Ralf Rangnick in Österreich:Ausdrücklich nur Teamchef

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Einfach nur sein Team erfolgreich trainieren: Das ist das Interesse von Ralf Rangnick, der am Freitag mit Österreich in der Nations League auf Slowenien trifft. (Foto: Ronny Hartmann/AFP)

Im Österreichischen Fußball-Bund schwelt seit Jahren ein Konflikt wegen möglicher Reformen. Ralf Rangnick hält sich so gut es geht heraus, um seinem eigenen Ziel gerecht zu werden: die Nationalmannschaft zur WM führen.

Von Felix Haselsteiner

In der Kabine des Leipziger Zentralstadions war gerade ein Projekt gescheitert, da ging es schon um ein neues. Minuten waren erst vergangen seit dem denkbar knappen Aus der österreichischen Nationalmannschaft im EM-Achtelfinale gegen die Türkei, da richtete der Trainer Ralf Rangnick Worte an seine Mannschaft, die sich mit der Zukunft beschäftigten. Man werde sich im Herbst schon wiedersehen, und ab dann gehe es vor allem um das große Fernziel, das in Wahrheit noch viel größer sei als die Europameisterschaft: Österreich in zwei Jahren wieder zu einer Weltmeisterschaft zu führen, das ist das Ziel eines Trainers, um das es bereits in Leipzig ging.

Man könnte das als relativ simplen Trick des Fußballrhetorikers und Mannschaftsmotivators Rangnick abstempeln, der in seiner langen Karriere selbstverständlich ein Bewusstsein dafür entwickelt hat, dass in Momenten der Niederlage der Gedanke an die Zukunft eine Rettung sein kann. In Wahrheit aber geht es darum, den 66-Jährigen in das richtige Licht zu rücken: Trainer – beziehungsweise, im Lokaljargon: Teamchef – der österreichischen Nationalmannschaft ist Rangnick, sonst nichts. Auch wenn das manche nicht glauben möchten.

Es war mal wieder ein politischer Sommer im österreichischen Fußball, zumindest nach der Europameisterschaft. Wer dachte, dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ein komplizierter Zusammenschluss aus Landesfürsten und Fußballmanagern ist, der hat den Österreichischen Fußball-Bund (ÖFB) noch nicht kennengelernt: Dort schwelt seit Jahren ein Konflikt zweier Lager mit sehr unterschiedlichen Interessen, der wohl selbst dem DFB zu albern wäre. Es ist eine Art Abnutzungskampf unter Landesverbänden, der in so kuriose Pattsituationen mündet wie die Geschäftsführerbesetzung aus Thomas Hollerer und Bernhard Neuhold, von denen selbst die Wiener Stadttauben wissen, dass sie sich nicht ausstehen können.

Hollerer und Neuhold sollen, wie man hört, weiterhin eher gegen- als miteinander arbeiten, aber inzwischen bei einem Verband, der sich einer Reform verschrieben hat, was vor allem dem Präsidenten Klaus Mitterdorfer zu verdanken ist. Seit einem Jahr ist Mitterdorfer in jenem Amt, in das er auf sehr österreichische Art und Weise gelangte (so wirklich weiß keiner genau, wie), in dem er nun aber einen beachtlichen Job macht: Mitterdorfer hat auf wundersame Weise in einem Gremium voller Eigeninteressen durchgesetzt, dass der ÖFB eine Reform bekommen wird, die er dringend braucht. „Football first“ finden nicht alle gut, aber zumindest fand sich eine Mehrheit, die mehr Zusammenarbeit proklamiert und bessere Entscheidungswege.

Rangnick möchte den ÖFB ausdrücklich nicht umbauen und neu gestalten

Politisch ist darin auch die Rolle des Teamchefs Rangnick, der zwar als Unterstützer Mitterdorfers gilt und bei der entscheidenden Sitzung anwesend war – aber an der Ausarbeitung der Reform ausdrücklich unbeteiligt ist; auch wenn ihm das öffentlich gerne zugeschrieben wird, von beiden Seiten. Die Reformfreunde nämlich berufen sich darauf, dass der Heilsbringer Rangnick die nötigen Impulse geben würde, wie einst beim Aufbau des Red-Bull-Fußballimperiums, das habe doch gut funktioniert. Und die Reformgegner berufen sich darauf, dass Rangnick den ÖFB nach seinen Ideen umbauen wolle, was sie selbstredend als Profiteure traditionell undurchsichtiger Strukturen nicht zulassen möchten.

Aber nach SZ-Informationen möchte Rangnick den ÖFB ausdrücklich nicht umbauen und neu gestalten, sondern einfach nur eine Nationalmannschaft erfolgreich trainieren. Wenn, dann sagt man dem Teamchef ein gehöriges Interesse an einer Modernisierung des Ernst-Happel-Stadions nach, worin ihn außerhalb der Lobby der Wiener Stadttauben, die in großen Mengen im alten Praterstadion nisten, auch viele Österreicher ausdrücklich unterstützen. Geld zu finden in den Finanzkammern der Stadt Wien und der Bundespolitik dürfte die Herausforderung sein, aber improvisierte Lösungen braucht es derzeit ohnehin im österreichischen Fußball.

Rangnick nämlich muss sich – nach der EM und der Verbandspolitik im Sommer – nun mit der Nations League beschäftigen, am Freitagabend (20.45 Uhr) geht es für Österreich gegen Slowenien, am Montag gegen Norwegen. Da in der Innenverteidigung mit David Alaba, Gernot Trauner, Kevin Danso und Philipp Lienhart das komplette Stammpersonal ausfällt, wird in Österreich nun erst einmal mit Spannung die Leistung des Fußballtrainers Rangnick und seiner Mannschaft auf dem Feld erwartet. Daran lässt er sich ausdrücklich am liebsten messen.

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