Nach dem Tod von Muriel Furrer:Tragödie bei der Rad-WM

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Stille in Zürich: Die Schweizer Radrennfahrerinnen während einer Schweigeminute zum Gedenken an Muriel Furrer aus der Schweiz, die nach einem Sturz starb. (Foto: Til Buergy/dpa)

Der Tod der Schweizer Nachwuchsfahrerin Muriel Furrer überschattet den Triumph von Tadej Pogacar. Der Unfallhergang ist weiterhin unklar.

Radprofi Tadej Pogacar hat seine herausragende Saison mit seinem ersten WM-Titel gekrönt. Er gewann am Sonntag das Straßenrennen in Zürich und feierte so nach den Siegen beim Giro d’Italia und der Tour de France seinen dritten großen Titel des Jahres. Der 26-jährige Slowene attackierte erstmals 100 Kilometer vor dem Ziel und vollendete letztlich ein 51-Kilometer-Solo. Er ist der erst dritte Fahrer nach Eddy Merckx (1974) und Stephen Roche (1987), der sich die „Dreifachkrone des Radsports“ sicherte. Diese umfasst zwei Gesamtsiege bei einer großen Landesrundfahrt und den WM-Titel innerhalb eines Jahres.

Pogacars Triumph wurde wie das komplette finale Wochenende der Rad-WM überschattet vom Tod der Schweizer Juniorin Muriel Furrer. Die 18-Jährige war am Donnerstag während des Nachwuchsrennens in einem Waldstück gestürzt und hatte sich ein schweres Schädel-Hirn-Trauma zugezogen. Einen Tag starb sie im Universitätskrankenhaus von Zürich.

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Die Schweizerin Muriel Furrer kam am Donnerstag beim Juniorinnen-Rennen in Zürich zu Fall. Nun erlag sie ihren schweren Verletzungen.

Der Unfallhergang ist weiterhin in vielerlei Hinsicht unklar. Bekannt ist, dass Furrer auf dem Rundkurs um Zürich in einem Waldstück zu Fall gekommen war, das auf der Nordseite des Zürichsees liegt. Sie wohnte nur zehn Kilometer von der Stelle entfernt, an der sich der Unfall ereignete.

Der Sportliche Leiter der Rad-WM, Olivier Senn, gewährte am Sonntag erstmals einen Einblick in die Rettungsaktion. Die Rettungskette habe „sehr gut“ funktioniert, sagte er der Nachrichtenagentur SDA. „Minuten nach dem Eingang der Unfallmeldung“ seien der Arzt samt Rettungswagen vor Ort gewesen und hätten „mit der Erstversorgung“ begonnen, „auch der Rettungshelikopter stand bereit“. Allerdings ließ Senn offen, wann die Unfallmeldung genau einging. Furrer lag wohl längere Zeit unentdeckt am Unfallort.

Senn bestätigte, dass sich der Sturz in der Abfahrt im Waldstück vor Küsnacht ereignete. „Ich kenne weder den Unfallhergang noch den genauen Unfallort. Wir wissen, wo Muriel gefunden wurde, wissen aber nicht, wie die Unfallstelle genau aussieht“, sagte Senn. Polizei und Staatsanwaltschaft seien noch dabei, den Unfallhergang zu rekonstruieren: „Die WM-Strecke wurde vielfach bezüglich Risiken analysiert. Sie beinhalten keine Risiken über dem üblichen Maß.“

Zuletzt häuften sich schwere Stürze im Radsport

In der jüngeren Vergangenheit hatten sich schwere Stürze im Radsport gehäuft. Im Juli war der Norweger André Drege bei der Österreich-Rundfahrt auf der Abfahrt vom Großglockner gestürzt und ums Leben gekommen. Im Juni 2023 war der Schweizer Gino Mäder auf der Abfahrt des Albula-Passes von der Straße abgekommen und später an seinen schweren Verletzungen gestorben. Mäders Tod hatte die seit Langem schwelende Debatte über Sicherheit im Radsport verschärft.

Trotz des Unfalltods von Muriel Furrer entschieden sich die Verantwortlichen dafür, die Rad-Weltmeisterschaft am Wochenende fortzusetzen. Die geschehe auch auf „der Wunsch der Familie“, teilten die Organisatoren mit. „Wir glauben, dass es nicht der beste Weg wäre, sich an Muriel zu erinnern, wenn wir die WM stoppen würden“, sagte David Lappartient, der Präsident des Rad-Weltverbandes UCI: „Wir hatten ein Meeting und gemeinsam entschieden, es wäre nicht der beste Weg, würden wir die Rennen stoppen.“

Stattdessen wurde unweit der WM-Strecke in Zürich eine Gedenkstätte für Muriel Furrer eingerichtet, und die Beteiligten versuchten, der Verstorbenen im Rahmen der Wettkämpfe zu gedenken. Sowohl beim Start des Frauenrennens am Samstag, das die belgische Titelverteidigerin Lotte Kopecky gewann, die ihren Sieg Furrer widmete, als auch am Sonntag bei den Männern gab es zunächst eine Schweigeminute, ehe sich das Peloton, sichtlich mitgenommen, auf die Strecke machte.

Nicht nur das deutsche Nachwuchstalent Antonia Niedermaier, 21, berichtete hinterher, wie schwer der Tag gewesen sei. Sie brach während des WM-Rennens in Tränen aus, weinte später auch im Ziel. „Das war hauptsächlich mental. Das hat mich ziemlich mitgenommen“, sagte Niedermaier im ZDF. Sie war im vergangenen Jahr beim Giro Donne selbst heftig gestürzt, und die Gedanken daran kamen nun wieder auf. „Als die Nachricht kam, dass sie verstorben ist, da ist viel zusammengekommen. Das ging mir sehr nah“, sagte Niedermaier.

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