Probleme beim VfL Wolfsburg:Stadt der fehlenden Möglichkeiten

Vor dem Spiel beim FC Bayern hoffen viele Wolfsburger Spieler, dass sie Felix Magaths Revier bis zum Transferschluss noch verlassen dürfen. Sogar Torjäger Mario Mandzukic ist unzufrieden. Trotzdem scheint möglich, dass Magath die Rückrunde mit einem riesigen Kader bestreiten muss - der umfasst 38 Profis.

Boris Herrmann, Wolfsburg

Mario Mandzukic hat schon wieder Blut gespuckt. Unter der Woche, nach einem Zusammenprall im Training, ist es passiert. Im ersten Moment sind sie schon ein wenig erschrocken in Wolfsburg. Der Mann hat schließlich gerade eine unangenehme Lungenverletzung hinter sich, die ihn noch beim Rückrundenauftakt gegen Köln zum Zuschauen zwang. Diesmal war der blutige Trainingsunfall aber halb so wild, wie Mandzukic umgehend versicherte, diesmal habe es sich nur um eine aufgeplatzte Lippe gehandelt. "Geht schon wieder!"

Mandzukic ist heiss auf die Bayern

Auch unzufrieden: Stürmer Mario Mandzukic (vorne).

(Foto: dapd)

Man kann davon ausgehen, dass der drahtige Angreifer - derart lapidar angekratzt - am Samstag beim FC Bayern wieder dabei sein wird. Man würde ferner vermuten, dass diese Nachricht seinem Verein ein Stück ungetrübte Freude in weitgehend freudlosen Zeiten bescherte - Mandzukic war in der Hinrunde unbestritten der beste Wolfsburger und erzielte immerhin ein Drittel aller bisherigen VfL-Tore. Wenn man aber überhaupt noch von etwas ausgehen sollte im Zusammenhang mit diesem Klub, dann wohl davon, dass am Ende meistens alles ganz anders ausgeht.

Trainermanager Felix Magath bewertete vor dem Bayern-Spiel seinen Topstürmer jedenfalls so: "Er muss sich noch besser in die Mannschaft einfügen und mehr Verantwortung übernehmen, als er das bisher getan hat." Dicke Freundschaft klingt anders.

Mandzukic, 25, sagt öffentlich, was er auf den verminten Feldern der Fußballdiplomatie sagen muss: dass er sich in Wolfsburg sehr wohl fühle, weil er sich hier ganz auf Fußball konzentrieren könne; dass er bleiben wolle. Solche Sachen.

Tatsächlich mehren sich aber die Indizien, dass Magaths Verhältnis zu Mario Mandzukic ähnlich kompliziert ist wie zu einem erklecklichen Teil seiner Mannschaft: Nach SZ-Informationen soll Mandzukic noch während des Wolfsburger Trainingslagers in Dubai seinen Berater Ivan Cvjetkovic darum gebeten haben, die Suche nach einem neuen Klub zu intensivieren. Der bestätigte nun auf Anfrage: "Mario ist auch nicht so glücklich in Wolfsburg." Das "auch" ist in diesem Satz ebenfalls nicht ganz uninteressant.

Mandzukics Vertrag gilt zwar noch bis Juni 2014, gleichwohl ist seine Zukunft derzeit Gegenstand von Verhandlungen. Aus Sicht des kroatischen Nationalspielers stellt sich die Lage offenbar so dar: Er hat den VfL am letzten Spieltag der vergangenen Saison vor dem Abstieg gerettet und ist auch in diesem Sportkalenderjahr der einzige Wolfsburger (den Trainer nicht mitgerechnet), der den Gegnern hie und da Angst bereitet. Dafür erwartet er jetzt ein wenig Dankbarkeit.

Keine Eile bei Magath

Es geht dabei wohl nicht zuletzt um jene Form des Dankes, den man auf Girokonten einzahlen kann. Es geht aber offenbar auch um Umgangsformen. "Er ist enttäuscht von der Art, wie Magath ihn behandelt", berichtet Berater Cvjetkovic. Angeblich interessieren sich mindestens zwei englische Topklubs für seinen Klienten, die - noch angeblicher - Chelsea und Tottenham heißen. Nicht nur von seinem fußballerischen Potential, seiner Spielweise und seinem ehrgeizigen Selbstbild erinnert Mandzukic inzwischen verdächtig an seinen Vorgänger Edin Dzeko.

Beide sind (beziehungsweise waren) an guten Tagen eigentlich zu gut für Wolfsburg - und ließen an schlechteren Tagen ihren Launen dafür freien Lauf. Ein schlüssiges Motiv, weshalb der solvente VfL ausgerechnet jetzt seinen besten Mann gehen lassen sollte, ist das freilich noch lange nicht. Andererseits hat der Transfer-Experte Magath dieser Tage selbst verkündet: "Ich halte auf dem Transfermarkt alles für möglich."

Eine relativ naheliegende Möglichkeit wäre es zum Beispiel, würde Wolfsburg vor dem Transferschluss am 31. Januar noch ein paar jener Spieler verkaufen, die Magath dem Vernehmen nach ohnehin nicht mehr einzusetzen gedenkt. Dazu gehören die explizit aussortierten Patrick Helmes und Sotirios Kyrgiakos, die nebenbei wegsortierten Srdjan Lakic, Patrick Ochs und Marco Russ - aber auch die niemals einsortierten Hrvoje Cale und Mateusz Klich.

Einige von ihnen sollen sich zuletzt sogar aktiv bei anderen Bundesligaklubs beworben haben, um endlich wieder Fußball spielen zu können. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe kam jedoch bei keiner dieser Personalien ein Deal zustande.

Felix Magath sagt: "Ein Transfer hat immer drei Parteien, die unter einen Hut gebracht werden müssen." Die Magath-Partei hat dabei ganz offensichtlich die geringste Eile, sie ist auf solche Ablöse-Kleckerbeträge nicht angewiesen.

Eine weitere, nicht ganz so naheliegende Möglichkeit könnte deshalb sein, dass Wolfsburg tatsächlich mit annähernd voller Mannschaftsstärke in die Rückrunde geht. Derzeit werden 38 Spieler im Profikader gelistet. Ein Verkauf des besten Spielers Mario Mandzukic im Sommer - oder gar noch in diesem Winter - wäre zweifellos die absurdeste aller Varianten. Genau deshalb aber würde sie der erfahrene Wolfsburg-Kenner niemals ausschließen.

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