Rapid Surfing:Little Hawaii

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Ausflug eines Olympia-Starters: Leon Glatzer in Taufkirchen. (Foto: Martin Ried / oh)

In Taufkirchen wird die Rapid Surf Liga ausgetragen. Der Wettbewerb auf einer stehenden Welle bringt Elemente aus Skate- und Snowboard mit dem Surfen zusammen und ist ein ganz eigener Sport - wie auch Olympiastarter Leon Glatzer feststellt.

Von Thomas Becker

Grunge-Bart unterm Strohhut, Eisbecher in der Hand: Der Chef gibt sich nicht allzu viel Mühe mit der Tarnung. Auch an einem handelsüblichen Sonntag schaut Jochen Schweizer in seiner Taufkirchner Arena nach dem Rechten. Ob die Pommes auch schön cross sind, dass beim Bodyflying alle brav den Helm tragen, natürlich wirft er auch einen Blick auf die Indoor-Surfer - und er sah, dass es gut war. In der Surf-Halle sogar verdammt gut. Da tobt an diesem 30-Grad-Sonntag nämlich das wilde Leben, und das hat einen Namen: RSL Pure Surfcamps Munich Pro.

RSL steht für Rapid Surf League, aber was genau ist das? Nachgefragt bei Quirin Rohleder, dem Mann, der das Spektakel mit Geschäftspartner Christian Bach initiiert hat: "Rapid Surfing bezeichnet das Surfen auf stehenden Wellen, natürlicher, halb natürlicher oder künstlicher Art. Es ist dem Surfen im Meer sehr ähnlich und doch etwas Eigenes. Denn das, was einen Surfer am Meer ausmacht - das Lesen der Umgebung, des Wassers, der Dünung und einer immer wieder anders brechenden Brandungswelle -, das entfällt beim Rapid Surfing. Die Umgebung ist statisch, sobald Wasser in Bewegung ist." Rapid Surfing verbinde Grundtechniken des Surfens im Meer mit Elementen aus Skate- und Snowboarding: "Es gibt Top-Rapid-Surfer, die auch sehr gut surfen. Aber nicht jeder Top-Surfer ist automatisch ein guter Rapid Surfer."

Auf den Sonnyboy Glatzer sind hier alle stolz, dennoch tun sich die Local Heroes vom Eisbach diesmal leichter

Das kann Leon Glatzer bestätigen. Der 25-Jährige war der erste deutsche Surfer bei Olympia, aber auf der nur acht Meter breiten Welle in Taufkirchen tut sich der auf Maui geborene Sonnyboy schwerer als die Local Heroes vom Eisbach: "Das ist ein anderer Sport", sagt Glatzer, "aber die Athleten erzählen alle die gleiche Geschichte. Es ist echt wie eine Familie." Wie zum Beweis kommt alle halbe Minute ein anderer Mensch in Badehose und Hawaiihemd vorbei und klopft ihm die Schulter weich. Ein bisschen stolz sind sie schon auf ihren Olympiastarter, der in Costa Rica aufwuchs und sich in der Olympia-Quali gegen eine Schar von Konkurrenten durchgesetzt hatte. In Taufkirchen langt es für Rang drei, hinter Vorjahressieger Lennard Weinhold und Nicolas Marusa. Bei den Frauen gewinnt ebenfalls die Vorjahressiegerin, die Münchnerin Janina Zeitler. Platz zwei geht an Maya Sauer vor der deutschen Meisterin Valeska Schneider und der 15-jährigen Pullacherin Kona Ettel, der jüngeren Schwester der Halfpipe-Snowboarderin Leilani Ettel.

Rapid Surfen bringt Wellenreiter, Skater, Snow- und Wakeboarder zusammen, "und solange wir uns alle treffen, um zu shredden, ist eigentlich alles in bester Ordnung", dichtet der Veranstalter - und trifft damit den Ton. Wobei shredden für das steht, was sie alle auf dem Board gemeinsam haben. Man muss schon besonders gepolt sein, um sich an einem solchen Sommertag in eine Halle zu stellen, aber wer den Akrobaten eine Weile zuschaut, Frontside Air Reverses und all die anderen Tricks sieht, der lässt sich von den Beats und der guten Laune der Fans weit weg tragen, an einen Ort, an dem nicht unbedingt die Sonne scheinen, aber zwingend eine Welle rollen muss.

Vor vier Jahren gab es die ersten Wettkämpfe der Rapid Surf League, damals als Tour mit vier Stopps, doch nach der Corona-Pause bescheidet man sich mit einem Wettkampf, den dafür schön groß, mit Presenting Sponsor und allem Drum und Dran. BR24 schaltete vom Triathlon in Roth live nach Taufkirchen. 2023 wird es landesweit 13 stehende Wellen geben, auf internationaler Ebene bald 33. Dass sich seit Olympia einiges getan hat, sieht auch Glatzer so: "Es gibt mehr Anfragen von Firmen, die nicht aus der Surf-Industrie kommen." Sein Ziel ist klar: Olympia 2024. Gesurft wird dann in Teahupoo, der legendären Welle vor Tahiti. "Die Spiele sind so groß", schwärmt Glatzer, "für mich war Olympia die bislang beste Erfahrung meines Lebens. Nicht nur die zwei Wochen in Tokio, sondern der ganze lange Weg dahin." Für 2024 hat er schon vor vier Monaten angefangen zu arbeiten, "volle Kanone", wie er sagt. Nach Taufkirchen geht es zu Contests nach Spanien, Frankreich und England, ehe im September in Huntington Beach die erste Olympia-Qualifikation ansteht. Jochen Schweizer hat sicher nichts dagegen, wenn sich ein paar Deutsche qualifizieren.

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