Probleme mit der DFL:1860 München - der Präzedenzfall droht

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Ein gewaltiger Machtkampf tobt: Geldgeber Hasan Ismaik will Klubpräsident Dieter Schneider offenbar ausmanövrieren. Die DFL-Zentrale beobachtet genau, was beim Münchner Zweitligisten geschieht - um notfalls eingreifen zu können.

Klaus Ott

Borussia Dortmund freut sich auf das Spiel um den Supercup gegen den Revier-Rivalen Schalke 04. Die Münchner Bayern brennen darauf, die missglückte Vorsaison vergessen zu machen. Die zweite Liga läuft bereits, und die Werbestrategen der Deutschen Fußball-Liga (DFL) lassen nichts unversucht, für gute Stimmung zu sorgen. Die Bundesliga soll weiter boomen, zur Freude der 36 Profiklubs, die in der DFL organisiert sind.

Im Clich: der jordanische Investor Hasan Ismaik (li.) und Klubchef Dieter Schneider. (Foto: dpa)

Die Freude über den Beginn der neuen Spielzeit wird in der Frankfurter DFL-Zentrale jedoch wieder einmal durch den TSV 1860 München getrübt, in dem ein gewaltiger Machtkampf tobt. Der neue Geldgeber des Traditionsklubs, der arabische Immobilien-Millionär Hasan Ismaik, will Klubpräsident Dieter Schneider offenbar ausmanövrieren; im Verbund mit dem ein oder anderen Sechziger-Funktionär.

Darauf deuten Vorgänge der vergangenen Tage hin. Die DFL-Zentrale beobachtet genau, was beim Münchner Zweitligisten geschieht, um notfalls eingreifen zu können. Die Sechziger könnten zum Präzedenzfall dafür werden, wie weit der Einfluss von Investoren gehen darf. Und wo die Grenze ist.

Nach den DFL-Statuten darf ein Investor wie Ismaik nur Minderheitseigner eines Profiklubs sein, auf keinen Fall darf er die Vereinspolitik diktieren. So soll der deutsche Fußball vor einem womöglich unheilvollen Zugriff von Geldgebern und Konzernen geschützt werden, wie das nicht nur in England zu beobachten ist.

Droht nun das, was die DFL verbietet, bei den Münchner Löwen zu passieren? Schneider und Ismaiks Münchner Statthalter Hamada Iraki haben sich überworfen. So sehr, dass Iraki dem Präsidium des TSV 1860 kürzlich mitgeteilt hat, er wolle einstweilen nicht mehr mit Schneider reden, sondern stattdessen mit dessen Stellvertreter Franz Maget.

Dann soll Iraki bei einem Treffen des Vereins-Aufsichtsrats am vergangenen Freitag auch noch gesagt haben, man wolle Schneider nicht mehr in den Kontrollgremien der Fußball-Firma der Löwen haben, der TSV 1860 GmbH & Co KGaA. Die vermarktet den Zweitligisten, bezahlt die Profikicker und kümmert sich um den Spielbetrieb, inklusive Arena.

"Wir haben im Moment kein Vertrauen mehr zu Schneider", hat Iraki nach Auskunft von Sitzungsteilnehmern gesagt. "Schneider will alles alleine entscheiden. Das geht mit uns nicht." Iraki fügte hinzu, Schneider könne ja Präsident des Vereins bleiben. Auch in Klub-Kreisen gibt es teilweise heftige Vorwürfe dieser Art gegen den Präsidenten. Die Sechziger sind wieder einmal gespalten.

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Gleichwohl: Ein Investor, der sich seine Partner im Klub selbst aussucht, das wäre ein glatter Verstoß gegen die Liga-Statuten. Würde die DFL das hinnehmen, wäre ein Präzedenzfall geschaffen: Profi-Klubs als Spielball von potenten Geldgebern. Beharrt Ismaik über seinen Münchner Statthalter Iraki auf Schneiders Demission aus der Löwen-GmbH, dann wäre die DFL wohl zum Eingreifen gezwungen.

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Schneiders Vize Franz Maget will nun vermitteln. Maget sagt, er habe "Iraki ans Herz gelegt, dass Schneider der wichtigste Mann im Verein ist, er ist die Integrationsfigur für alle, er muss in den Gremien dabei sein".

Das sehen wohl nicht alle im Klub so. Eine schriftliche Abstimmung der Vereins-Aufsichtsräte, wer in den Kontrollgremien der Fußball-Firma sitzen solle, erbrachte zwar ein 8:0 für Schneider. Einige Funktionäre fügten freilich hinzu, das betrachte man als vorübergehende Lösung, um Geschlossenheit zu demonstrieren.

Wenn sich die Wogen geglättet hätten, wolle man die künftige Strategie und Zusammensetzung der Gremien "noch einmal ausführlich diskutieren". So steht es in einer E-Mail von KGaA-Aufsichtsratschef und Medien-Manager Otto Steiner. Der hatte vor Jahren mal Präsident der Löwen werden wollen.

Die DFL äußert sich dazu nicht, auch Schneider und Iraki schweigen. Von Schneider ist aber in Klub-Kreisen bekannt, dass er kein Klubchef von Investors Gnaden bleiben will, dass er das 8:0-Votum als vordergründig betrachtet, und an einer Rücktritts-Erklärung arbeitet. Aus den Kreisen um Investor Ismaik ist bekannt, dass dessen Leute die Aufregung nicht verstehen. In Hoffenheim laufe das beim dortigen Geldgeber Dietmar Hopp auch nichts anders.

© SZ vom 20.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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