Radsport: Erik Zabel:Abschied als Befreiung

Er gewann sechs Mal das grüne Trikot und etliche andere Rennen, doch als letzter Eindruck bleibt wohl eine tränenreiche Pressekonferenz: Erik Zabel gibt am Freitag sein Karriereende bekannt.

Andreas Burkert

Die lombardische Sonne schien den deutschen Radfahrern am Donnerstag während ihrer morgendlichen Trainingsfahrt über den WM-Kurs von Varese. Erik Zabel schloss sich der Gruppe an, obwohl er erst am Vorabend spät am Lago di Varese angekommen war. Aber natürlich nimmt er diesen Ausflug hier ernst, nicht nur, weil er als Trainingsweltmeister gilt. Denn Erik Zabel hat am Sonntag den letzten Einsatz im Nationaltrikot und seine letzte WM vor sich - der 38-jährige Sprinter aus Berlin wird an diesem Freitagmittag in Varese seinen Rücktritt zum Saisonende erklären.

Erik Zabel

Beendet seine Profi-Karriere: Radsportler Erik Zabel.

(Foto: Foto: dpa)

Seit Monaten haben Zabel und sein jetziger Milram-Rennstall ein kleines Geheimnis aus Zabels Zukunft gemacht; obwohl der Berliner, das muss man sagen, früh im Jahr auf seinen mutmaßlichen Abschied hingewiesen hatte. Der holländische Teamchef Gerry van Gerwen hatte dementsprechend geplant, die Verpflichtung des Nachfolgers Gerald Ciolek, 22, von Columbia gilt als sicher. Das abschließende Gespräch führte er mit Zabel jedoch erst bei der Vuelta. Den Start dort hatte sich der Sprinter vertraglich zusichern lassen. Die Spanienrundfahrt nennt Zabel " mein Lieblingsrennen".

Doch diesmal ging es ihm wohl auch darum, die finalen Wochen seiner Laufbahn in Ruhe verbringen zu können. Die parallel laufende Deutschland-Tour - die in Bremen, dem Sitz des Milram-Sponsors, endete - hätte er nur als Belastung empfunden. Wie er den Radsport trotz seiner großen und meist sichtbaren Liebe zu ihm eher als Belastung empfand seit seinem Dopinggeständnis im Mai 2007.

Die Fans haben ihm verziehen

Denn das verbinden ja vermutlich seitdem viele Menschen mit ihm: Seine Tränen von damals, als er in der Bonner Telekom-Zentrale, neben dem Freund Rolf Aldag und live im Fernsehen schluchzend, Doping vor der Tour 1996 einräumte und um Verzeihung bat. An den Strecken zeigte sich: Man verzieh. Er durfte bei Milram bleiben.

Bis dahin hatte Zabel nur für rund 200 Profisiege gestanden, für bislang unerreichte sechs grüne Punktetrikots bei der Tour de France, für zwölf Etappensiege in Frankreich und vier Triumphe bei Mailand - San Remo, seinem anderen Lieblingsrennen. Irgendwann ist er dann und langsamer geworden, trotz seines Trainingseifers. Zabel haderte lange mit vielen zweiten Rängen, ehe er sich mit ihnen arrangierte. Denn der Sport machte ihm einfach zu viel Spaß. Nur dass er stets im Schatten des Kapitäns Jan Ullrich stand beim Telekom-Rennstall - das verwand er nie. 2005 nahmen sie ihn erstmals nicht mit zur Tour - Zabel, seit 1993 in Magenta unterwegs, ging, zu Milram. Dort sollte er mit dem Italiener Alessandro Petacchi Siege einfahren. Der ist aber inzwischen leider wieder fort. Doping.

Anders als Ullrich

Das Thema des Radsports hat Zabel bis zum Schluss begleitet. Auch deshalb blieb er, obwohl sich sein Wesen doch merklich verändert hatte, bis zuletzt eher unzugänglich. Und nicht alle möchten ihm ja glauben, dass er nur einmal in den Giftschrank griff. Über die alten Zeiten bei Telekom und auch bei den Sixdays wurde getuschelt. Aber Erik Zabel betont fest, da gebe es nicht mehr zu erzählen, "nein, gar nichts". Etwas hat er ja immerhin erzählt, notgedrungen zwar und auch nur Verjährtes. Ein Ullrich hat das bis heute nicht hinbekommen.

Zabel und sein Bürstenschnitt werden im Peloton bald fehlen. Nächsten Freitag, beim Münsterland-Giro nahe seines Wohnortes Unna, könnte er sein Heimpublikum verabschieden; auch Paris - Tours (12. Oktober), wo er dreimal siegte, dürfte in seinem Kalender stehen, ebenso die Sechstagerennen in Dortmund, Bremen oder München. Ob er Milram und dem Sport danach irgendwie verbunden bleibt und was er sonst plant, hört man am Freitag in Varese. Er wird dann sicher nicht weinen, sondern von Erleichterung reden und auch von Sonntag. Zabels Siegchancen sind dann eher gering. Er wird das genießen.

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