Süddeutsche Zeitung

Manchester City gegen Paris:Hier ein Team, dort nur Einzelkönner

Die Pleite in Manchester legt die Probleme von Paris Saint-Germain deutlicher denn je offen - und auch die Zukunft von Trainer Pochettino scheint nicht gewiss zu sein.

Von Javier Cáceres, Manchester

Am Ende huschte doch noch ein Lächeln über das Gesicht von Mauricio Pochettino, dem Trainer von Paris Saint-Germain. Ein dick eingemummelter Mann war die Stufen des Stadions von Manchester City hinabgestiegen und hatte sich zum Spielfeldrand bewegt, als die meisten Besucher längst das Stadion in der Furcht verließen, in den Pubs würde schon Hand an die "Last Order"-Glocken gelegt. Der frühere italienische Weltklassespieler Alessandro Del Piero trat auf Pochettino zu.

Sie unterhielten sich angeregt und freundlich, so wie Del Piero auch mit Pep Guardiola um die Wette lächelnd fachsimpelte, als er den City-Trainer nach den TV-Interviews abpasste wie ein Fan. Und siehe: Pochettino schien für paar Minuten zu vergessen, dass er mit PSG nach einer 1:0-Führung mit 1:2 verloren hatte - und dass damit auch die Chance perdu war, das Achtelfinale als Gruppenerster zu erreichen. PSG erwartet in der K.-o.-Runde im neuen Jahr ein Gegner aus der Gewichtsklasse, der Del Piero immer näherkommt. Zum Beispiel der FC Bayern.

Die Niederlage war der negative Höhepunkt einer Woche, die nicht gerade einfach gewesen war für Pochettino. Seit der Entlassung von Trainer Ole Gunnar Solskjaer durch den City-Nachbarn Manchester United gilt Pochettino als Favorit auf die Nachfolge, auch am Donnerstag waren die Zeitungen in Manchester voll mit Spekulationen über angebliche Übergangstrainer. Genannt wurden der Franzose Rudi García (früher Olympique Lyon), der Spanier Ernesto Valverde (FC Barcelona), der Schweizer Lucien Favre (BVB) und auch Ralf Rangnick (RB Leipzig). Was sich so las, als würden sie bei United gerade mit Schrot schießen. In Le Parisien wiederum wurde behauptet, dass sich die PSG-Verantwortlichen mit der französischen Legende Zinédine Zidane zusammengesetzt hätten. Er stünde zur neuen Saison bereit, um Pochettino abzulösen. Angeblich.

Würde Pochettino Paris verlassen, käme das einer Kapitulation gleich

Wie groß der Wahrheitsgehalt dieser Gerüchte ist? Gute Frage. Aber es fiel schon ins Auge, dass Pochettino auch am Mittwoch wieder so klang, als würde er das Interesse gern vor aller Augen erwidern. Sein Verweis auf seinen bis 2023 laufenden Vertrag klang schmallippig, ebenso seine Beteuerung, er fühle sich wohl in Paris, wo er im Hotel wohnt. Er wirkte eher wie einer, der soeben dabei erwischt wurde, wie er unterm Tisch die Knie der United-Eigner streichelte. Nur: Vorerst ist Pochettino in einem goldenen Käfig gefangen. Und dabei geht es weniger um das Geld als um sein Renommee.

Denn: Einen Klub zu verlassen, der ihm Mitarbeiter vom Schlage eines Lionel Messi, Neymar Jr. oder Kylian Mbappé hingestellt hat und mit dem er bislang noch nichts gewonnen hat, was von Belang wäre (nicht mal die französische Liga) - das wäre eine Kapitulation, die sich in diesem Gewerbe nicht ziemt. Es wäre das Eingeständnis, dass sich dieses mit so vielen Stars überladene Ensemble nicht leiten lässt. Aber wer weiß? Vielleicht ringt Pochettino sich doch dazu durch, mit Worten zu unterfüttern, was sich an der Weise, wie PSG spielt, bestens ablesen lässt. Kapitän Marquinhos mahnte jedenfalls nicht ohne Grund, dass Defensivarbeit eine kollektive Angelegenheit ist.

"Was für ein Team! Was für Spieler", japste Pep Guardiola zwar, als er zur Pressekonferenz erschien. Nur: Seine eigene, alles andere als talentfreie Mannschaft hatte vor allem deshalb gewonnen, weil sie als ein Gegenentwurf zu PSG wirkte. City agierte als Team: solidarisch, organisiert, aufopferungsvoll. Und war dadurch den Parisern deutlich überlegen.

Der Plan Guardiolas war klar zu erkennen gewesen: City bedrängte PSG so hoch, wie es nur irgend ging, und zwang die Franzosen mitunter dazu, den Spielaufbau mit Querpässen unter der Querlatte des eigenen Tores zu versuchen. Diese Aggressivität sollte gewährleisten, dass Messi, Neymar und Mbappé von den Versorgungswegen abgeschnitten bleiben; die Natur dieser drei Offensivkräfte gebietet ihnen nun einmal, nur zu ausgewählten Anlässen nach hinten zu laufen. Es hätte fast gereicht. City brachte trotz vieler Abschlussmöglichkeiten den Ball nicht im Tor unter; einmal setzte Kapitän Ilkay Gündogan einen Ball an den Außenpfosten (33.).

Das 2:1 durch Manchester City? Kunst!

Dann aber, kurz nach der Pause flipperte der Ball zwischen den Füßen von Neymar und Messi und Ander Herrera hin und her, bis Mbappé ihn durch die Beine von Citys Torwart Ederson zur Führung ins Tor schoss (50.). Am Ende durfte sich City für die vielen Mühen und durchdachten Angriffe belohnen: Beim Ausgleich durch Raheem Sterling war ein wenig Glück dabei, der eingewechselte Gabriel Jesus hatte den Ball eher unfreiwillig auf Sterling verlängert, der aus kurzer Distanz mehr abstaubte denn einschob.

Das 2:1 hingegen? Kunst. Mahrez flankte von der rechten Strafraumseite auf Bernardo Silva, der den Ball so elegant auf Gabriel Jesus zurücklegte, wie ein Croupier beim Roulette die Chips über den Tisch schiebt: Rien ne va plus. Nun steht für die Citizens nur noch ein Champions-League-Spiel aus: am 7. Dezember in Leipzig. "Wir können uns jetzt erst einmal auf die Premier League konzentrieren und dann daran arbeiten, zur K.-o.-Phase (der Champions League) in guter Form zu erscheinen", sagte Guardiola.

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