Raul überragt bei Schalke-Sieg gegen Werder:Reich beschenkt vom Señor

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Nach dem 5:0 gegen Bremen überwintert Schalke in der Fußball-Bundesliga auf einem Champions-League-Platz. Stürmer Raul liefert einen Dreierpack und ein Bekenntnis zum Verein.

Philipp Kreutzer, Gelsenkirchen

Als sich vor ihm die Fahrstuhltür öffnete, zögerte Raul einen Augenblick. Dort in dem Aufzug in den Katakomben des Stadions wartete ein Mann, der auf seinem Arm ein weihnachtlich verpacktes Paket hielt. Dieses Geschenk war nicht für Raul vorgesehen, und doch hätte der Mann es dem Schalker Stürmer eigentlich gleich an Ort und Stelle feierlich überreichen müssen.

Schalke-Stürmer Raul traf drei Mal gegen Werder Bremen und ragte aus einer glanzvoll aufspielenden Schalker Mannschaft heraus. (Foto: dapd)

Es wäre eine angemessene Geste gewesen, schließlich hatte auch der Spanier zuvor mit einer außergewöhnlichen Darbietung beim 5:0-Heimsieg über Werder Bremen die Schalker reich beschenkt. Wie schon beim 4:0 in der Vorsaison gegen denselben Gegner traf Raúl drei Mal und ragte aus einer glanzvoll aufspielenden Schalker Mannschaft heraus.

Seine Treffer zum 1:0 (16.) und 2:0 (20.) erzielte er mit dem linken Fuß, wenn auch das zweite aus Abseitsposition. Das 3:0 (63.), das wohl schönste Tor des Spiels, gelang dem Señor, wie er auf Schalke gerufen wird, per Kopf nach einer perfekten Flanke von Christian Fuchs. Später trafen außerdem Kyriakos Papadopoulos (67.) und Klaas-Jan Huntelaar (70.).

Raul, von Trainer Huub Stevens hinter den Spitzen aufgeboten, beschenkte das Publikum nicht nur mit Toren. Er hatte die meisten Ballkontakte aller Schalker, nämlich 81, er setzte seine Mitspieler auf teilweise brillante Weise ein und legte während der 90 Minuten für einen 34-Jährigen beachtliche elf Kilometer zurück. "Das war ein Spiel, das wir alle sehr genossen haben", stellte der Mann des Abends nach der vorgezogenen Bescherung zufrieden fest.

"Meisterschaft? Das ist Quatsch"

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Klaas-Jan Huntelaar bestätigt seine unglaubliche Torquote, Christian Fuchs merkt früh, dass er hinten nicht gebraucht wird und Raul macht's einfach wie im vergangenen Jahr. Der FC Schalke beim 5:0-Sieg gegen Werder Bremen in der Einzelkritik.

Gelsenkirchen

Genießen können die Schalker zudem eine erfolgreiche Hinrunde. Die Winterpause verbringen sie auf Tabellenrang drei und damit auf einem Platz, der zur Teilnahme an der Champions League berechtigt. "Meisterschaft? Das ist Quatsch, da sehen wir uns überhaupt nicht", sagte zwar Mannschaftskapitän Benedikt Höwedes. Fakt ist aber: Der Rückstand auf Spitzenreiter Bayern München beträgt nur drei Punkte, der Deutsche Meister Borussia Dortmund weist lediglich das bessere Torverhältnis auf.

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Unabhängig davon, ob der Mannschaft am Mittwoch im DFB-Pokal in Mönchengladbach ein weiterer Erfolg gelingt: Die Schalker Welt ist zum Ende eines turbulenten Jahres in bester Ordnung. Es gab im April ein historisches 5:2 in der Champions League bei Inter Mailand, anschließend die unvergesslichen Halbfinalspiele gegen Manchester United und den Pokaltriumph in Berlin.

Es gab aber auch zwei Trainerwechsel. Auf Felix Magath und Ralf Rangnick folgte Ende September plötzlich Stevens. Mit dem Niederländer verbinden die Schalker ausschließlich positive Erinnerungen, vor allem wegen des Triumphs im Uefa-Cup 1997. Und doch beschlichen manche von ihnen Zweifel: Kann man eine Erfolgsgeschichte einfach so fortsetzen?

Stevens kann. Auch weil er seinen Stil geändert hat und nicht mehr nur stur auf Defensive setzt. Mittelfeldabräumer Jermaine Jones verkörpert die Spielidee des frühen Stevens, doch einem Freigeist und Feintechniker wie José Manuel Jurado hätte er in seiner ersten Ära auf Schalke wohl kaum vertraut.

Der Trainer hat schnell erkannt, dass er über Akteure verfügt, mit denen sich nicht nur erfolgreicher, sondern auch schöner Fußball spielen lässt - und die obendrein dafür sorgen können, dass auch weiterhin die Null steht.

Spieler berichten, der Trainer schaffe durch ein stimmiges Verhältnis von Disziplin und Lockerheit ein angenehmes Arbeitsklima, zudem verstehe er es, sämtlichen Mitgliedern des Kaders den Eindruck zu vermitteln, gebraucht zu werden. "Die Mannschaft fühlt sich mitgenommen", bestätigte Horst Heldt.

Nachdem es vor dem Spiel Gerüchte um eine beidseitige Kündigungsoption für 2012 in Stevens' Vertrag gegeben hatte, stellte Schalkes Manager klar: "Wir wollen mit Huub Stevens definitiv arbeiten. Wir sind sehr, sehr glücklich. Er hat einen Vertrag bis 2013, und den wollen wir erfüllen."

Rauls Kontrakt mit den Schalkern datiert hingegen nur bis zum nächsten Sommer. Im Januar, versicherten nun Heldt und der Spieler, soll darüber gesprochen werden, ob die Zusammenarbeit verlängert wird. Raul empfindet Schalke als "wunderbares Erlebnis", er bekannte: "Ich würde gern bleiben, denn ich bin hier sehr glücklich."

Seine Entscheidung hängt weniger vom Erreichen eines Champions-League-Platzes als vom Votum seiner Familie ab - und natürlich vom Geld. Manager Heldt versucht zurzeit, sich bedeckt zu halten, um nicht geschwächt in die Verhandlungen zu gehen. Lächelnd stellte er fest: "Natürlich bleibt es mir nicht verborgen, dass er sich bei uns wohlfühlt und Klasseleistungen bringt."

Nur ein gefährlicher Torschuss für Werder

Letzteres ließ sich von Werder Bremen am Samstag beim besten Willen nicht behaupten. "Indiskutabel" nannte Trainer Thomas Schaaf die Vorstellung seiner Mannschaft: "Das Ergebnis tut weh und ist eine große Enttäuschung." Von einer Partie auf Augenhöhe konnte im Duell des Dritten gegen den Fünften keine Rede sein, Bremen präsentierte sich auswärts erneut in schlechter Verfassung und kam deshalb wie schon in den Partien gegen die anderen Spitzenmannschaften nicht einmal für einen Punkt in Frage.

Bei der Ursachenforschung blieb es beim Versuch. "Es ist schwer zu sagen, woran es liegt, dass wir auswärts nicht den Mut haben, so nach vorn zu spielen wie zu Hause", rätselte Manager Klaus Allofs. Nur einen gefährlichen Torschuss durch Markus Rosenberg brachte Werder zustande, doch Markus Rosenberg scheiterte an Lars Unnerstall im Schalker Tor und vergab damit die Chance, auf 1:2 zu verkürzen.

Auch defensiv haben sich die Bremer in dieser Saison schon sehr viel geschickter angestellt als am Samstag auf Schalke, vor allem Huntelaar und Teemu Pukki hätten weitere Tore für Schalke erzielen können.

Nur Raul nutzte die sich bietenden Chancen konsequent. Geschenke aus Bremen pflegt er anzunehmen.

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