Quarterback Peyton Manning:Humorlos vor dem historischen Tag

Denver Broncos quarterback Manning calls a play against the New England Patriots during the first quarter  in the NFL's AFC Championship football game in Denver

Peyton Manning: unterwegs zu historischem Titelgewinn

(Foto: REUTERS)

Der Quarterback Peyton Manning war nach einer schweren Verletzung bereits abgeschrieben - nun steht der 37-Jährige mit den Denver Broncos erneut im Football-Finale. Als erster Spielmacher könnte er mit zwei Teams die Super Bowl gewinnen.

Von Ulrike von Bülow, New York

Am Dienstagabend gingen seine Teamkollegen feiern. Es war das letzte Mal, dass die Footballer der Denver Broncos Ausgang hatten: Lasst es noch mal krachen, bevor es ernst wird, hatte John Fox gesagt, ihr Coach. Und so fuhren die meisten Broncos ins "Greenhouse", einen angesagten Club in Manhattan, bestellten Dom Pérignon und ließen sich von jungen Damen umgarnen. Nur Peyton Manning nicht, ihr Quarterback. Der saß in Hoboken, New Jersey, nippte an einem Leicht-Bier und schäkerte mit Lucy, seiner Nichte, einem blonden Fratz mit Windelpopo.

Lucy ist sieben Monate alt und die Tochter von Eli Manning, Peytons jüngerem Bruder. "Sie wurde im Sommer geboren, als ich gerade mit den Broncos ins Trainingscamp ging", so Peyton Manning, "ich hatte noch keine Zeit, sie persönlich zu begrüßen." Doch das konnte er nun nachholen, da die Denver Broncos am Sonntag gegen die Seattle Seahawks um die Super Bowl spielen, die Meisterschaft der amerikanischen Profiliga NFL (in der Nacht zu Montag, 0.05 Uhr/Sat 1): Die wird diesmal im MetLife-Stadium ausgetragen, unweit von Eli Mannings Apartment in Hoboken. Der ist nämlich der Quarterback der New York Giants, die im MetLife-Stadium daheim sind. "Welche Ironie des Schicksals", merkte Peyton Manning an. Und lachte.

Vor zwei Jahren war es genau andersrum: Da gewann Eli Manning mit seinen Giants im Lucas-Oil-Stadium von Indianapolis die Super Bowl. Das war damals das Heimstadion seines Bruders Peyton, der für die Indianapolis Colts spielte. In Indianapolis verehrte man ihn, Peyton Manning hatte die Colts 2007 zu ihrem ersten Super-Bowl-Sieg dirigiert und zwei Jahre später noch einmal ins Finale geführt. 2012 aber war er verletzt - an der Halswirbelsäule.

Der Quarterback musste mehrmals operiert werden, niemand wusste, ob er noch einmal zurückkommen würde. Die Colts schienen nicht daran zu glauben: Sie entließen ihn aus seinem Vertrag. Nun kann Peyton Manning etwas vollbringen, das noch keinem Quarterback vor ihm gelungen ist: die Super Bowl mit zwei verschiedenen Teams zu gewinnen.

Denn er kämpfte sich durch eine lange Rehabilitation - und dann sprachen die Denver Broncos bei ihm vor. Sie boten ihm einen Fünfjahresvertrag, dotiert mit 96 Millionen Dollar, und der zahlt sich offenbar aus. Manning, inzwischen 37, brach in dieser Saison so viele Rekorde, dass man schon das Gefühl hatte, in der NFL gebe es nur einen Quarterback - ihn. Alles kreiste um Peyton Manning. Er fabrizierte während der Punkterunde 55 Touchdowns, fünf mehr als der bisherige Rekordhalter, Tom Brady von den New England Patriots. Zudem erzielte er 5477 Yards Raumgewinn und überholte damit den bisherigen Rekordhalter dieser Kategorie, Drew Brees, der 2011 für New Orleans auf 5476 kam.

Am Mittwoch war Brees in der Late Show von David Letterman zu Gast, wo er Manning pries: "Ich glaube, wir wissen alle gar nicht, was er da wirklich durchgemacht hat mit seiner Verletzung. Er hätte es verdient, die Super Bowl zu gewinnen. Ich wünsche es ihm." Nichts gegen Russell Wilson, 25, den jungen Spielmacher der Seattle Seahakws, sagte Brees noch: "Aber der hat noch Zeit." Riesen-Applaus im Publikum. Denn die Sympathien bei dieser Super Bowl sind klar verteilt.

Der Begnadete unter den Manning-Männern

Das war auch am Dienstag hübsch zu beobachten, als der traditionelle Medientag stattfand, an dem die Teams jeweils eine Stunde für Interviews bereit stehen müssen. Da verhielt es sich mit Peyton Manning und Russell Wilson etwa so wie mit Mick Jagger und Andy Borg: Um Manning bildete sich eine derartige Menschentraube, dass die Veranstalter beinahe hätten anbauen müssen. Während Wilson ein Grüppchen von Leuten anzog, das vermutlich nicht viel größer war als der Häkelkreis seiner Oma.

Nun ist Peyton Manning aber kein Typ, der gern im Mittelpunkt steht. Er und sein Bruder Eli geraten da nach ihrem Vater Archie, der auch mal ein Quarterback war - ein demütiger, dem kein Super-Bowl-Sieg gelang. Peyton gilt als der Begnadete unter den Manning-Männern: Er kann ein Spiel lesen wie kein Zweiter. Dabei ist er sehr akribisch, was ihn manchmal etwas humorlos erscheinen lässt.

Trotzdem, sie mögen ihn in den USA. Manning hat keine armfüllenden Tätowierungen wie Colin Kaepernick von den San Francisco 49ers. Und kein Topmodel als Gattin wie Tom Brady, der mit Gisele Bündchen verheiratet ist. Bei ihm geht es schlicht um Sport, und deshalb soll Manning in diesen Tagen immer wieder erzählen: Peyton, nach deiner Verletzung - ist das eine große Genugtuung, noch einmal um die Super Bowl zu spielen?

Doch Manning spricht lieber von Dankbarkeit und einer Chance, die ihm sein Körper gegeben hat: "Jeder von uns spielt gern Football. Aber ich habe von Spielern gehört, die im Alter doch ein bisschen müde wurden, was die ganze Vorbereitung angeht. Noch einmal von vorn anzufangen, mit einem neuen Team, hat mich stimuliert. Ich lerne wieder, ich lerne jede Woche etwas Neues." Etwa, wie man in seinem Alter noch einmal die Super Bowl gewinnt? Manning lacht.

Die Broncos spielten zuletzt 1997 und 1998 um die Meisterschaft, die sie beide Male für sich entscheiden konnten. Ihr Quarterback damals: John Elway. Nach dem zweiten Titel beendete der seine Karriere - mit 38. Heute ist Elway Vizepräsident der Broncos. "Wir haben viel geredet", erzählt Manning: "Er hat mir alles gesagt, was ich wissen muss."

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