Quarterbacks prägen die Super Bowl XLVI:Der Puls bleibt immer zweistellig

Tom Brady von den New England Patriots und Eli Manning von den New York Giants sind die zwei herausragenden Quarterbacks ihrer Zeit. Brady hat bereits drei American-Football-Titel gewonnen, im Finale von Indianapolis holte sich diesmal Manning seinen zweiten. Die USA debattieren: Sind sie besser als all ihre Vorgänger?

Jürgen Schmieder

Nach dem Spiel trottete Tom Brady durch die Katakomben des Stadions in Indianapolis, auch seine Frau Gisele Bündchen konnte den Spielmacher nicht trösten. Das Endspiel um die Meisterschaft verloren seine New England Patriots gegen die New York Giants mit 17:21 - und während Brady bedröppelt die Arena verließ, ließ sich sein Konkurrent Eli Manning auf dem Spielfeld feiern.

Quarterbacks prägen die Super Bowl XLVI: Eli Manning, Quarterback der New York Giants präsentiert die Vince Lombardi Trophy, den Siegerpokal im American Football in den USA.

Eli Manning, Quarterback der New York Giants präsentiert die Vince Lombardi Trophy, den Siegerpokal im American Football in den USA.

(Foto: AP)

Brady hat dieses Finale gewiss nicht verloren, er stellte einige Rekorde auf, er schaffte 276 Yards Raumgewinn und zwei Touchdowns. Er konnte es aber auch nicht gewinnen. Das gelang Manning, der seine Mannschaft im letzten Viertel bis in die Endzone führte und danach zum wertvollsten Spieler der Partie gewählt wurde.

Beobachter waren sich nach dem Spiel sicher: Da haben zwei der besten Spielmacher gegeneinander gespielt, die es bislang im American Football gab - und sie haben sich ein großartiges Duell geliefert. Dabei wäre es durchaus möglich gewesen, dass es niemals zu einem derart herausragenden Spiel gekommen wäre.

In seinem letzten Jahr als Student an der University of Michigan hatte es Tom Brady nicht leicht, er konkurrierte mit Drew Hanson um die Position des Spielmachers. "Ich wurde auf dem Campus ausgebuht, Studenten in Vorlesungen sagten mir, dass Drew besser sei", sagte Brady. Hanson könne präziser passen, er sei schneller und kräftiger. Brady musste in psychologische Behandlung, eine Karriere als Profisportler schien ausgeschlossen zu sein.

Nach seiner Zeit in Michigan bewarb er sich im Jahr 2000 um eine Stelle bei einem Profiklub - und wurde ignoriert. In der sechsten Runde, als 199. Spieler des Jahrgangs, wurde er von den New England Patriots gewählt. Als Ersatzmann des Ersatzmanns des Ersatzmanns des Quarterbacks. "Er wurde einfach übersehen", sagt Ray Lewis, einer der besten Verteidiger, "weil die Vereine vergessen haben, dass es Attribute gibt, die sich nicht in Zehn-Yard-Zeiten und anderen Statistiken messen lassen."

Brady ist ein Anführer, ein Leitwolf. Er dirigiert seine Mitspieler nicht nur vor Spielzügen, sondern mitunter sogar währenddessen. "Man läuft sich frei, plötzlich hört man einen Schrei von Tom, der einen in die andere Richtung schickt - und schon wirft er den Ball an die richtige Stelle", sagt Passempfänger Wes Welker, "das macht kein anderer Quarterback, den ich kenne."

Der ewige Bruder-Vergleich

Zudem ist Brady ein Sportler, dessen Puls offensichtlich noch niemals einen dreistelligen Wert erreicht hat. In Michigan erzählen sie sich immer noch die Geschichte, als Brady in der Schlussphase eines wichtigen Spiels eine Auszeit nahm. Er wollte keine taktischen Anweisungen, sondern seinem Trainer nur mitteilen: "Wahnsinnsspiel heute, oder?"

Eli Manning dagegen hatte mit einem anderen Problem zu kämpfen, nämlich dem der späten Geburt. Er ist der jüngere Bruder von Peyton Manning, einem ebenfalls hoch begabten Spielmacher. Stets wurde er mit Peyton verglichen, schon während seiner Zeit an der Universität von Mississippi. Er zeigte gute Leistungen, doch seine Kritiker vermuteten, dass er nur aufgrund seines Vaters, einst ebenfalls NFL-Quarterback und seines Bruders gefördert werde.

Als er sich zu Beginn seiner Profikarriere weigerte, nach San Diego zu wechseln, wurde er als verwöhnter und überschätzter Schnösel verspottet - ein Urteil, das sich während seiner ersten Saison bei den New York Giants noch erhärtete, als er von sieben Spielen als Stammspieler sechs verlor. Selbst nach dem Gewinn der Super Bowl vor vier Jahren riss die Kritik nicht ab.

Dabei ist Manning - ähnlich wie Brady - ein Spielmacher, dessen Qualitäten sich nicht unbedingt in Zahlen ablesen lassen. Er gilt als Spezialist, in entscheidenden Situationen eines Spiels Ruhe und Übersicht zu bewahren und bei wichtigen Partien nicht nervös zu werden. "Er ist im vierten Viertel einer entscheidenden Partie genauso ruhig wie im ersten Viertel eines Vorbereitungsspiels", urteilte kürzlich sein Bruder Peyton.

Vor dem Finale am Sonntag musste Eli Manning ebenso viele Fragen zu seinem Bruder beantworten wie zu sich selbst, schließlich fand das Endspiel in Indianapolis statt, wo Peyton seit Jahren erfolgreich spielt. Als er dann nach dem Sieg auf der Bühne stand und von einem Reporter gefragt wurde, wie das denn sei, in der Stadt seines Bruders den Titel zu holen, da sagte Eli Manning genervt: "Es ist mir egal, wo ich ein Finale gewinne!"

Zwei Mal hat der 31-jährige Manning nun das Endspiel gewonnen, zwei Mal wurde er zum wertvollsten Spieler gewählt. Der 34-jährige Brady kann drei Titel vorweisen. Nun wird in den Vereinigten Staaten über das Vermächtnis der beiden debattiert. Sind sie besser als die prägenden Quarterbacks vor ihrer Zeit? Sind sie so gut wie Joe Montana, Otto Graham, Johnny Unitas, John Elway und Brett Favre?

Freilich ist diese Diskussion müßig. Beide haben den Sport im vergangenen Jahrzehnt entscheidend geprägt, von zehn möglichen Titeln haben sie fünf gewonnen. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die beiden noch ein Mal in einem Endspiel gegenüberstehen.

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