-Niederlage von RB Leipzig gegen Aston Villa am Dienstagabend alt, als Rose kurz vor Mitternacht in die Mikrofone sprach. Da hatte sich die Mannschaft schon zerknittert geäußert, die Enttäuschung stand in ihren Gesichtern. Still sei es in der Kabine, berichtete etwa Christoph Baumgartner, die Köpfe hingen tief. Doch dann saß da Marco Rose - und wirkte beinahe unberührt von der Situation.

Natürlich, auch der Trainer sprach von Enttäuschung über das vorzeitige Aus in der Champions League, aber er sagte dann auch diesen Satz: Er würde jetzt „relativ schnell“ einen „Haken dran“ machen. Als wäre man nicht gerade punktlos bereits nach sechs Spielen ausgeschieden, als erstes deutsches Team. Mit einem Auftritt, der wenig Anlass gab, um positiv auf die kommenden Aufgaben zu schauen. Und trotzdem also: Haken dran?

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Um Marco Rose zu verstehen, hilft ein Blick auf die Ereignisse der vergangenen Monate. Der 48-Jährige musste sich in dieser Spielzeit schon einige Überlebensstrategien zulegen, das hinterlässt Spuren. Gebeutelt von einer prägenden Serie von Verletzungen seiner Spieler hatte sich erst in der vergangenen Woche bei RB ein Aufatmen eingestellt: Der 3:0-Erfolg im Achtelfinale des DFB-Pokals gegen Eintracht Frankfurt war eine Befreiung nach zuvor sechs sieglosen Partien gewesen, der folgende Liga-Auswärtssieg bei Holstein Kiel zumindest im Ertrag eine weitere Besänftigung der Gemüter. Doch eine Trendwende, das musste man jetzt gegen Aston Villa feststellen, wurde damit offenbar noch nicht eingeleitet.

Was bei RB Leipzig gegen die Bundesligaklubs reicht, ist in der Champions League viel zu wenig

Zu fehleranfällig waren die Leipziger aufgetreten und vor allem ohne erkennbare Idee, wie man die Abwehrreihen der Engländer ausschalten könnte. Dass dies dennoch bei zwei Treffern geklappt hatte, war zwei langen Bällen zu verdanken, mit Loïs Openda als dankbarem Abnehmer. Und der Lässigkeit von Aston Villas Diego Carlos und von Torhüter Emiliano Martínez, die sich beim 1:1 so sehr verschätzten, dass Openda unbedrängt einnetzen konnte. Ein sehenswerter Lupfer durch Baumgartner brachte das 2:2. Doch es folgte prompt das 2:3, und bei diesem Siegtreffer von Aston Villa wurde ein Distanzschuss durch Lukas Klostermann unhaltbar für Peter Gulacsi abgefälscht. „Das spricht dann so ein bisschen für unsere Champions League dieses Jahr, dass du noch so ein Gurkentor fängst“, sagte RB-Geschäftsführer Marcel Schäfer.

Die Botschaft des Abends lautete schließlich: Was für Leipzig derzeit gegen Bundesligaklubs reicht, ist in der Champions League viel zu wenig, belegt durch die Niederlagen gegen Atlético Madrid, Juventus Turin, Liverpool, Celtic Glasgow, Inter Mailand und jetzt Aston Villa. Am sechsten von acht Spieltagen steht RB auf dem 34. Platz von 36 Teams, die dahinter liegenden Klubs Slovan Bratislava und Young Boys Bern waren erst am Mittwoch gefordert. „Unglaublich viel“ habe gefehlt, sagte der Sportchef Schäfer, und das mit dem Abhaken sah er dann auch ganz anders als sein Trainer: „Ich muss das erst mal sacken lassen“, sagte Schäfer, die Enttäuschung sei zu groß, um jetzt schon auf die anstehenden Partien zu blicken. Die Ambitionen der Leipziger in der Champions League waren schließlich ganz andere gewesen, nachdem sie in der Vorsaison im Achtelfinale gegen Real Madrid nur knapp gescheitert waren. Doch das – und auch diese Erkenntnis muss sich festsetzen – waren andere Zeiten.

Die Unterschiedsspieler von RB Leipzig werden schmerzlich vermisst

Vor allem, weil sich bei Leipzig der Verlust von prägenden Akteuren bemerkbar macht: Der Unterschiedsspieler Dani Olmo wird seit seinem Wechsel zum FC Barcelona im Sommer schmerzlich vermisst, die verbliebenen Unterschiedsspieler kommen aufgrund von Verletzungen nicht zum Zug. „Wir hatten letztes Jahr nie acht Verletzte und davon vier Spieler, die einfach auf ihren Positionen in der Art und Weise nicht zu ersetzen sind“, stellte Rose fest. Er meinte damit die Abwehrspieler Castello Lukeba und David Raum sowie Xaver Schlager und Xavi Simons im Mittelfeld. Auf Schlager konnte Rose nach seiner langwierigen Knieverletzung zuletzt wieder zurückgreifen, für die Champions League wurde er aber noch geschont. „Wir müssen uns gerade ein bisschen neu erfinden, das probieren wir“, sagte Rose, der auf den ausgedünnten Positionen umstellen musste, „das hat heute dazu geführt, dass es dann auch wild war“. Vor allem in der Defensive fiel die Uneinigkeit auf, schon beim 0:1 in der dritten Minute durch John McGinn schien sich niemand dafür verantwortlich zu fühlen, den Angreifer aufzuhalten.

Dass man den Kader vor der Saison größer hätte planen sollen, sieht Geschäftsführer Marcel Schäfer nicht so, Ursachenforschung betreiben sie in Leipzig jetzt natürlich trotzdem. Warum man so viele Verletzte habe, sei ein Thema, „mit dem wir uns beschäftigen müssen“, sagte er. Herbeigesehnt wird in Leipzig die nahende Weihnachtspause. „Sicher tut es uns dann gut, wenn wir mal an viele Dinge denken können, aber nicht an Fußball“, sagte Schäfer. Vor den noch ausstehenden Partien gegen Frankfurt am Sonntag und beim FC Bayern in der kommenden Woche sind das bedenkliche Signale.

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