Gandler war schon bei Olympia 2006 mittendrin gewesen, als italienische Ermittler die Quartiere des ÖSV durchsucht hatten. Schröcksnadel, schon damals der mächtige ÖSV-Boss, fabulierte auf einer hastig anberaumten Pressekonferenz, dass sein Land "zu klein" sei, um "gutes Doping" zu betreiben. Die Ermittler zogen derweil die Blutbeutel aus dem Teamquartier, diverse Langläufer und Biathleten wurden gesperrt, Betreuer erhielten Haftstrafen. Gandler wurde allerdings freigesprochen, aus Mangel an Beweisen. Dürr hatte der SZ in der vergangenen Woche noch gesagt, er und seine Teamkollegen hätten damals im TV gesehen, wie die verräterischen Beutel aus dem Quartier der damaligen ÖSV-Kollegen geflogen seien. Doch als er und die Jungen später nachrückten, habe der Verband ihnen nie erklärt, was damals passiert sei. Augen zu und durch?
Vor zwei Jahren dann, bei der Biathlon-WM in Hochfilzen, Österreich: Das Bundeskriminalamt durchsuchte die Quartiere der Kasachen, es fand medizinische Produkte und Medikamente. Außerdem wird in Österreich gerade intensiv gegen langjährige Spitzenleute des Biathlon-Weltverbandes IBU ermittelt; im Kern lautet der Verdacht: jahrelange Dopingvertuschung.
Am Mittwochnachmittag in Seefeld kam es schließlich zu einem kuriosen Gegenschnitt. Der Norweger Martin Sundby, einst wegen Salbutamol-Dopings milde sanktioniert, gewann die 15 Kilometer vor dem Russen Alexander Bessmertschnik - Letzteren hatte das Internationale Olympische Komitee nicht zu den Winterspielen 2018 nach Pyeongchang eingeladen, weil er offenkundig in die staatlich orchestrierte Dopingzucht vor fünf Jahren eingebunden war. Zur selben Zeit hatten die Ermittler in Innsbruck zu einer Pressekonferenz geladen, im zweiten Stock der Landespolizeidirektion, man war auf alles vorbereitet gewesen. Fernsehteams und Reporter trudelten ein, dann nahm zunächst Hansjörg Mayr Stellung, der Vertreter der örtlichen Staatsanwaltschaft. Man habe früh Hinweise erhalten, dass die Schmidts ihre Dienste bei der WM in Seefeld anbieten wollten, daraufhin habe man sie überwacht, in Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden; so habe man auch diverse Klienten ermittelt. Es folgten: internationale Haftbefehle, die Festnahmen am Mittwoch.
Und dann gewährte Dieter Csefan, der Sprecher des österreichischen Bundeskriminalamts, noch einen Einblick in die Erfurter Blut-Tankstelle, die offenbar von einer breiten internationalen Kundschaft angesteuert worden war. Mark Schmidt habe mit einigen Komplizen jenes Labor betrieben, das nach SZ-Informationen mindestens ein knappes Jahrzehnt lang existiert haben soll und durchaus mit dem Blutarchiv des spanischen Dopingdruiden Eufemiano Fuentes vergleichbar sein könnte. Den Vater von Schmidt, so BKA-Mann Csefan, halte man für den Kopf dieser Gruppe. Man habe in Erfurt Dutzende Blutbeutel sichergestellt, "viele Beweise", es seien vermutlich auch andere Sportarten und Athleten aus diversen Nationen betroffen. "Wir stecken mitten in den Ermittlungen", sagte Csefan, während die Auslöser der Kameras ratterten.
Draußen, in Seefeld, strahlte derweil der Himmel über den Langlaufloipen, in unbeflecktem Blau.