Radsport:"Es ist nicht toll, so zu gewinnen"

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Ein Löwe und Blumen für den Gesamtsieger: Maximilian Schachmann nach der letzten Etappe. (Foto: Anne-Christine Poujoulat/AFP)

Maximilian Schachmann will auch in der Rad-Saison 2021 seine Vielseitigkeit beweisen: Bei der Fernfahrt Paris - Nizza holt er auf einer spektakulären letzten Etappe den Gesamtsieg - nach einem Sturz von Primoz Roglic.

Von Johannes Aumüller, Nizza/Frankfurt

Maximilian Schachmann fuhr nahezu regungslos über die Ziellinie, kein großer Jubel war zu sehen, nicht einmal eine geballte Faust, obwohl der Berliner Radprofi ob des bloßen Ergebnisses allen Grund zur Freude hatte. Aber zu ungewöhnlich war das gewesen, was zuvor auf den gerade mal 93 Kilometern zwischen Le Plan-du-Var und Levens geschehen war. Als Schachmann am frühen Nachmittag den achten und letzten Abschnitt der Traditionsrundfahrt Paris - Nizza aufnahm, tat er das mit dem Gefühl, ein hervorragendes Rennen abgeliefert zu haben und dieses als Zweiter hinter dem überragenden Slowenen Primoz Roglic abschließen zu können. Als er etwas mehr als zwei Stunden später mit der Spitzengruppe ins Ziel kam, stand er nach einem Sturz von Roglic als Gesamtsieger des Rennens fest - so wie schon im Vorjahr. "Das war ein verrückter Tag", sagte Schachmann: "Ich weiß nicht, ob ich glücklich sein kann. Es ist nicht toll, so zu gewinnen."

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Sieben Tage lang war Roglic der dominierende Fahrer gewesen. Drei Tagesabschnitte gewann er, darunter in einer umstrittenen Aktion die Königsetappe am Samstag, als er kurz vor dem Ziel noch den jungen Ausreißer Gino Mäder überspurtete, fast eine Minute betrug sein Vorsprung in der Gesamtwertung. Doch am Sonntag stürzte Roglic 40 Kilometer vor dem Ziel, mit einer riesigen Wunde am linken Oberschenkel musste er weiterfahren, und seine sonst so starke Jumbo-Mannschaft konnte ihm nicht helfen wie gehabt. Rund drei Minuten verlor Roglic - und weil Schachmann die ständigen Attacken des Astana-Duos Alexander Wlasow und Jon Izagirre parieren konnte, holte er den Rundfahrtsieg.

Dass der 27-Jährige bei dieser Nord-Süd-Querung Frankreichs weit vorne mitmischen würde, war zwar durchaus zu erwarten gewesen. Dass er aber über die sieben Tage der Einzige sein würde, der halbwegs mit Roglic mithält und so schließlich von dessen Sturz profitieren konnte, war durchaus erstaunlich. Denn die Rahmenbedingungen für die aktuelle Auflage waren durchaus besonders gewesen - weil Schachmann und Bora im Winter beschlossen, die neue Saison ein bisschen anders anzugehen.

Noch Rivalen, bald Teamkollegen: Maximilian Schachmann (links) neben dem Russen Aleksander Wlasow, der im kommenden Jahr zur Bora-Hansgrohe-Auswahl wechselt. (Foto: Anne-Christine Pouljouat/AFP)

Das Vorjahr dient wegen der vielen Pandemie-bedingten Besonderheiten zwar nur bedingt als guter Vergleich. Aber eine Lehre sei gewesen, dass Schachmann zum Ende des Lockdowns im Sommer vielleicht ein bisschen viel gefahren sei, sagt sein Manager Jörg Werner. In Kombination mit einem Sturz führte das dazu, dass er sich beim Jahreshöhepunkt Tour de France nicht auf dem allerbesten Level zeigte - wenngleich er immerhin auf einer schweren Alpenetappe Platz drei belegte. So sei nun der Plan, dieses Jahr etwas dosierter anzugehen und die Renntage noch wohlüberlegter auszuwählen, sagt Manager Werner.

Schachmann genießt seine Vielseitigkeit

Der Winter verlief für Schachmann daher etwas ruhiger, dafür gab es zuletzt noch einmal ein Höhentrainingslager in der Sierra Nevada, zu dem sich Schachmann unter Anleitung von Bora-Trainer Dan Lorang mit manchen Teamkollegen zurückzog. Paris - Nizza war sein erstes Rennen der neuen Saison, nächste Woche soll das Debüt beim Frühjahrsklassiker Mailand - Sanremo folgen sowie danach ein Doppel aus Baskenland-Rundfahrt und den drei Ardennen-Klassikern; dann ist erstmal Pause bis kurz vor der Tour de France, die Ende Juni in der Bretagne startet. Die ganzen schönen Planungen hätten zwar beinahe schon im Januar verändert werden müssen, als im Trainingslager am Gardasee ein Auto in die Bora-Gruppe um Schachmann hineinfuhr. Aber im Gegensatz zu seinem vergleichbaren Unfall bei der Lombardei-Rundfahrt 2020, als er einen Schlüsselbeinbruch erlitt, und zu manchen Teamkollegen kam er glimpflich davon.

Schachmann, der 2017 seine Profikarriere bei Quick Step begann und seit 2019 für Bora fährt, ist ein bemerkenswertes Phänomen im deutschen Radsport, weil er sich so vielseitig präsentiert. Er kann bei den mittelschweren Etappenrennen wie Paris - Nizza in der Gesamtwertung weit vorne landen, ebenso bei einzelnen Tages-Abschnitten der großen Landesrundfahrten oder den wichtigen Eintages-Klassikern. Platz drei bei Lüttich - Bastogne - Lüttich im Jahr 2019 ist in dem Bereich sein bisher stärkstes Resultat. Manch einer in der Branche traut ihm sogar zu, irgendwann bei einer der großen Landesrundfahrten als Kapitän und Anwärter auf den Gesamtsieg aufzutreten. Schachmann selbst will sich aber nicht auf eine Rolle festlegen, sondern genießt die Vielseitigkeit.

Das dürfte ihm in diesem Jahr auch von Nutzen sein, wenn es um die Teilnahme am Jahreshöhepunkt geht. Bei Bora drängen sehr viele sehr ambitionierte Pedaleure ins Team für die Tour de France. Der dreimalige Weltmeister Peter Sagan peilt sein achtes Grünes Trikot an, dem Sprinter Pascal Ackermann hat Bora-Teamchef Ralph Denk das Frankreich-Debüt versprochen. Dazu kommen fürs Gesamtklassement der niederländische Zugang Wilco Kelderman und der schon im Vorjahr so starke Lennard Kämna sowie eben Schachmann. Da wird es für die Teamleitung gar nicht so leicht, alle Interessen zu moderieren.

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