Rangnicks Auftaktsieg mit RB Leipzig:Geduld mit Davie Selke

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Wo ist Davie Selke? Hier kommt er - abgeschirmt von den Frankfurtern Fanol Perdedaj, Manuel Konrad und Joan Oumari - nicht an den Ball. (Foto: dpa)
  • Zum Auftakt muss die Kategorie Arbeitssieg her: Mit einem mühevollen 1:0 beim FSV Frankfurt erfüllt RB Leipzig die Pflicht als Aufstiegsfavorit der zweiten Liga.
  • Ralf Rangnick kann bei seinem Comeback auf der Trainerbank damit prima leben.
  • Acht-Millionen-Zugang Davie Selke nimmt er in Schutz und mahnt zur Geduld.
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Von Frank Hellmann, Frankfurt

Aus dem Handschlag von Ralf Rangnick sprach vor allem eines: Erleichterung. Jeden einzelnen seiner Spieler klatschte der Trainer von RB Leipzig nach diesem Arbeitstag ab, die meisten drückte er auch noch fest an seinen Oberkörper, schließlich ist der 57-Jährige lange genug im Geschäft, um zu wissen: Dieser Auftakt hätte bei ungünstigem Verlauf auch schiefgehen können.

"Wenn ich die Wahl gehabt hätte, dass wir 30 Prozent besser spielen, es aber dafür nur 1:1 ausgeht, ist mir dieses Resultat ehrlich viel lieber", konstatierte der Vordenker beim Red-Bull-Ableger, der sich zum Zweitliga-Start beim FSV Frankfurt mit einem schnöden Arbeitssieg über die Runden rettete. Der recht schmucklose 1:0 (0:0)-Erfolg - der Österreicher Marcel Sabitzer traf nach einem schlimmen Fehler von Alexander Bittroff (55.) - bewahrte den mit den üppig sprudelnden Brause-Millionen abermals massiv verstärkten Aufstiegsfavoriten vor Hohn und Häme.

"Diesen einen Zufall erzwungen"

"Es war sogar noch ein bisschen schwerer als erwartet", analysierte Rangnick, "es geht in der Liga halt anders zu als in den Testspielen. Wir haben diesen einen Fehler, diesen einen Zufall erzwungen, in der einen oder anderen Situation auch Glück gehabt."

Die meisten der erstaunlicherweise nur 7021 Zuschauer, die bei stürmischen Wetter den Weg zum Bornheimer Hang unweit der Frankfurter Stadtautobahn gefunden hatten, hätten sicher vor Freude gejohlt, wenn Lukas Gugganig die Kugel ins Netz statt an den Außenpfosten geköpft (82.) oder Joan Oumari den Ball unter die Latte statt in den Fangzaun gedroschen hätte (89.). Und dann war da noch die prima Gelegenheit, die ein kapitaler Bock von Fünf-Millionen-Neuerwerbung Atinc Nukan den Gastgebern auf dem Silbertablett servierte, aber Zlatko Dedic scheiterte an André Weis (18.). Eingedenk dieser Szene verstieg sich FSV-Coach Tomas Oral zu der gewagten These: "Wir waren die klar bessere Mannschaft."

Das, mit Verlaub, stimmte so keineswegs. Doch selten vermochten die Sachsen ihre individuelle Qualität in einer umkämpften und gleichermaßen zerfahrenen Begegnung auf den Rasen zu bringen. "Das hatte viel mit dem Gegner zu tun", räumte Rangnick ein, der allerdings im gleichen Atemzug zugab: "Nach meinem Geschmack war der Ball viel zu oft in der Luft." Und auch die vielen langen Bälle standen eigentlich nicht auf dem Leipziger Lehrplan. Aber wer hatte etwas anderes erwartet? Willi Orban, der vom Ligagefährten 1. FC Kaiserslautern gewechselte Innenverteidiger, kennt im Gegensatz zu manch anderer Neuerwerbung das deutsche Unterhaus nicht nur vom Hörensagen. "Ich weiß, was die zweite Liga bedeutet: die kämpferische Komponente ist sicherlich größer als die spielerische. Und gerade im ersten Spiel kann nicht alles perfekt laufen: Bei uns hat keiner geglaubt, dass wir hier gleich 3:0, 4:0 gewinnen."

Rangnick bemüht sich, cool zu bleiben

Letztlich bedurfte es einer massiven Systemänderung des RB-Supervisors, um die Weichen zum wichtigen Auswärtssieg zu stellen, den fast 1000 mitgereiste Leipziger Anhänger recht euphorisch besangen. Erst als Rangnick das in der Praxis sicherlich nicht ausgereifte 4-2-2-2-System in eine 4-2-1-3-Formation ("Ein Zehner, drei Spitzen") verwandelte, kamen die Rasenballsportler besser ins Spiel. "Vorher haben wir unsere Taktik kaum umgesetzt und zu viele Fehler gemacht", räumte auch Stefan Ilsanker ein, der im zentralen Mittelfeld zahllose Zweikämpfe führte und kaum dazu kam, die Spitzen mit brauchbaren Zuspielen zu versorgen.

Der an der Seitenlinie um eine sachliche Tonart bemühte Rangnick ("Um mich herum ist genug Hektik, deswegen habe ich versucht, einigermaßen cool zu bleiben") scheute sich indes nicht, seine Angreifer für den lange recht einfallslos wirkenden Auftritt verantwortlich zu machen. "Unsere Offensivspieler hatten nicht ihren besten Tag", mäkelte der Coach über die ziemlich unglücklich, weil oft verloren wirkenden Yussuf Poulsen und Davie Selke. Konkret lautete der Vorwurf: "Yussuf kann viel besser spielen. Und Davies Rolle war nicht dankbar. Ich mache mir bei ihm keine Sorgen, dass er noch genügend Tore schießen wird. Wir dürfen nicht zu hohe Maßstäbe anlegen."

Doch wenn ein Verein wie RB Leipzig eben acht Millionen Euro für solch einen Stürmer ausgibt, der in der Bundesliga bereits Stammspieler war, dann sind die Erwartungen halt höher. Damit werden der Klub und seine Kicker leben müssen. Insofern könnte der Auftritt am ersten Spieltag schon so etwas wie eine Blaupause für den weiteren Saisonverlauf gewesen sein. Eine These, die Rangnick auch bejahte: "Wir haben nicht angenommen, dass uns die Gegner in der zweiten Liga Rosen ausstreuen."

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