Bundesliga:"Sehr leidenschaftliche Schalker"

Ralf Rangnick 2011 als Trainer bei Schalke 04

Auf den Namen Rangnick als Garant einer besseren Zukunftsperspektive können sich auf Schalke im Moment offenbar alle einigen.

(Foto: dpa)

Retter-Gemeinschaft oder Verschwörer? Die Gruppe, die Ralf Rangnick zurück zu Schalke 04 bringen möchte, wird sich an diesem Mittwoch vorstellen.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Die sogenannte geheime Gruppe, die dem Aufsichtsrat des designierten Bundesliga-Absteigers Schalke 04 die mögliche Rückkehr von Ralf Rangnick avisiert hat, ist im Grunde gar nicht so geheim. Freunde und Förderer sowie ehemalige Mitarbeiter, Spieler und Funktionäre des Klubs haben sich in dieser Runde zusammengetan, weil sie meinten, ihr Klub brauche Hilfe. Aus dieser Überzeugung sind sie zur Tat geschritten, und nun stellt sich dem Schalker Publikum die Frage, ob ihnen dafür ein königsblauer Verdienstorden gebührt oder ob die Koalition eine Tagesordnung in eigener Sache verfolgt. Diesen Eindruck hat im Namen der gewählten Klubvertreter der Aufsichtsratschef Jens Buchta geäußert. Das "nicht-legitimierte" Handeln der auswärtigen Gruppe hält er, zumindest teilweise, für "vereinsschädigend".

Dabei ging es weniger um die Kontaktaufnahme zu Ralf Rangnick als um andere Aktivitäten im Hoheitsgebiet der Vereinsführung. Buchta hatte im SZ-Interview berichtet, Vertreter der Gruppe hätten aktive Vereinssponsoren angesprochen und wenigstens in einem Fall dazu aufgefordert, Druck auf den Klub auszuüben und Unsicherheit zu schüren. Jens Buchta, dessen Integrität auch von seinen Kritikern anerkannt wird, zeigte sich darüber ernsthaft entsetzt.

Rangnick, heißt es, sei nicht auf elitären Erfolg oder ein Riesenbudget fixiert

Auch Mitglieder des anonymen Bündnisses waren über den Vorwurf der Sabotage schockiert. Sie forschten deshalb, ob in den eigenen Reihen solche subversiven Annäherungen an Geldgeber des Vereins stattgefunden hätten. Resultat: Die von Buchta genannte Firma Stölting, ein Personaldienst-Unternehmen aus Gelsenkirchen, kommt als Beschwerdeführer nicht in Frage - sie ist selbst Teil des "Geheimbunds". In einem anderen Fall soll es tatsächlich derartige Umtriebe gegeben haben - allerdings durch Mittelsmänner einer anderen Interessen-Vereinigung, die im Hintergrund des Gelsenkirchener Klubs aktiv ist. Die besagten Herren, ehemalige Schalke-Profis, tragen angeblich einen prominenten Namen. Sie sollen zum Gefolge eines finanzkräftigen langjährigen Vereinsmitglieds gehören, der angeblich bereits beim inzwischen dauerhaft beurlaubten Sportvorstand Jochen Schneider vorgesprochen hatte, um seine Hilfe zu offerieren. Dabei soll er in Aussicht gestellt haben, Nationalspieler Julian Draxler nach Schalke zurückzuholen.

Man könnte meinen, dass es rund um Schalke 04 allmählich undurchsichtig zu werden droht, und dass der Ruf des Klubs dadurch noch mehr zu leiden hat - und bekanntlich war er vorher schon nicht der beste. Überall im Land wird Schalke jetzt wieder das Etikett "Chaosklub" aufgeklebt. Die Unterstützer-Gruppe hat die Zeichen der Zeit erkannt und plant, aus der dubiosen Ecke hervorzukommen. Auf einer Pressekonferenz will sie sich am Mittwoch in Essen vorstellen. Bild berichtete, dass unter anderen der ´97er Europacup- Sieger alias Eurofighter Ingo Anderbrügge sowie der Medienunternehmer Bernd Grabosch ("Brainpool") dazugehöre.

Vorab hatte bereits Ralf Rangnicks Manager Marc Kosicke ein wenig Ehrenrettung für die vermeintlichen Verschwörer betrieben. Im Interview mit Sport 1 berichtete der Chef der Agentur "Projekt B", die außer Jürgen Klopp noch etliche weitere Bundesligatrainer betreut, Rangnick sei von einer Gruppierung "sehr leidenschaftlicher Schalker" angesprochen worden. Die Frage, ob er sich ein drittes Engagement in Gelsenkirchen vorstellen könne, habe Rangnick grundsätzlich nicht verneint. Kosicke verwies aber auch auf das Interesse seines Mandanten an der demnächst freiwerdenden Stelle des Bundestrainers. Der DFB hält sich dazu bisher bedeckt. "Wenn definitiv der ganze Klub Schalke 04 hinter Ralf Rangnick steht und ihn unbedingt haben will, während man beim DFB nur halb begeistert ist, dann reizt Ralf das Thema da, wo man am meisten Support hat, mehr", sagte Kosicke. Über die engen finanziellen Fesseln, die dem Klub im unvermeidlich folgenden Zweitligajahr anliegen werden, soll Rangnick übrigens unterrichtet sein.

Was womöglich auch nicht zu unterschätzen ist: Rangnick ist, wie Kenner erzählen, durchaus nicht auf Erfolg in elitären Höhen und ein entsprechendes Budget fixiert. Er möchte das echte Fußball-Leben und die Sympathien der Fans spüren - und vielleicht nochmal unter Applaus eine Ehrenrunde durch die vollbesetzte Gelsenkirchener Arena laufen, wie er es im Dezember 2005 schon mal tat. Mit der Folge, dass ihn Rudi Assauer prompt vor die Tür setzte, weil die Ehrenrunde nicht nach, sondern vor dem Spiel stattfand. Dies war Rangnicks Art gewesen, sich für den Zuspruch der Fans zu bedanken, nachdem Schalke die Vertragsverlängerung verneint und die Trennung im nächsten Sommer angekündigt hatte. Assauer zog nach der Ehrenrunde die Scheidung ein halbes Jahr vor.

Immer noch hat Rangnick einen großen Namen bei den leidgeprüften Schalkern. Bald 50000 Fans haben sich einer am Wochenende eröffneten Petition zugunsten des früheren Trainers angeschlossen. "Ralf fühlt sich da schon gerührt. Er hatte immer ein blau-weißes Herz und wurde damals auf Schalke auch sehr emotional verabschiedet", sagte Kosicke.

Auf den Namen Rangnick als Garant einer besseren Zukunftsperspektive können sich im Moment offenbar alle einigen. Die amtierenden Funktionäre um den Rechtsanwalt Buchta, der über die korrekten Abläufe wacht - und die Aktivisten, die auf eigene Faust zur Schalke-Rettung aufgebrochen sind. Von Kennern des Geschäfts, die ohne die ganz großen Gefühle auf das Durcheinander in Gelsenkirchen blicken, ist Ähnliches zu hören.

Ralf Rangnick wäre die beste Lösung, die sich Schalke erträumen könnte, heißt es jenseits des Rhein-Herne-Kanals. Auch Klublegende Gerald Asamoah, in der jüngsten Personalreform zum "Koordinator der Lizenzspielerabteilung" aufgerückt, würde den alten Chef gern wieder begrüßen, wie er am Dienstag mitteilte: "Wir hatten eine schöne Zeit und haben erfolgreichen Fußball gespielt".

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Rangnick

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