Wer weiß, ob dieser Superlativ den Überprüfungen standhalten würde? Andererseits: Imposant bleibt die Karriereleistung des Rechtsverteidigers Dani Alves auch, sollte sich herausstellen, dass er doch nicht "der erfolgreichste Fußballer aller Zeiten" ist, wie der Profi von Paris Saint-Germain jüngst von französischen Medien apostrophiert wurde. Am Dienstagabend hatte Alves, 35, mit PSG den Drittligisten Les Herbiers mit 2:0 besiegt und damit den französischen Pokal gewonnen. Für Alves war das nach 23 Titeln mit dem FC Barcelona, fünf mit dem FC Sevilla und zweien mit Juventus Turin nun auch die vierte Trophäe mit PSG. Zählt man eine regionale Meisterschaft mit EC Bahia hinzu sowie drei Trophäen, die er mit Brasiliens Nationalteam holte, kommt Alves auf erstaunliche 38 Erfolge. Trotz der rekordverdächtigen Marke war Alves nicht nach Feiern zumute. Denn wegen einer Knieverletzung steht seine Teilnahme an der Fußball-WM auf dem Spiel.
Sein Klub gab bekannt, dass Alves eine schwere Dehnung des rechten Kreuzbandes erlitten hat, auch das Außenband sei lädiert. Gemessen daran, dass zunächst ein Riss des Kreuzbandes befürchtet wurde, eine gute Nachricht für Alves. Nur folgte sogleich die schlechte: Die Gefahr einer Operation ist nicht gebannt. Alves müsse mindestens drei Wochen aussetzen, danach werde abschließend geprüft, ob er nicht doch unters Messer muss. Sollte diese Frage bejaht werden, wäre die WM in Russland endgültig außer Reichweite. Der Trainer Brasiliens, Tite, hätte dann ein Problem, das möglicherweise ein Profi des FC Bayern lösen müsste: Rafinha, 32.
Fußball-WM:Auch bei Manuel Neuer wachsen die Zweifel
Wird der Nationaltorhüter fit für die WM? Sein Comeback verzögert sich abermals. Der FC Bayern mischt sich mit der Klarstellung eines Medienberichts in die aufgeregte Debatte ein.
Tite weiß, dass Rafinhas Bock gegen Madrid nicht repräsentativ war
Seit 2006 hat Alves den Rechtsverteidigerposten quasi für seine Person monopolisiert; kein Konkurrent, den Tite zuletzt ausprobierte, konnte überzeugen. Das gilt für den 28-jährigen Fagner, der in Brasilien bei Corinthians spielt und als Kandidat Nummer eins gilt, und auch für den zwei Jahre jüngeren Danilo (Manchester City), dem immer noch nachhängt, dass er bei seinem Gastspiel bei Real Madrid ein Nervenbündel war. Kommt Rafinha also im Herbst seiner Karriere doch zu einem Happy End einer weitgehend angespannten Beziehung zur Seleçao?
Ehe er in Deutschland bei Schalke 04 anheuerte, war er einer der hoffnungsvollsten Außenverteidiger seines Landes. Er war 2005 bei der U20-WM in Holland dabei, bei Olympia 2008 in Peking gewann er Bronze. Beide Male mussten die Brasilianer mit ansehen, wie die mäßig geliebten "Brüder" aus Argentinien um Lionel Messi und Sergio Agüero die Titel abschleppten. Seither bekam Rafinha nur wenige Einsätze in der Nationalelf. 2015 hatte er genug - und bat darum, nicht mehr berücksichtigt zu werden. Der damalige Trainer Carlos Dunga hatte ihn als Notnagel rekrutieren wollen, weil Alves und Danilo ausgefallen waren. Rafinha forderte in höflichen, aber deutlichen Worten eine echte Chance statt einer Lückenbüßerrolle. "Wir wollen keinen Zweifler", ätzte Dunga.
Unter Tite aber robbte sich Rafinha wieder heran. Vergangenes Jahr holte der Trainer ihn für die Testspiele gegen Australien und Argentinien in den Kader. Auch danach betonte Tite immer wieder, dass er Rafinha "auf dem Radar" habe. Zumal auch bis nach Brasilien vordrang, dass Rafinha beim FC Bayern zuverlässig arbeite. Dabei war alles andere als abträglich, dass Carlo Ancelotti, Vorgänger des scheidenden Bayern-Trainers Jupp Heynckes, mit Brasiliens Nationaltrainer Tite bekannt ist - und diesen mit positiven Einschätzungen versorgte. Tite weiß zudem, dass der kapitale Bock, den sich Rafinha soeben im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid leistete (er leitete im Hinspiel mit einem technischen Fehler das 1:2 ein), nicht repräsentativ war. Zumal Heynckes Rafinha in diesem Spiel fachfremd als Linksverteidiger einsetzen musste.
Beim FC Bayern weiß man Rafinha als vielseitig verwendbar zu schätzen. Sein Kontrakt läuft zwar in diesem Sommer aus, die Münchner boten ihm aber schon eine einjährige Vertragsverlängerung an. Am Montag will Tite seinen vorläufigen Kader bekanntgeben, er wird 30 Spieler umfassen und muss unmittelbar vor der WM auf 23 reduziert werden. Sollte Rafinhas Name dabei sein, "würde ein wundervoller Kindheitstraum in Erfüllung gehen", sagt er; der Traum kreist nur darum, "einmal mein Land bei einer WM zu vertreten. Ich habe immer dafür gearbeitet."