Süddeutsche Zeitung

Ranking für WM-Qualifikation:Wales profitiert vom Zahlen-Irrsinn

Für die Auslosung der WM-Qualifikationsgruppen werden Wales und Rumänien höher eingestuft als Spanien, Italien und Frankreich. Will sich die Fifa nicht lächerlich machen, muss sie das Ranking überarbeiten.

Kommentar von Werner Harasym

Kein Mensch, der sich auch nur hin und wieder mit Fußball beschäftigt, würde ernsthaft behaupten, die Nationalmannschaften von Rumänien und Wales seien besser als jene aus Spanien, Italien oder Frankreich. Das letzte Turnier, an dem die Waliser teilnehmen durften, war die WM 1958. Trotzdem werden Rumänien und Wales in der Weltrangliste der Fifa vor den genannten Schwergewichten geführt: auf Rang acht bzw zehn. Europameister Spanien ist Zwölfter, EM-Finalist Italien 17., Frankreich liegt nur auf dem 22. Rang.

Nun hat der Weltverband Fifa größere Probleme als seine Weltrangliste. Relevant wird der Zahlen-Irrsinn allerdings an diesem Samstag in St. Petersburg: bei der Auslosung der Qualifikationsgruppen für die WM 2018.

Wer sich für ein Turnier qualifiziert hat, wird bestraft

Dann befinden sich im Lostopf 1, neben Deutschland, den Niederlanden und anderen: Wales und Rumänien. Italien und Frankreich hingegen wurden in Topf 2 eingeteilt. Möglich ist nun etwa eine Gruppe mit Deutschland und Italien/Frankreich, dazu vielleicht noch Polen und Irland. Aber auch eine Gruppe mit Wales, Island, Albanien, Färöer, Moldau und San Marino. Nur der Erstplatzierte ist direkt für das Turnier 2018 qualifiziert, acht von neun Zweitplatzierten dürfen immerhin in die Relegation.

Wie kommt es zu dieser seltsamen Reihung in der Weltrangliste? Für jedes Länderspiel wird ein Wert errechnet, indem die errungenen Punkte - z.B. drei Punkte für einen Sieg - unter anderem mit der Wichtigkeit des Spiels (unterschiedlicher Faktor für WM-Endrunde, Testspiel etc.) und der Stärke des Gegners (hängt wiederum von der Platzierung ab) multipliziert werden. Insgesamt fließen die Resultate der letzten vier Jahre in die Weltrangliste ein, allerdings unterschiedlich stark gewichtet.

Der Absturz Frankreichs war unausweichlich

Die Schwächen des Systems werden schnell klar. Beträgt ein Faktor null, lautet auch der Wert null - soll heißen: Die höhere Gewichtung eines WM-Spiels bringt nichts, wenn dieses Spiel verloren geht. Für Wales und Rumänien erweist es sich gerade als Vorteil, in den letzten vier Jahren an keinem Turnier teilgenommen zu haben - so hat man dort wenigstens nicht verloren.

Ein Nachteil war hingehen die Qualifikation der Iren für die EM 2012. Weil es dort drei Niederlagen setzte, finden sie sich nun im vierten Topf wieder - wie auch die Färöer. Und Frankreich? Weil der Gastgeber der EM 2016 keine Qualifikation bestreiten muss, bleiben ihm nur Testspiele, die mit einem niedrigen Faktor versehen sind. Der Absturz in der Weltrangliste ist unausweichlich.

Geändert wurde die Berechnungsmethodik zuletzt 2006. Und selbst wenn es wenig Anlass gibt, dieses Ranking allzu ernst zu nehmen: Wenn sich die Fifa nicht auch noch mit ihren Setzlisten lächerlich machen will, erscheinen weitere Änderungen unausweichlich.

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SZ vom 24.07.2015/ebc
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